Herzen im Feuer
Plötzlich drang ein heiseres
Stöhnen vom Sofa zu ihnen, dessen hohe geschnitzte Lehne Brendan vor ihnen verbarg.
Mara eilte hinzu und erstarrte vor Schreck, als sie Brendans durch- schwitzte Gestalt erblickte. Sein Atem ging stoßweise, dann begann er plötzlich zu zittern und krümmte sich zusammen, als wollte er sich selbst wärmen.
»Brendan«, flüsterte Mara und strich ihm das Haar aus der Stirn. Seine Haut war kalt und feucht.
»Wir müssen ihn sofort ins Bett schaffen und ihn warm halten. Und ihm was Warmes zu trinken geben«, erklärte Jamie resolut, als sie Brendan sah. »Der dumme Junge ist schon als kleines Kind immer in den Regen rausgelaufen, um zu spielen. Hat sich kein bißchen verän- dert.«
Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, Brendan ins Schlafzimmer hinüberzutragen und ins Bett zu legen. Mara zog einen Stuhl heran und setzte sich an seine Seite. Brendan schwitzte und fror abwechselnd, und immer wieder erschütterte ein bellender Husten seinen ganzen Körper. Schwach und bleich lag er dann in den Kissen und rang nach Luft.
Auch am nächsten Tag erwachte er nicht aus dem Delirium. Jamie und Mara hielten abwechselnd an seinem Bett Wache. Irgendwann hörte Mara auf, die Stunden zu zählen. Hinter den dicken Samtvorhän- gen schien es gleichgültig, ob es Tag oder Nacht war. Nur selten ließ der Straßenlärm, der von unten heraufdrang, nach. Erst kurz vor der Mor- gendämmerung, als die meisten Menschen schliefen, wurde es ruhiger.
Am nächsten Nachmittag kam Jenny und brachte Mara Kleidung zum Wechseln sowie ein paar Sachen, die sie für nötig hielt. Der Schwede begleitete sie und hockte verlegen auf dem Sofa herum, da er nicht wußte, was er tun oder sagen sollte. Aber in seinen Augen zeigte sich Mitgefühl, als er Maras müdes Gesicht und ihre geröteten Augen sah.
»Wenn ich irgendwas für Sie tun kann, Mara«, bot er ihr an, als er sich verabschiedete, »dann lassen Sie es mich bitte wissen. Ich würde gern helfen.«
Mara lächelte ihn müde an. »Vielen Dank, Schwede. Aber ich glaube, mehr kann man nicht tun. Trotzdem weiß ich Ihr Angebot zu schätzen. Wie geht es Paddy?« erkundigte sie sich dann bei Jenny.
»Ihm geht es gut, Mara, er macht überhaupt keine Schwierigkeiten, spielt ständig mit Paul und Gordie«, versicherte diese ihr. »Gestern
ist der Schwede mit den dreien zum Hafen gegangen, Schiffe an- schauen.«
»Vielen Dank. Das war sehr freundlich von Ihnen«, sagte Mara erleichtert. »Haben Sie in der Stadt etwas über uns gehört?« fragte sie den Hünen dann beiläufig.
»Was denn?«
Mara lächelte. »Wenn Sie das nicht wissen, dann brauche ich mir keine Gedanken zu machen«, antwortete sie ausweichend.
Als sie sich verabschiedet hatten, drehte sich der Schwede noch einmal um und sagte langsam: »Ich habe ein paar Gerüchte gehört, aber wenn Sie glauben, daß Nicholas sie verbreitet, dann irren Sie sich.«
Mara seufzte. »Dann geht es also doch los«, sagte sie traurig. Sie schüttelte den Kopf und sah den Schweden an. »Ich weiß, daß Nicholas so etwas nicht tun würde. Er verachtet mich zwar, und manchmal scheint er mich sogar zu hassen, aber er würde nicht hinter meinem Rücken über mich herziehen. Das ist nicht seine Art.«
»Gut«, sagte der Schwede. Er war erleichtert, daß sie noch nicht alles Vertrauen in seinen Freund verloren hatte, daß aus ihrer Liebe noch kein Haß geworden war. Mit einem verständnisvollen Nicken folgte er Jenny.
Mara war vor Erschöpfung eingedöst, als sie plötzlich hoch- schreckte. Die Uhr im Salon schlug fünfmal. Bald würde es Tag werden, und Brendan hätte eine weitere Nacht überstanden. Aber als Mara genauer lauschte, stellte sie fest, daß sein Atem schwerer ging. Er klang angestrengt, so als würde es ihm schwerfallen, Luft zu holen. Mara schaute in sein hübsches, jetzt so bleiches, schmales Gesicht. Um seine Lippen lag ein bläulicher Schimmer. Mara berührte sein Gesicht und zuckte zurück, als sie spürte, wie kalt es war. Seine Augen waren eingesunken, und die weichen Locken hingen schlaff in die Stirn. Plötzlich schlug er die Augen auf und sah seine Schwester an. Zum erstenmal seit Tagen war er wieder bei Besinnung.
»Mara«, flüsterte er heiser.
Schnell holte Mara ein Glas Wasser und flößte ihm einen Schluck ein, wobei sie seinen Kopf hielt. Er lächelte dankbar und ließ sich in die Kissen zurücksinken.
»Kein Whiskey?« fragte er mit gespielter Entrüstung. In diesem Augenblick erinnerte er Mara
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