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Herzen im Feuer

Herzen im Feuer

Titel: Herzen im Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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seien. Der Lady würde es an nichts mangeln.
    Nicholas nahm Maras Ellenbogen, als sie dem Kofferträger zu ihren Zimmern folgen wollte. »Ich muß ein paar Leute besuchen und komme später, Mara.«
    »Du brauchst dich meinetwegen nicht zu beeilen«, versicherte ihm Mara mit gespielter Gleichgültigkeit.
    »Später«, wiederholte Nicholas, drehte sich um und marschierte aus der Lobby auf die Straße, wo er kurz darauf im Gewühl untertauchte. Mara schaute ihm gedankenverloren nach und fragte sich, ob er wohl tatsächlich wiederkommen würde.
    Nicholas stand einen Augenblick auf der Straße, hielt dann eine

Kutsche an und ließ sich ins Zentrum des Vieux Carré zurückfahren, diesmal allerdings, ohne seine Umgebung wahrzunehmen. Seine Ge- danken kreisten um das bevorstehende Wiedersehen.
    Der Kutscher zügelte die Pferde vor dem Haus, das Nicholas ge- nannt hatte, und kassierte mit zweifelndem Blick den Fahrpreis. »Soll ich warten, Sir? Sieht nicht so aus, als wäre jemand da. Nein, Sir, da ist bestimmt niemand.«
    Nicholas warf einen Blick auf das Haus mit den zugezogenen Vor- hängen. Er schüttelte den Kopf und schickte die Kutsche fort. Dann ließ er seinen Blick über den pfirsichfarbenen Stuck und das schmiede- eiserne Geländer gleiten, das die Galerie und den Balkon auf der Straßenseite umlief. Er stieg die breiten Stufen zum Eingang hinauf und klopfte an die weiße Tür. Niemand antwortete, wie er es nicht anders erwartet hatte. Er spazierte auf der Galerie um das Haus herum, bis er seitlich an ein schmiedeeisernes Tor kam, hinter d em ein kleiner Gang in den tiefergelegenen Hof führte.
    Nicholas umkreiste den trockenen Springbrunnen in der Mitte des kleinen Innenhofes. Aus den Fugen des gepflasterten Patios sproß Unkraut. Im Sommer standen die großen Doppeltüren immer offen, um die kühle Brise in das Innere der zwei Etagen zu lassen, die auf drei Seiten den Hof umgaben. Das niedrige Gebäude an der Rückseite, in dem die Sklaven wohnten, war ruhig. Die Oleanderbüsche standen immer noch in voller Blüte, während die cremefarbenen Magnolien an dem großen Baum mit den wachsartigen Blättern erst im Frühling blühen würden. Er blieb vor den Doppeltüren zum Eßzimmer stehen und nestelte an dem Riegel, weil er wußte, daß er irgendwann nachge- ben würde. Der große Mahagonitisch, an dem sich einst die große Familie zum Essen versammelt hatte, war mit einem Laken abgedeckt, auf den Regalen lag eine dicke Staubschicht.
    Gegenüber der Eingangshalle hinter dem Zimmer befand sich der Ballsaal, wo die Soireen und Maskenbälle stattgefunden hatten, höchst formelle Veranstaltungen, zu denen eigens ein Orchester gemietet wurde.
    Aber es war deutlich, daß hier schon lange keine Bälle mehr stattge- funden hatten. Keine lachenden, flirtenden Paare tanzten mehr über das Parkett, dachte er und wischte eine Spinnwebe fort, die von einem Spiegelrahmen herabhing.
    Er kehrte zurück in die Eingangshalle und schaute die Treppe hinauf.

Sein Blick ruhte auf dem dunklen, glatten Mahagonigeländer, und plötzlich hörte er geisterhafte Stimmen aus seiner Vergangenheit.
    »Wetten, du kannst nicht ganz runterrutschen, ohne hinzufallen«, forderte François ihn heraus. Seine zehnjährige Stimme klang verächt- lich.
    »Ich wette mein Pony und meine neue Angel, daß ich es doch kann«, hörte Nicholas seine eigene, achtjährige Stimme trotzig erwidern. Er lächelte verstohlen, als er sich an die Höllenfahrt auf dem schmalen, glatten Geländer erinnerte, die er unverletzt hinter sich gebracht hatte. Dann hatte er höhnisch zu François aufgeblickt, bis diesem nichts anderes übrigblieb, als es ihm gleichzutun. Aber François schaffte am unteren Ende den Absprung nicht, stürzte und brach sich den Arm.
    Und jeden Sonntagmorgen trödelten sie so lange vor dem Kirchgang herum, bis das Kindermädchen sie schimpfend die Treppe hinunter- scheuchte.
    »Wenn Ihre Mama Sie jetzt hören könnte, Master Nicholas, was würde sie nur sagen? Und was haben Sie da in der Tasche, Master François? Hilfe!« hörte Nicholas sie immer noch schreien. »Was wollen Sie denn mit dem Frosch in der Kirche? Da wär' der Teufel los gewesen, wenn der Ihnen entwischt wär'!«
    Nicholas schenkte der staubigen Treppe einen letzten Blick, verließ das vereinsamte Gebäude und ging zu Fuß zurück durch das Vieux Carré. Wenigstens hatten sich hier die Straßen in den letzten fünfzehn Jahren nicht allzusehr verändert. Alles war ein wenig

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