Herzen im Feuer
sie noch einmal an, doch er erstickte ihre Worte mit seinen heißen Lippen.
»Meine Küsse sind dir also gleichgültig?« flüsterte er, als er seinen Mund von ihrem löste. Seine Hände wanderten über ihren Körper, fuhren durch ihr langes Haar, spielten mit den seidigen Strähnen, während er ihr Gesicht mit Küssen bedeckte, ihre Augen mit seinen Lippen versiegelte und sie auf den Wogen der Sinnlichkeit davontrug.
Das Feuer im Kamin glomm nur noch schwach, als Mara in das graue Licht der Dämmerung blickte. Nur Nicholas' tiefer regelmäßiger Atem neben ihr war zu hören, und sein Kopf lag schwer auf ihrer Brust. Sie rieb ihre Wange an seinem Haar, und als sie sich bewegte, spürte sie seinen Körper an ihrem.
»Ich liebe dich so, Nicholas«, flüsterte Mara, und ihre Lippen senk- ten sich auf sein Haar, bevor ihr die Lider zufielen und sie in einen unruhigen Schlummer sank.
Nicholas schob seinen Stuhl zurück und streckte sich. Dies war die letzte Schublade im Schreibtisch seines Vaters gewesen, und er hatte
weder das Tagebuch noch ein Testament gefunden. Er stand auf, stellte sich ans Fenster und blickte hinaus auf den nassen Rasen. Früh am Morgen hatte der Regen eingesetzt und fast den ganzen Tag über angehalten, aber jetzt rissen die Wolken im Süden auf.
»Onkel Nicholas?« Paddy stand schüchtern an der Tür.
Nicholas lächelte, als er sich umdrehte: »Ja?«
»Darf ich meine Soldaten bei dir aufbauen? In meinem Zimmer kann ich nicht spielen, da wischen sie die ganze Zeit Staub und kichern und reden«, schilderte Paddy entrüstet.
»Mach nur«, gestattete ihm Nicholas. »Ich bin fertig, aber geh nicht an den Schreibtisch«, warnte er, als Paddy ins Zimmer gelaufen kam, die Schachtel mit seinen geliebten Soldaten unter dem Arm.
»Versprochen!« antwortete Paddy begeistert, fiel auf die Knie und begann seine Armeen aufzustellen.
Nicholas verließ das Zimmer und trat in die Eingangshalle, um sich einen Brandy zu genehmigen, als er Gelächter hörte. Da er die Stimme erkannte, schlenderte er weiter in den Salon. Mara saß neben Etienne auf dem Sofa, eine Tasse Tee an ihren Lippen, die er in der vergangenen Nacht erst liebkost hatte. Nichts erinnerte mehr daran, daß er sie besessen hatte, und plötzlich irritierten ihn ihre Kühle und Unverletz- lichkeit. Sie wirkt unschuldig wie eine Nonne, dachte Nicholas, als er sie so bescheiden in ihrem grausilbernen Wollkleid auf dem Sofa sitzen sah.
»Ich habe Mara gerade erzählt, wie Lady Annabelle einmal zuviel trank und in den Canale Grande in Venedig fiel. Niemand vermißte sie, und so fuhr die Gondel einfach ohne sie weiter. Zum Glück kam eine andere Gondel, ehe sie ertrinken konnte, und so wurde sie gerettet. Nur war es eine Lastgondel voller Gemüse und Tiere, die auf dem Markt verkauft werden sollten. Was für ein Anblick!« Etienne kicherte, als er daran zurückdachte. »Sie war so ein fürchterlicher alter Haudegen, und nach diesem Erlebnis konnte ihr niemand mehr ins Gesicht schauen, ohne an all diese Schweinegatter um sie herum zu denken.«
Nicholas schenkte sich einen Brandy ein und ließ sich auf der Arm- lehne des Sofas nieder. Seine Hüfte lag an Maras Schulter, den Arm hatte er so über die Rückenlehne gelegt, daß er ihren Hals berührte.
»Erinnert dich Mara nicht auch an diese italienischen Schönheiten, die vor Jahrhunderten gemalt wurden, Etienne?« erkundigte sich Ni- cholas beiläufig, doch Mara hörte den bissigen Unterton heraus. »Die
einerseits Heilige sind, andererseits aber -« Er hielt inne, lauschte einen Augenblick und stand dann auf. Hufgeklapper und Hundege- bell näherten sich dem Haus.
Nicholas öffnete die Glastür und trat hinaus. Ein kleiner Junge kam auf ihn zugelaufen. Er zeigte zur Auffahrt, wo ein paar Reiter ihre ungeduldigen Pferde zu zügeln versuchten. Mara warf Etienne einen fragenden Blick zu, doch der zuckte nur mit den Achseln und erhob sich, eine ironische Grimasse schneidend, um der Sache selbst auf den Grund zu gehen. Er führte Mara auf d ie Veranda. Dicht hinter Nicho- las blieben sie stehen und beobachteten die Gruppe von Reitern mit ihren Hunden.
Eine Reiterin löste sich aus dem Haufen, als sie Nicholas erblickte, und ritt bis an die Veranda heran. »Willst du mitkommen?« lud ihn Amaryllis ein.
»Was jagt ihr denn?« fragte Nicholas, und sein Blick spiegelte seinen Abscheu, als er die schwerbewaffneten Reiter musterte, die versuchten, die Hunde unter Kontrolle zu halten. Unter den Reitern
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