Herzen im Feuer
genausogut entspannen.«
Mara seufzte resigniert und lehnte sich zurück. Müßig schaute sie sich in dem Salon um, dessen fast makellose Eleganz sie überraschte. Das Zimmer hätte sich ebensogut in einem Stadthaus in Paris befinden können. Auf einem marmornen Sockel thronten eine vergoldete Or- muluhr und zwei rosa-golden bemalte Sèvresvasen, und auf der Louis- XV-Kommode aus Rosenholz standen mehrere Porzellanzierfiguren und zwei feinziselierte silberne Kandelaber. In einem hohen Bücher- schrank waren viele elegante Lederrücken zu sehen; ein Buch lag geöffnet auf dem cremefarbenen Polster des Diwans.
»Nicholas?«
Mara drehte sich zur Tür um, als sie die überraschte, heisere und anziehende Stimme hörte. Eine Frau warf sich in Nicholas Chantales ausgestreckte Arme, lachte und drückte ihn und küßte ihn übers ganze Gesicht, als er sie hochhob.
»Françoise«, lachte Nicholas, »du bist immer noch so stürmisch wie früher. Und ich dachte, eine gereifte, zurückhaltende Frau würde mich jetzt empfangen.« Dann erwiderte er ihre Küsse.
»Wenn ich dein Gesicht sehe, werde ich augenblicklich um fünfzehn Jahre jünger. Als Kind war ich bis über beide Ohren in dich verliebt«, beschwerte sie sich lachend. »Mein Gott, hatte ich es schwer!«
Mara hatte sich erhoben und beobachtete nun schweigend das fröhli- che Wiedersehen der beiden Kreolen. Sie mußte zugeben, daß diese Françoise eine der schönsten Frauen war, die sie jemals gesehen hatte. Sie bewegte sich mit der natürlichen Anmut einer Gazelle, und auf ihrem langen, schlanken Hals ruhte ein dunkelhaariger Kopf. Ihr ovales Gesicht hatte die zarte Farbe eines sonnengereiften Pfirsichs, und über ihren mandelförmigen, blaugrünen Augen wölbten sich feingeschwun- gene Brauen. Ihre Nase war gerade und schmal, und ihre Nasenlöcher blähten sich um eine Winzigkeit, als sich ihre wohlproportionierten Lippen zu einem Lächeln verbreiterten. Sie trug ein einfaches hellgrü- nes und mit einem Zweigmuster versehenes Nachmittagskleid aus Musselin, dessen schlichter Kragen und lange Ärmel ihre atemberau- bende Schönheit eher noch hervorhoben als verhüllten. Sie wirkte charmant und graziös, als sie Nicholas mit gespielter Entrüstung schalt.
»Nach sechzehn Jahren«, erklärte sie, »tauchst du hier auf, als wärst du nur eine Woche weg gewesen. Mon Dien, du verstehst es, deine Mitmenschen zu überraschen.«
»Du überraschst mich«, erwiderte Nicholas amüsiert. Er hielt sie von sich und musterte sie von Kopf bis Fuß. »Du hast dich in eine wirkliche Schönheit verwandelt, und das ohne meine fürsorgliche Hand.«
Françoise warf den Kopf zurück und lachte. »Mein lieber Nicholas, es war mein Glück, daß deine fürsorgliche Hand mich nicht leiten konnte.« Plötzlich bemerkte sie, daß sie und Nicholas nicht allein waren. Sie machte einen Schritt zurück und nahm Mara aufmerksam in Augenschein. »Und wer ist das, Nicholas?« fragte sie freundlich.
Nicholas ging zu Mara hinüber, legte seine Hand auf ihre Schulter und verkündete mit Besitzerstolz: »Das ist Mara O’Flynn.«
Françoise zog eine Augenbraue hoch und schien sich darüber zu amüsieren, daß Nicholas so knauserig mit seinen Informationen war. Mit einem ironischen Lächeln sagte sie höflich: »Es ist mir ein Vergnü- gen, Miss O’Flynn.«
Mara neigte hoheitsvoll den Kopf und verbesserte kühl: »Made- moiselle.«
Nicholas mußte lachen. »Mara, das ist ma petite cousine Françoise Ferrare, und sie stirbt vor Neugier, wenn sie nicht bald mehr über uns erfährt - vor allem über dich.«
Maras Feindseligkeit schmolz dahin. Zwischen ihnen war nichts, war nie etwas gewesen. Und als sie Françoise Ferrare genauer ansah, wurde ihr klar, daß sie wesentlich älter war, als sie zunächst angenommen hatte. Sie mußte ungefähr dreißig Jahre sein.
»Ich glaube, ich werde meine Neugier zügeln müssen, bis ich euch wenigstens etwas Tee angeboten habe«, sagte Françoise und läutete dem Butler. Sie bedeutete ihnen, sich zu setzen und strahlte, als Nicho- las den Strauß hervorzauberte, den er ihr gekauft hatte. Sie hielt die duftenden Blüten an ihr Gesicht. »Ach, Nicholas, du hast nicht verges- sen, wie sehr ich Blumen liebe«, murmelte sie leise.
Der Butler erschien, gefolgt von einem Mädchen, welches das Tee- service trug. Aufmerksam überwachte er, wie das Mädchen die dünnen Porzellantassen auf den Tisch stellte.
Françoise schüttelte den Kopf und deutete auf den Butler. »Er
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