Herzen im Feuer
mir das Kreuz von mi padre übergeben wurde und ich durch ein Versprechen gebunden bin. Don Luís wirft mir auch anderes vor, aber das betrifft Sie nicht, Doña Amaya. Es ist mir eine Ehre, Ihnen das Kreuz der Quinteros zu übergeben.«
Mara seufzte. Zum erstenmal bedauerte sie, nicht tatsächlich Amaya
Vaughan und damit rechtmäßige Erbin dieses Kreuzes zu sein. Damit hätten sich all ihre Probleme auf einen Schlag lösen lassen.
»Gefällt es Ihnen nicht?« fragte Don Andres, der Maras Bedauern falsch auffaßte.
»Ich kann es nicht annehmen, Andres«, antwortete ihm Mara schwe- ren Herzens. Als er sie fassungslos anstarrte, erklärte sie schnell: »Es ist zu wertvoll. Sie müssen es in der Truhe aufbewahren, dort ist es sicher.«
»Ah, ich glaube, ich verstehe«, sagte er leise. »Gewisse Verwandte könnten ihre Autorität in die Waagschale werfen und das Kreuz an sich nehmen.«
Mara lächelte ihn zustimmend an, obwohl sie nicht genau wußte, vor welchen Verwandten sie das Kreuz eigentlich schützen wollte. Sie konnte sich Brendans gierigen Blick nur zu gut ausmalen. Und Don Luís - nun, das war ein ganz anderes Problem.
»Verstehen Sie, ich würde nicht schlafen können, wenn ich dieses Kreuz nicht an einem sicheren Ort wüßte«, sagte Mara. Sie war erleich- tert, die Verantwortung für dieses unbeschreiblich wertvolle Erbstück nicht übernehmen zu müssen.
»Natürlich. Ich werde es auch weiterhin gut behüten, wie ich es schon all die Jahre behütet habe. Auch wenn es hier auf dem Rancho Villareale keine Diebe gibt«, erwiderte Don Andres zuversichtlich. Er legte das Kreuz in die Goldschatulle zurück und verschloß sie. Dann versenkte er beides in der großen Holztruhe an der Wand. »Wenn Sie es einmal tragen möchten, fragen Sie mich einfach. Es wäre mir ein Ver- gnügen, es Ihnen zu bringen.«
»Danke, Don Andres. Aber jetzt muß ich mir eine Haube holen, da wir den ganzen Tag in der Sonne sein werden«, wollte sich Mara verabschieden, »sonst bekomme ich noch überall im Gesicht Sommer- sprossen.«
Don Andres schüttelte den Kopf. »Auch das könnte Ihre Schönheit nicht beeinträchtigen, Doña Amaya.« Dann hielt er inne, als würde er nach den richtigen Worten suchen. »Ich glaube, es wird bald Zeit, sich zu entscheiden, Doña Amaya, ob Sie in Kalifornien bleiben möchten oder nicht.«
Er hob die Hand, um einer Antwort ihrerseits zuvorzukommen. »Bitte, sagen Sie nichts, Sie müssen sich das sehr gut überlegen. Aber wie immer Sie sich entscheiden... ich werde mich fügen.«
Mara schaute diesen ruhigen kalifornischen ranchero verunsichert
an. Wider Willen war er ihr sympathisch. Sie war noch nie einem so selbstlosen Menschen begegnet.
Wie leicht war es doch für Brendan und sie, seine Gastfreundschaft auszunutzen. Wie leicht wäre es auch, weiterhin Amaya Vaughan zu spielen und einen reichen ranchero zu heiraten. Paddy hätte endlich eine richtige Familie, und sie könnte den Rest ihrer Tage in diesem friedlichen Tal verleben. Mara seufzte. Das alles waren nur Träume- reien. Ihr Instinkt sagte ihr, daß ihr ein anderes Schicksal beschieden war.
»Warum schauen Sie so ernst?« fragte Don Andres. »Sie scheinen traurig zu sein.«
Mara rang sich ein Lächeln ab. »Traurig? Nein, Don Andres. Ich habe mich nur in einen törichten Tagtraum verloren, das ist alles.«
»Träume sind niemals töricht«, widersprach ihr Don Andres mit einem gutmütigen Lächeln.
Mara zuckte mit den Achseln und ging langsam zur Tür. Dann drehte sie sich noch einmal zu dem Kalifornier um und bemerkte zynisch: »Träume sind Luxus, Don Andres. Sie zaubern einem keine Schuhe an die Füße und kein Essen in den Magen, sondern verleiten nur zu falschen Hoffnungen.«
»Für eine so junge Frau sind Sie reichlich zynisch und abgeklärt«, bemerkte Nicholas Chantale lässig von der Tür her.
Mara musterte den Franzosen eindringlich, das Kinn trotzig vorge- schoben. »Sind Sie denn ein Träumer, Monsieur Chantale? Ich hätte Sie nicht dafür gehalten. Im Gegenteil, Sie wirken wie ein Mensch, der alle Illusionen der Jugend verloren hat.«
Nicholas Chantale richtete seinen sehnigen Körper im Türrahmen auf und erwiderte Maras Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Jetzt überraschen Sie mich aber, Miss Vaughan. Ich dachte, einem so wohlbehüteten englischen Fräulein würde jeder Wunsch von den Au- gen abgelesen«, widersprach er ihr. »Wollen Sie etwa behaupten, Sie hätten nicht wie eine Märchenprinzessin
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