Herzen im Feuer
grimmig an. »Du bist verhext - denn du weigerst dich standhaft, die Wahrheit zu sehen. Mein Gott, Nicholas, wie soll sie dir denn beweisen, daß sie eine anständige Frau ist? Oder möchtest du das gar nicht? Weil du dann keinen Grund mehr hättest, sie zu hassen, und vielleicht sogar entdecken würdest, daß du sie magst? Ist das nicht die Wahrheit, Nicholas?«
»Du bist ein wahrer Philosoph geworden, Schwede. Nimm dich in acht, sonst wird man dich am Ende noch den Priester nennen.«
»Und du glaubst vielleicht, du hättest dich verändert, Nicholas, aber du bist immer noch so arrogant und engstirnig wie der junge Dandy, der damals New Orleans unsicher gemacht hat. Paß nur auf, daß du es nicht zu spät begreifst, Nicholas.«
Der Schwede hielt inne und gab bei einem vorbeieilenden Ober eine Bestellung auf. Dann faßte er seinen Freund wieder ins Auge und stellte klar: »Nur um dich zu beruhigen, ich habe nicht die Absicht, Mara O’Flynn zu ehelichen.«
»Na, endlich kommst du wieder zu Verstand«, gratulierte ihm Nicholas.
»Wenn sie mich wollte, würde ich morgen Ringe kaufen. Aber sie hat keinen Zweifel daran gelassen, daß sie nicht so für mich empfindet. Ich bin für sie ein Freund, jemand, auf den sie sich verlassen kann. Und sie hat verdammt wenig Freunde, würde ich sagen. Wußtest du, daß ihr Bruder gestorben ist? Daß sie jetzt allein für seinen Sohn sorgen muß?«
»Das habe ich gehört«, antwortete Nicholas. »Aber ich würde mir nicht allzu viele Sorgen um Mara O’Flynn machen. Ihr Bruder muß ihr ein Vermögen hinterlassen haben, obwohl natürlich manche Menschen nie genug bekommen können. Deshalb ist sie jetzt hinter deinem Geld her.«
»Jeder kann denken, was er will. Aber du solltest nicht den gleichen Fehler begehen wie dein Vater, Nicholas, und deine Mitmenschen verurteilen, ohne ihnen eine Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben. Etwas mehr Toleranz solltest du dir schon abringen.«
»Ich werde dich an deine Worte erinnern, Schwede«, sagte Nicholas lässig. »Du kommst also nicht mit?«
»Nein, ich glaube nicht. Außerdem, was soll ich dort? Ich war noch nie auf Beaumarais willkommen, und wenn sie sehen, wie du dich verändert hast, jagen sie mich bestimmt gleich wieder fort. Ich behalte hier die Dinge im Auge. Vielleicht möchtest du ja etwas von deinem Geld in mein Geschäft investieren?« spekulierte er und schaute den Kreolen hoffnungsvoll an.
Nicholas lächelte. »Schon, aber nur als stiller Teilhaber. Ich kann mir kaum vorstellen, eines Tages hinter einer Ladentheke zu stehen. Das wäre wohl für mich nicht ganz passend.«
»Dann sind wir uns einig!« lachte der Schwede und streckte ihm seine Hand entgegen. »Laß uns unsere neue Partnerschaft begießen. Wenn du zurückkommst, gehört mir die halbe Stadt«, verkündete der Schwede großspurig. Dann warf er Nicholas einen mißtrauischen Blick zu. »Du kommst doch zurück, oder?«
»Ganz bestimmt, Schwede, schließlich muß ich doch kontrollieren, ob du mich nicht übers Ohr haust«, versprach ihm Nicholas und hob sein Glas.
»Wann segelst du los?« frag te der Schwede.
Ȇbermorgen legt ein Schiff nach New York ab, das in New Orleans
haltmacht. Auf diese Weise habe ich Zeit genug, das Geschäftliche mit dir zu regeln und mich von San Francisco zu verabschieden«, erklärte Nicholas. »Machen wir eine Nacht daraus, die wir nicht vergessen werden!«
Dem hatte der Schwede nichts hinzuzufügen.
Das Leben ist eine Reise ins Ungewisse
SHAKESPEARE
Kapitel 10
Mara ging langsam durch den Korridor im Parker House und suchte nach dem Zimmer des Schweden. Sie konnte San Francisco einfach nicht verlassen, ohne sich von ihm zu verabschieden.
Schließlich hatte sie seine Tür erreicht und zögerte kurz, bevor sie anklopfte. Sie brauchte nicht lange zu warten.
»Mara!« begrüßte er sie lächelnd und öffnete die Tür. »Kommen Sie doch bitte herein. Was für eine Ehre.«
»Ich weiß, daß Sie zum Essen gehen wollen, aber ich möchte Sie auch nicht lange aufhalten. Ich wollte mich nur von Ihnen verabschieden«, eröffnete ihm Mara.
»Verabschieden?« wiederholte der Schwede.
»Ich habe beschlossen, San Francisco zu verlassen. Noch heute abend legt mein Schiff ab. Nächstes Jahr um diese Zeit sind wir bereits in London. Dort gehöre ich hin, Schwede, nicht hierher«, erklärte Mara.
Der Schwede brachte mühsam ein Lächeln zustande. »Ich werde Sie vermissen, Mara. Sind Sie sicher, daß Sie abreisen wollen? Ich werde mich
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