Herzen im Feuer
erlauben durfte, da antwortete Nicholas an ihrer Stelle: »Ich bin überzeugt, daß Mara nicht so denkt, Françoise .«
»Ich wollte Ihnen nur eine Gelegenheit geben, sich allein zu unter- halten.« Mara wurde merklich reservierter.
Françoise lächelte, weil sie begriff, daß sie die Irin falsch eingeschätzt
hatte. »Bitte verzeihen Sie mir, aber Sie sind keine Kreolin und verste- hen unser Gesellschaftssystem wahrscheinlich nicht. Es ist schon recht alt und funktioniert im allgemeinen recht gut. Jedermann weiß, daß ich Armand de Saint-Jauberts Geliebte bin. Er unterstützt mich und meine Kinder und wird das bis zu meinem Ende tun. Er wird auch immer für seine Söhne und seine Tochter sorgen, denn wir sind für ihn wie eine zweite Familie. Sie müssen wissen, daß er auch Kinder von seiner Frau hat. Es ist gar nichts dabei«, schloß Françoise mit einem kleinen La- chen. »Aber Amerikaner oder Briten können das wahrscheinlich nicht verstehen.«
Mara biß sich auf die Lippe. »Ich verstehe das sehr gut.« Weil sie sah, daß Françoise ihren Worten nicht so ganz glaubte, faßte sie einen schnellen Entschluß. Sie würde das Geheimnis lüften, das Brendan und sie immer so sorgsam gehütet hatten. Sie wollte ihre beiden Gesprächs- partner, vor allem Nicholas, schockieren. »Ich entstamme selbst einer solchen Verbindung. Nur wurde unser Vater unserer Mutter überdrüs- sig, und er ließ uns im Stich, so daß sie ganz allein für mich und meinen Bruder sorgen mußte. Ich finde, Ihr System hat einige Vorteile. Natür- lich hängt alles davon ab, welchen Mann eine Frau sich erwählt. Meine Mutter verliebte sich in einen reichen, adligen Herrn, aber vielleicht hätte sie mit einem Bauern oder einem Fischer ein besseres Los gezo- gen. Deshalb habe ich beschlossen, von niemandem abhängig zu sein«, schloß sie und schaute Nicholas herausfordernd in die Augen. Sein sanfter Blick verwirrte sie.
Françoise schüttelte den Kopf und lächelte traurig. »Aber Made- moiselle, das ist nicht immer möglich. Niemand kennt die verschlunge- nen Pfade der Liebe. Warum sollte man sich von einer bestimmten Person nicht angezogen fühlen? Ich habe Glück gehabt, denn ich habe den Mann gefunden, den ich liebe.«
»Das dachte meine Mutter auch«, erwiderte Mara. Sie konnte nach all den Jahren ihre Verbitterung immer noch nicht verhehlen.
Françoise lächelte die junge Frau mitleidig an. »Man geht immer ein Risiko ein, wenn man sein Herz verschenkt, Mademoiselle. Es ist nicht immer eine weise Entscheidung, und auch nicht immer eine glückliche. Aber man muß dieses Risiko eingehen, wenn man die Liebe kennenler- nen will.«
»Bist du glücklich, Françoise ?« hakte Nicholas nach.
»Warum sollte ich es nicht sein? Ich genieße mein Zusammenleben
mit Armand. Ich habe zwei Söhne, die in Paris eine gute Schule besu- chen, und eine kleine Tochter, die eines Tages zu einer schönen Frau heranwachsen wird«, bestätigte Françoise stolz. »Vielleicht bin ich nur die placée, aber Armand liebt mich, und das kann seine Frau nicht von ihm behaupten. Es war eine reine Vernunftheirat; die beiden haben sich nie geliebt. Um die Wahrheit zu sagen, sie können einander nicht ausstehen.« Françoise zuckte mit den Achseln. »Noch etwas Tee, Ma- demoiselle O'Flynn? Er ist noch heiß. Aber, mon cousin, was führt dich eigentlich nach New Orleans?« Sie zog eine Augenbraue hoch, wäh- rend sie Mara noch eine Tasse einschenkte. »Ah, wahrscheinlich dein Papa«, seufzte sie.
Nicholas stutzte. »Du weißt von dem Brief?«
»La lettre? Non, davon habe ich nichts gehört«, antwortete Françoise nachdenklich. »Aber wahrscheinlich hat dich deine Schwester von seinem Tod benachrichtigt.«
Françoise schaute auf und sah Nicholas vollkommen erstarrt vor sich sitzen. »O Nicholas, es tut mir so leid, aber dein Papa est mort.«
»Wann ist er gestorben ?« fragte Nicholas ruhig.
»Laß mich nachdenken, es ist schon ziemlich lange her...«, Fran- chise trommelte mit ihren schlanken Fingern auf die Tischplatte. »Ja... es war vor über einem Jahr. Es war im Herbst, denn ich erinnere mich, gedacht zu haben, daß es eine richtige Zeit zum Sterben war. Alles war grau und trüb.«
»Wie ist er gestorben? Mußte er leiden?« Nicholas konnte kaum glauben, daß sein Vater tot sein sollte. Philippe de Montaigne-Chantale war in ganz Louisiana für seine ungeheure Lebenslust bekan nt gewe- sen.
Françoise wich Nicholas' forschendem Blick aus und antwortete nur
Weitere Kostenlose Bücher