Herzen im Feuer
eine neue Gelegenheit. Jetzt erst recht, denn sie braucht das Geld, um wieder auf die Beine zu kommen.« Mara kaute an ihrer Unterlippe. »Ich würde mich immer um Paddy ängstigen müssen. Ich könnte ihn nie aus den Augen lassen, ohne mich um ihn zu sorgen. Nein«, schloß sie leise, »ich muß fort.«
Der Schwede legte tröstend seinen Arm um ihre Schultern. Schwei- gend schauten sie auf die rauchenden Ruinen der Stadt.
»Ich habe einen Vorschlag, Mara«, sagte Nicholas, als sich Mara schließlich neben ihn niederkniete und seinen Verband prüfte. »Ich fahre heute nach New Orleans, und ich möchte, daß ihr mitkommt.« »Was?« japste Mara und starrte ihn verwundert an.
»Du hast mich ganz richtig verstanden«, antwortete Nicholas ruhig. »Du willst San Francisco verlassen, und ich kann die Schiffspassage für dich, deinen Neffen und deine Dienerin bezahlen.«
Mara musterte ihn mißtrauisch und fragte sich, ob ihr unsicherer Waffenstillstand soeben gebrochen worden war. »Warum interessierst du dich plötzlich für meine Angelegenheiten?«
»Mit der richtigen Frau«, erläuterte Nicholas mit einem bedeutsa- men Blick auf Jenny, die jetzt neben dem Schweden stand, während Gordie vertrauensvoll seine Hand in die des großen Mannes gelegt hatte, »könnte der Schwede hier in San Francisco glücklich werden. Ich möchte ihm diese Chance geben.«
»Und du glaubst, ich könnte dieser Liebe im Wege stehen?« fragte Mara zornig.
»Sagen wir, deine Schönheit strahlt eine gewisse Faszination aus, die ihn für eine andere, nicht ganz so verlockende Frau blind machen könnte«, stellte Nicholas richtig. »Außerdem, meine Liebe, ist die Bekanntschaft mit dir eine gefährliche Angelegenheit«, erklärte er, wobei er auf die vielen Mißgeschicke anspielte, die den Menschen in ihrem Umkreis zustießen. »Und davor möchte ich den Schweden be- wahren.«
Mara lächelte dünn. »Du spielst immer noch den Schutzengel? Du brauchst keine Angst zu haben, zwischen dem Schweden und mir ist nichts. Ich habe schon einmal versucht, dir das zu erklären. Du brauchst dich nicht mit mir abzugeben, nur weil du dich um ihn sorgst«, sagte sie verletzt. »Und woher willst du wissen, daß du in meiner Nähe überlebst, wenn ich so gefährlich bin, wie du sagst?«
Nicholas lächelte. »Ich bin unter einem Glücksstern geboren, meine Süße. Du könntest mir sogar Glück bringen statt Pech. Nun?« fragte er noch einmal, während Mara hinunter in die Bucht schaute. »Sind wir uns einig? Außerdem hast du mir versprochen, alles zu tun, was ich verlange, wenn ich dir helfen würde, deinen Neffen zu finden.« Es war unfair von Nicholas, sie daran zu erinnern, aber er war fest entschlos- sen, sie mit sich nach New Orleans zu nehmen.
Mara nickte und drehte sich wieder zu ihm um. Als sie ihm in die Augen sah, hatte sie das starke Gefühl, daß sie die Weichen für ihr zukünftiges Leben stellte. »Ich komme mit«, sagte sie einfach.
Als sie später vom Pier weggerudert wurden, warf Mara einen letzten Blick auf die Stadt, die in Rauch und Nebel gehüllt hinter ihr lag. Sie würde Jenny und den Schweden vermissen. Vielleicht hatte Nicholas recht, und der Schwede würde an Jennys Seite ein neues Leben begin- nen. Jenny hatte immer noch ihre Pension, und an Gästen würde es bestimmt nicht mangeln - den Schweden eingeschlossen -, bis die Hotels wieder aufgebaut waren. Der Schwede hatte fast seinen ganzen Besitz verloren, da das Parker House bis auf die Grundmauern nieder- gebrannt war. Einen Augenblick lang wünschte sie sich, die Dinge hätten sich anders entwickelt und sie hätte in San Francisco bleiben können. Aber das war ihr einfach nicht bestimmt. War ihr nie bestimmt gewesen, erkannte Mara traurig.
Als sie so auf den Hafen und die Hügel dahinter schaute, hörte sie plötzlich Brendans Lachen. Sie sah, wie seine Augen glänzten ange- sichts des märchenhaften Reichtums, der sich ihm hier bieten würde. Dieses Land hatte das Schicksal der O'Flynns bestimmt.
»Mach's gut, Brendan, mein Lieber«, flüsterte Mara. Ihre Lippen bewegten sich kaum. Langsam verschwand sein Lachen in der Ferne. Die Küste hüllte sich in dichten Nebel. S ie befanden sich auf hoher See.
Wie Splitter eines längst vergessnen Traums
TENNYSON
Kapitel 11
»Was zum Teufel ist das?« murmelte Mara und hob ein Hemd hoch, das auf der Koje in ihrer Kabine lag.
»Es gehört mir«, antwortete Nicholas mit Unschuldsmiene von der Tür her. Er trat ein und schloß die
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