Herzen in Flammen
wahrscheinlich immer noch um sie sorgten. Zumindest bei Ohthere und Thorolf war sie sich sicher. Sie hätten inzwischen längst entkommen sollen, und Kristen hoffte' dass sie sich nicht von der Vorstellung abschrecken ließen sie zurücklassen zu müssen, aber wahrscheinlicher war, dass Royce und seine verfluchten Sicherheitsmaßnahmen es ihnen unmöglich machten.
Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, Royce zu fragen, ob sie mit ihnen reden könnte, doch Alden hatte recht. In der letzten Woche, seit sie sich geweigert hatte, das Bett mit ihm zu teilen, was er übellaunig, und seine Antwort hätte, ganz gleich, worum sie ihn bat, zweifellos nein gelautet. Er erteilte seinen Männern barsche Befehle und machte einen finsteren Eindruck. Seine Schwester und die Dienstboten gingen ihm aus dem Weg und verhielten sich ungewöhnlich ruhig, um seine Aufmerksamkeit nicht auf sich zu lenken. War sie wirklich für seine Gereiztheit verantwortlich?
Sie hätte es gern geglaubt, aber sie maßte sich nicht an, soviel Einfluss auf ihn zu haben. Es stimmte, dass er jeden Abend kam und sie fragte, ob sie zu ihm kommen wolle, und allnächtlich hielt sie an ihrem Groll fest und schlug es ihm ab. Irgendwie muss te Alden das erfahren haben. Vielleicht hatte er Royce' Stimme gehört, die er in einer der letzten Nächte zornig erhoben hatte, denn seine Geduld mit ihr ließ sichtlich nach. Aber vielleicht machte sich Alden auch nur einen Reim auf die Blicke, mit denen Royce sie ansah, wie er es behauptet hatte.
Es stand zu bezweifeln, dass Royce mit seinem Cousin über sie sprach. Warum hätte er das auch tun sollen? Sie war nichts weiter als ein Mädchen, von dem er sich im Moment angezogen fühlte, und das so sehr, dass er sie in seinem Bett haben wollte, aber deshalb hätte er noch lange nicht mit seiner Familie über sie gesprochen. Er hätte nicht eingestanden, dass er sich so sehr zu einer Sklavin hingezogen fühlte, insbesondere nicht zu einer Gefangenen, die zu den Feinden gehörte, denen ihrer aller Abscheu galt.
Eda wuss te, was los war, aber sie stand hinter Royce und hätte niemandem erzählt, dass Kristen in abwies und er ihr das durchgehen ließ. Sie schalt Kristen täglich für ihre Sturheit aus, denn sie fand, wenn Royce sie haben wollte, sollte er sie auch haben. Ihr war auch klar, dass die eine Nacht, die sie gemeinsam verbracht hatten, für beide erfreulich verlaufen war, denn aus seinem Zimmer waren im Lauf der Nacht keine Schreie gedrungen, und kleine blauen Flecken hatten Kristens zarte Haut am nächsten Tag verunziert. Sie hatte sich an jenem Tag in kaltes Schweigen gehüllt, doch Eda hatte sich die Gründe denken können, als sie gesehen hatte, wie oft Kristens finsterer Blick auf ihre Ketten gefallen war.
Eda hatte ihr schließlich gesagt, es sei dumm von ihr, nicht zu versuchen, sich auf diese uralte Weise bei ihrem Herrn einzuschmeicheln. Kristen hatte darauf erwidert, sie könne ohne eine Gunst auskommen, die doch nur bewirkte, dass sie weiterhin angekettet blieb wie ein Tier.
Sie wunderte sich allerdings darüber, dass Royce sich Kristens Wünschen beugte. Immer wieder bat er sie, in sein Bett zu kommen, und immer wieder nahm er es hin, dass sie es ablehnte, wenngleich er in den letzten Tagen weniger freundlich darauf reagierte. Sie hätte im Traum nicht geglaubt, dass er das mit sich machen ließe. Sie hatte sogar damit gerechnet, dass er sie zwingen würde. Das hätte sich besser mit ihrem Rang vereinbaren lassen, der sie ganz und gar seiner Gnade auslieferte. Doch er tat es nicht, und gegen ihre Erwartungen war Kristen jetzt auch frustiert, weil er es nicht tat.
Sie begehrte ihn nach wie vor. Nachdem sie jetzt wuss te, was es hieß, mit einem Mann zu schlafen, begehrte sie ihn noch mehr als vorher. Doch ihr Stolz, mit dem sie reichlich gesegnet war, würde sie davon abhalten, es je wieder zuzugeben - jedenfalls ihm gegenüber.
An jenem Abend wartete Kristen gebannt darauf, dass Royce wieder zu ihr kommen würde, doch er erschien nicht. Sie kam auf den Gedanken, er könne sein Vergnügen bei einer anderen Frau suchen, und sie bemühte sich, sich einzureden, dass es ihr nichts ausmachte. Am nächsten Morgen wäre sie weniger gereizt gewesen, wenn sie ge wuss t hätte, wo er die Nacht verbracht hatte.
So, wie die Dinge standen, zog sich der Tag elendiglich in die Länge, und sie hatte das Gefühl, sich selbst ins eigene Fleisch geschnitten zu haben. Einen großen Teil ihres Kummers hatte sie sich selbst
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