Herzen im Feuer
Andres, der die restlichen Dokumente unterschrieb, ohne mehr als einen flüchtigen Blick darauf zu werfen.
Schließlich legte Don Andres seinen Stift mit einer endgültig wirken- den Geste nieder. »Das reicht für heute, Jeremiah. Alles andere muß
warten«, beschloß er und lächelte Mara an. »Verzeihen Sie die Unter- brechung, Doña Amaya.«
Er entließ Jeremiah mit einer beiläufigen Handbewegung, der in Windeseile die Papiere zusammenklaubte und nach einem ehrerbieti- gen Blick auf den Kalifornier aus dem Raum eilte. Mara trat an die Karte, die der Amerikaner vor wenigen Minuten studiert hatte, und betrachtete sie neugierig.
»Das ist schön!« bemerkte sie überrascht.
»Gratias, es freut mich, daß Sie so urteilen«, freute sich Don Andres aufrichtig über ihr Lob. »Es ist ein diseño des ranchos Villareale, das mein Großvater eigenhändig gezeichnet hat.«
Mara betrachtete das farbenprächtige Gemälde, auf dem die Grenzen des rancho mit gemalten Bäumen, Felsen und anderen leicht erkennba- ren Landschaftszeichen markiert waren.
»Und das ist alles Ihr Land?«
Don Andres nickte stolz. »Sí, das Land, auf dem die hacienda steht, und das halbe Tal wurde den Villareales vom spanischen König überlas- sen. Der Großteil des Besitzes wurde uns allerdings von der mexikani- schen Regierung Ende der dreißiger Jahre gewährt. Nachdem die Mis- sionen säkularisiert worden waren, wurden ihre Güter und Ländereien aufgeteilt. Damals hatten wir noch viel mehr Vieh, vaqueros und India- ner, aber auch eine viel größere Familie zu ernähren. Wir brauchten dieses Land, und es lag brach«, erläuterte ihr Don Andres.
»Nach dem amerikanisch-mexikanischen Krieg fürchteten wir, daß wir enteignet werden könnten. Aber im Vertrag von Guadalupe Hi- dalgo wurde unser Eigentum auch von der amerikanischen Regierung anerkannt. Es hieß, wir könnten unser Land behalten, und wir glaubten ihnen«, ergänzte er traurig. »Und heute? Niemand scheint sich an diese Verträge zu erinnern. Man verlangt von uns, daß wir unser Land der Regierung der Vereinigten Staaten überlassen, damit sich hier amerika- nische Siedler niederlassen können.«
Don Andres schüttelte müde den Kopf, aber dann lachte er plötzlich laut und selbstbewußt. »Aber genug davon. Jammern bringt nichts, wie mi madre immer sagt. Ich wollte mit Ihnen über etwas anderes spre- chen. Einen Augenblick, bitte.«
Mara wandte ihren Blick wieder der Karte zu und fragte sich insge- heim, welches Schicksal diesem freundlichen Kalifornier wohl beschie- den sein mochte.
»Amaya, das hier wollte ich Ihnen zeigen«, sagte Don Andres leise hinter ihr.
Mara hörte das leichte Beben in seiner Stimme und drehte sich um. Der Deckel der geschnitzten Truhe war hochgeklappt, und Don An- dres hielt ein kleines goldenes Kästchen in der Hand. Dann drehte er einen winzigen goldenen Schlüssel in seinem Schloß. Er hob den Dek- kel und enthüllte ein juwelenbesetztes goldenes Kreuz, das auf roten Samt gebettet war.
Mara stockte der Atem. Sie hatte noch nie etwas so Schönes gesehen. In der Mitte des Kreuzes waren große Rubine eingefaßt, umgeben von kleineren Rubinen und Perlen.
»Das gehört Ihnen, Amaya«, eröffnete ihr Don Andres. Ein wohl- meinendes Lächeln lag auf seinem Gesicht, während er ihre Reaktion beobachtete.
»Mir?« fragte Mara ungläubig.
»Sí, es ist seit Jahrhunderten im Besitz der Familie Quintero.«
Mara schaute ihn verwirrt an. »Aber warum geben Sie es mir? Ist nicht Don Luís der rechtmäßige Besitzer?«
Don Andres murmelte etwas Unverständliches und schüttelte den Kopf. »Das Kreuz gehörte Ihrer Mutter, die es ihrerseits von ihrer Großmutter geschenkt bekam«, erklärte er. Er wich Maras Blick aus, als würde er ihre nächste Frage bereits ahnen.
»Aber warum haben Sie es und nicht Don Luís?«
»Sie müssen verstehen, daß ich das nur schwer beantworten kann. Don Luís erhielt das Kreuz nicht, weil sonst nicht sicher gewesen wäre, daß Sie es erhalten würden. Don Luís ist ein Spieler, und leider gewinnt er nicht allzuoft. Er hat schon viel verloren, darunter viele Kostbarkei- ten, denen er nachgeweint hat, nachdem er sie nicht mehr besaß. Er ist hoch verschuldet. Es tut mir leid, Amaya.«
»Also ist Don Luís wütend auf Sie, weil Sie das Kreuz haben«, wiederholte Mara nachdenklich. Allmählich konnte sie Don Luís bes- ser verstehen.
»Sí, deshalb und aus anderen Gründen. Er glaubt, ich hätte ihm Unrecht getan, obwohl
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