Herzen in Flammen
demselben Schluss wie ich gekommen. Wenn dein Sachse die Tollkühnheit besitzt, die Hütte zu betreten, um dich zu holen, hat er nichts Besseres verdient.«
Sollte Gott ihr beistehen, aber fast hätte sie Thorolf dafür gehasst , dass er sie zwang, zwischen ihnen zu wählen. Wenn sie jetzt aufsprang und hinauslief, hätte sie niemand zurückgehalten, aber sie hätte ihre Freunde der Gelegenheit beraubt, ihre Freiheit wiederzuerlangen; und es gab keine Garantie dafür, dass sich ihnen jemals wieder eine Chance bieten würde. Doch wenn sie blieb ... wenn sie blieb, dann konnte das Royce durchaus das Leben kosten.
Thorolf las ihre Gedanken. Vermutlich gab ihm ihr gepeinigter Gesichtsausdruck Aufschluss darüber. Er lockerte den Griff, mit dem er sie festgehalten hatte. Er stellte sie vor die Wahl, legte die Entscheidung ganz in ihre Hände, doch er sagte leise zu ihr: »Wir werden ihn nicht töten, Kristen. Damit wäre uns nicht gedient. «
Seine Worte änderten nichts. Die Wahl lag nicht mehr bei ihr, denn Royce hatte die Geduld verloren. Statt die Tür zu schließen und sie auf die eine oder andere Weise zu zwingen, wieder herauszukommen, trieb seine Arroganz - seine verfluchte, dumme Arroganz - ihn voran. Es war, als durchschritte er sein eigenes Haus und sei nur von seinen treuen Dienern umgehen. Derart locker und entspannt wirkte er, als er die Entfernung zwischen ihnen zurücklegte.
Ohthere konnte anscheinend nicht fassen, dass das möglich war. Er hatte abgewartet, um zu sehen, was Royce tun würde, doch jetzt, nachdem er das Unwahrscheinlichste getan hatte, stand Ohthere da und traute seinen eigenen Augen nicht. Thorolf muss te ebenfalls Zweifel hegen, denn er stand auf und zog Kristen mit sich auf die Füße, und sein Gesicht drückte jetzt weit weniger Zuversicht aus. Dennoch spürte sie, wie angespannt die Hand war, in der ihre Hand nach wie vor lag. Er würde es trotzdem durchziehen und versuchen, Royce zu überwältigen. Sie konnte Royce nicht warnen, denn da er jetzt schon mitten unter ihnen war, hätte sich sonst alles nur noch schneller abgespielt.
Die Wikinger waren von Natur aus ein abergläubisches Pack. Männer, die keinen Fuß auf ein Schiff gesetzt hätten, das sie in- und auswendig kannten, ohne vorher ihren Göttern ein Opfer zu bringen, muss ten angesichts dieser Kühn heit, die an den hellen Wahnsinn grenzte, die Nerven verlieren. Das ermöglichte es Royce, durch ihre Reihen zu laufen, und keiner der Männer rührte sich auch nur, um ihn aufzuhalten. Er tat das nicht zum ersten Mal, und auch damals hatten sie es einfach nicht glauben können, obwohl seine Wachen mit Pfeil und Bogen bereitgestanden hatten. Aber jetzt kam er allein, hatte sein Schwert noch in der Scheide und mischte sich mit bloßen Händen unter sie...
Er blieb vor Kristen und Thorolf stehen. Thorolf ließ ihre Hand los. Sie rechnete damit, sofort Royces Hand zu spüren, seine langen Finger, die sich um ihr Handgelenk schlingen würde, um sie ins Freie zu zerren. Sein Gesicht war so gut wie ausdruckslos, und doch wuss te sie, dass er von einer entsetzlichen Wut gepackt sein muss te, wenn er so handelte, wie er es tat.
Kein Gefühl zeigte sich auf ihrem Gesicht. Ihr Magen hatte sich zusammengezogen, ihre Nerven waren taub, und sie stand benommen da und wartete... und wartete.
Royces Hand schoss so schnell hervor, dass sie die Bewegung nur verschwommen erkennen konnte, doch er packte Thorolf und nicht sie, und ehe sie wuss te, was geschehen war, stand Royce hinter Thorolf und hatte den Hals des Gefangenen in einer seltsam verrenkten Haltung in seiner Armbeuge, und die andere Hand hatte er gegen den Kopf des Wikingers gestemmt. Er hätte keine Sekunde gebraucht, um Thorolf das Genick zu brechen.
»Royce ... « , setzte sie an.
Er schnitt ihr das Wort ab, ohne sie anzusehen, und sein Tonfall klang erstaunlich trocken. »Vielleicht machst du dich jetzt auf den Weg, Mädchen.« Aus Thorolfs Kehle stieg ein Laut auf, und sie warf einen besorgten Blick auf ihn, doch das, was sie sah, ließ ihre Gefühle abrupt wieder aufleben. Er erstickte an seinem eigenen Gelächter! Um Gottes willen! Wenn er es komisch fand, dass sein eigener Plan durchkreuzt worden war und sich jetzt gegen ihn selbst richtete...
Sie kehrte den beiden Männern den Rücken zu und stapfte zu Ohthere. »Laßt ihr ihn gehen, oder laßt ihr zu, dass er Thorolf umbringt? Thorolf findet es vielleicht komisch, dass er überlistet worden ist, aber der Sachse findet
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