Herzen im Feuer
einschenkte.
»Amaryllis, dies ist Mademoiselle Mara O’Flynn, unser Gast.«
»Mademoiselle«, sagte Amaryllis kühl und nickte hoheitsvoll. In geradezu beleidigender Weise wandte sie sich sofort wieder Celeste zu. Dies also war Amaryllis, die einst Nicholas' Herz in Händen hielt.
»Was kann ich für Sie tun, Amaryllis?« fragte Celeste höflich, aber distanziert. Sie wich Amaryllis' erheitertem Blick aus.
»Das fragen Sie mich?« Amaryllis' Selbstsicherheit begann zu brök- keln, da sie merkte, daß sich das Verhalten der älteren Frau ihr gegen- über geändert hatte. Sie warf einen vielsagenden Blick auf Mara und sagte: »Sollten wir das nicht lieber unter vier Augen besprechen?«
Aber Celeste schüttelte den Kopf. »Wir haben hier keine Geheim- nisse voreinander. Was möchten Sie, Amaryllis?«
»Ich finde das keineswegs komisch«, erwiderte Amaryllis eiskalt. »Hoffen Sie, den Preis herauftreiben zu können, indem Sie so tun, als wüßten Sie nicht, was ich von Ihnen will? Dieses Spiel spiele ich nicht mit, Celeste. Entweder Sie akzeptieren mein Angebot für Beaumarais, oder Sie haben in kürzester Zeit die Gläubiger auf Ihrer Schwelle sitze n, und Beaumarais wird versteigert. Ich glaube, wir verstehen einander«, schloß sie geschäftsmäßig und zog einen Briefumschlag aus ihrem Muff. »Die Papiere sind schon vorbereitet. Sie brauchen nur noch zu unterschreiben.« Mit mühsam unterdrückter Ungeduld legte Amaryllis die Papiere auf den Tisch.
Nicholas ließ Hexer freien Auslauf, und der schwere Schlamm spritzte unter den Hufen des großen Hengstes in alle Richtungen. Er setzte über den Zaun und jagte dann den kleinen Hügel hinauf. Erst auf der Kuppe gebot Nicholas dem rasenden Lauf Einhalt. Er schaute auf den breiten Strom, der unter ihm in der Sonne glänzte. Davor erhob sich der rötliche Damm, von dem sein Vater in die Strömung gestürzt und ertrunken war. Mit einem Seufzer trieb Nicholas Hexer wieder an und ritt zum Flußufer. Er ließ das Pferd flußaufwärts traben, bis sie an die neu gezogene Grenze von Beaumarais kamen. Direkt an dem neuen Zaun, der jetzt die beiden Besitztümer trennte, hielt er an und schaute lange auf die Baumwollfelder, die sich dahinter erstreckten.
Dann wendete er Hexer und jagte quer über das brachliegende Land nach Beaumarais zurück. Nur kurz hielt er bei den Sklavenhütten an, die jetzt leerstanden. Die offenen Türen knarrten im Wind, und Hüh- ner nisteten im Gebälk.
Nur in den Baracken direkt beim Haus lebten noch jene Haus- und Hofsklaven, die nicht verkauft worden waren. Die verlassenen Skla- venbehausungen und das brachliegende Land erzählten die Geschichte Beaumarais'. Es würde auf Beaumarais keine reichen Baumwollernten mehr geben. Die Sklaven, die dafür gebraucht wurden, waren fort, was Celeste ihm verschwiegen hatte.
Als Nicholas die schmale, ungepflasterte Straße zum Haupthaus entlangritt, fiel ihm erst richtig auf, wie heruntergekommen Beau- marais war. Wasserflecken verrieten, daß die Flut jedes Jahr höher gestiegen war, und um die Fundamente herum war das Erdreich einge- sunken.
Nicholas stieg vom Sattel ab und sorgte persönlich dafür, daß Hexer abgesattelt und abgerieben wurde. Er ging über die Galerie zum Ein- gang, als ihm die Kutsche auffiel, die vor dem Haus stand. Das Stakkato seiner Reitstiefel verriet, daß er seinen Schritt beschleunigt hatte, als er eintrat. Ohne zu zögern betrat er den Salon.
»Ich fürchte, Celeste kann dir Beaumarais nicht mehr verkaufen, Amaryllis«, erklärte Nicholas ohne jede Begrüßung von der Tür her. »Ich bin der neue Besitzer, und ich bin an einem Verkauf nicht interes- siert.«
Amaryllis schaute ihn verblüfft an. Die plötzliche Unterbrechung hatte sie vollkommen überrascht.
»Nicholas?« flüsterte sie leise, und ihre hellblauen Augen weiteten sich, als er auf sie zukam. Maras Finger verkrampften sich, als sie bemerkte, wie sich ihre Überraschung in etwas anderes verwandelte. Ihr Blick wanderte Zentimeter für Zentimeter über Nicholas' sonnen- gebräuntes Gesicht und seinen muskulösen Körper. Noch nie war Nicholas für Mara so attraktiv gewesen wie in diesem Augenblick - und so unerreichbar. Er stand mit der gelösten Haltung eines Mannes vor ihnen, der weiß, wohin er gehört.
»Zufrieden?« fragte er freundlich, während er Amaryllis mit fast beleidigender Vertrautheit anblickte.
»Du bist zurückgekommen.« Ihre Stimme klang erstickt, und ihre Überheblichkeit war wie
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