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Herzen im Feuer

Herzen im Feuer

Titel: Herzen im Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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und deren Wasser durch die kleinen Entwässerungsgräben abfloß.
    Als sie sich dem Fluß näherten, trieb Nicholas Hexer zum Galopp an. Mit ernster Miene beobachtete er die Rinnsale, die aus dem Deich austraten und in die tieferliegenden Felder flossen. Die vom Regen durchtränkte Erde konnte kein Wasser mehr aufnehmen.
    »Der Fluß ist seit gestern schon wieder gestiegen«, stellte er grimmig fest und lenkte den großen Braunen auf einen Fleck, wo die Erde noch fest zu sein schien.
    »Er wird bald wieder sinken«, prophezeite Alain, das düstere Don- nergrollen ignorierend, das aus der Ferne herüberschallte.
    »Vielleicht.« Nicholas schaute über den breiten, schnell fließenden Strom und fragte: »Aber wird der Deich solange halten?«
    Alain blickte lange gedankenverloren auf den Fluß, als würde er sich plötzlich an etwas erinnern. »Er hält, er hat immer gehalten«, sagte er zuversichtlich.
    Nicholas hatte ihn genau beobachtet; ihm waren Alains Gefühlsre- gungen nicht entgangen. »Hier ist mein Vater in den Fluß gefallen, nicht wahr?«
    Alain deutete flußaufwärts. »Dort oben bei der großen Eiche, deren Äste ins Wasser hängen.«
    Plötzlich wurde er Nicholas' Blick gewahr und rutschte unruhig im Sattel hin und her. »Ist etwas?«
    »Woher weißt du so genau, wo er ins Wasser gefallen ist?«
    Alain lächelte traurig. »Du vergißt, daß ich mein ganzes Leben hier verbracht habe, Nicholas. Ich kenne diesen Fluß, mein Freund. Ich kenne die Strudel und Untiefen und die Sandbänke, die sich über Nacht bilden und ebenso schnell wieder verschwinden. Ja, ich weiß, wo Monsieur Philippe in den Fluß gefallen ist, weil ich weiß, wo man ihn gefunden hat.«

»Ich verstehe«, sagte Nicholas nur.
    »Außerdem«, fügte Alain bescheidener hinzu, »hat er einem Stall- burschen gesagt, daß er dorthin wollte.«
    Sofort war Nicholas' Interesse geweckt. »Hat er auch gesagt, warum?«
    Alain hob bedauernd eine Hand. »Ich glaube nicht. Und der Sklave ist längst verkauft.«
    Nicholas kniff die Lippen zusammen. »So viele Fragen und so we- nige Antworten«, sagte er zu sich selbst und lenkte das Pferd den Deich hinunter. »Wir sollten zurückreiten. Ich werde die Pferde nach Sand- rose schicken, zusammen mit ein paar Wertsachen.« Er warf einen letzten Blick auf den Fluß.
    »Wie du meinst. Aber ich glaube, du machst dir unnötig Arbeit«, befand Alain.
    »Lieber jetzt unnötige Arbeit, als daß die Erinnerungen an meinen Vater vom Wasser weggeschwemmt werden«, widersprach Nicholas ernst.
    Es wurde ein langer, anstrengender Tag. Stundenlang wurden Möbel aus dem Haus getragen und auf Karren geladen, die sie nach Sandrose transportieren sollten. Die ganze Zeit über grollte in der Ferne der Donner. Blitze zuckten immer wieder aus den tiefschwarzen Wolken, bis Mara schließlich nur noch auf die kommende Sturzflut wartete.
    Am nächsten Morgen erwachte Nicholas in aller Frühe und lauschte angestrengt auf Regengeräusche. Doch alles war still. Zögernd stieg er aus dem Bett, ging zum Fenster und starrte hinaus in die Dunkelheit. Erst in einer Stunde würde es hell werden. Gedankenverloren trom- melte er mit den Fingern gegen das Fensterglas. Er wagte kaum zu hoffen. Sie hatten die Nacht überstanden, die Deiche waren nicht gebrochen. Er drehte sich um und verspürte eine Sekunde lang das Verlangen, sich wieder an die Frau zu schmiegen, die das Bett jede Nacht mit ihm teilte.
    Dann aber hörte er die Dienerschaft rumoren und zog sich an. Er hatte noch Zeit zu frühstücken, bevor er an den Deich ritt. So früh wie möglich wollte er kontrollieren, wie stark der Fluß in der Nacht gestie- gen war.
    Als Mara erwachte, prasselte bereits ein Feuer im Kamin. Sie räkelte sich genüßlich und kuschelte sich gerade wieder unter die Decke, als Belle mit dem Frühstückstablett eintrat.

»Also diese Miss Jamie!« rief Belle aus, kaum daß sie das Zimmer betreten hatte. »Wissen Sie, Miss Mara, daß sie Ihre Koffer gepackt hat? Und die von dem Kleinen und ihre eigenen dazu? Und dabei hat sie dauernd gemurmelt: >Das Ende ist nah.<« Mit diesen Worten stellte sie das Tablett auf Maras Schoß ab.
    Mara lächelte. »Laß dich nicht verunsichern. Jamie rechnet immer mit dem Schlimmsten. Das ist einfach ihre Art«, erklärte sie sorglos.
    »Meine Art, am Leben zu bleiben, das isses«, gab Jamie, die in der Tür stand, säuerlich zurück. »Ich war' nich' so alt geworden, wenn ich nich' auf meine Gefühle geachtet hätte.«
    Belle

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