Herzen im Feuer
Schlitzen, als er die rauhen Stellen fand, wo offensichtlich Seiten herausgerissen worden waren.
»Es stimmt, er hat alles aufgeschrieben«, eröffnete Alain Nicholas mit überheblichem Grinsen. »Ich habe es gelesen, bevor ich es ver- brannt habe. Du hast keinen Beweis, Nicholas, keinen einzigen. Und als Herr über Beaumarais werde ich einer der mächtigsten Männer in Louisiana sein.«
Etienne schüttelte traurig den Kopf. »O Alain, du bist Herr über gar nichts.«
»Wenn es nach dir und meinem Vater gegangen wäre, dann hätte ich tatsächlich nichts«, klagte Alain ihn an. »Ihr beide habt mir meinen Namen und mein Geburtsrecht gestohlen. Ich weiß nicht, warum du vorgegeben hast, mein Vater zu sein, aber ich weiß, daß du es nicht bist. All die Jahre über habe ich geschwiegen und gewartet, denn ich wußte, daß ich eines Tages Beaumarais erben würde. Wer sonst? Ich war sein einziger Sohn.«
»Aber was war mit François und Nicholas?« fragte Etienne ruhig, doch in seinen Augen spiegelte sich Furcht.
»François war tot und Nicholas entehrt«, antwortete Alain mit einem angedeuteten Lächeln.
»Hattest du das so geplant?« fragte Etienne unvermittelt, doch seine Stimme verblüffte Nicholas. Er hatte Etienne noch nie so zornig gese- hen.
Alain sah aus wie die leibhaftige Verkörperung des Bösen. Angewi- dert trat Mara einen Schritt zurück.
»All die Jahre über hast du die Wahrheit gewußt? Du hast geduldig gewartet, bis der richtige Zeitpunkt kommen könnte, deine Identität zu
enthüllen? Seit wann weißt du es? Philippe und ich haben nie darüber gesprochen.«
»Doch, einmal«, widersprach Alain Etienne mit wissendem Blick. »Du hast mit meinem Vater darüber diskutiert, nein, gestritten, ob ich noch in Paris bleiben oder nach New Orleans zurückkommen sollte. Philippe wollte mich zum Verwalter einer seiner Plantagen machen, vielleicht sogar zum Besitzer. Erinnerst du dich an diesen Streit, Papa?« Alain grinste hämisch. »Philippe sagte: >Immerhin ist er mein Sohn, ein de Montaigne-Chantale. Er sollte Land besitzen. Das liegt ihm im Blut, Etienne.< Mon Dieu, kannst du dir vorstellen, wie mir zumute war? Zu erfahren, daß ich sein Sohn war, daß ich Herr über Beaumarais hätte sein können, wenn es Franqois und Nicholas nicht gegeben hätte?«
»Ich erinnere mich genauestens an das Gespräch«, bestätigte Etienne. Seine Stimme klang tränenerstickt. Anklagend wandte er sich an Alain. »Es war wenige Tage, bevor m an Nicholas vorwarf, François bei dem Duell getötet zu haben.«
Nicholas machte einen Schritt vorwärts, blieb aber stehen, als er sah, wie Alains Hand sich um den Pistolenknauf schloß. »Du? Du hast François ermordet, nicht wahr? Mein Gott, das hätte ich nie gedacht, niemals.«
»Nein, das hättest du tatsächlich nicht, denn an so einen wie mich hat ein de Montaigne-Chantale nie einen Gedanken verschwendet. François war der Schlimmste. Er hat mich nie eines Wortes für würdig erachtet, immer hochnäsig mit seinen blonden Locken. Aber er war ein Narr, ein Hitzkopf. Ihr habt mir beide in die Hand gespielt, ihr wart so einfältig, daß ich immer noch lachen muß, wenn ich daran denke. Ich beobachtete euch, als ihr euer törichtes Spiel begannt. Ich stand hinter der großen Eiche und wartete, und als du zieltest, zielte ich ebenfalls. Als du abdrücktest, tat ich es dir gleich. Nur habe ich nicht an François vorbei, sondern auf sein Herz gezielt.«
Nicholas' Lippen wurden zu einem schmalen weißen Strich.
»Damals war ich meinem Ziel so nah, denn François war tot und du warst verstoßen - nur ich war noch da. Am Anfang ging alles gut, wir kamen uns immer näher. . . wenigstens bis dieses Mistweib le petit Jean-Louis gebar.« Haßerfüllt spie Alain den Namen aus. »Ein Sohn! Ein Sohn nach so vielen unfruchtbaren Jahren. Ich konnte es nicht fassen. Zweimal hatte ich schon bangen müssen, aber da gebar sie nur
Mädchen. Und dann mußte sie ihm einen Sohn schenken, der den Namen de Montaigne-Chantale tragen würde.
Bevor dieser kleine Bastard geboren wurde, hatte er mich als Erben eingesetzt. Ich hatte sein Testament in seinem Schreibtisch gefunden.« Selbst jetzt noch sprach aus Alain die Aufregung, die er damals verspürt haben mußte.
»Aber dann ließ er eines Tages seinen Notar kommen, und ich wußte, daß er sein Testament zugunsten seines Sohnes ändern würde. Da beschloß ich, mich ihm zu stellen. Ich sagte ihm, daß er mich nicht enterben könne, daß auch ich
Weitere Kostenlose Bücher