Herzen in Flammen
eine Rolle, wer sie ermordet und ausraubt?«
Seine Bitterkeit war verletzend, denn sie spiegelte ihre eigenen Gefühle wieder, als sie all das erfahren hatte. »Mein Bruder wollte mir kein Wort von ihren Plänen erzählen, weil . . . die Gründe spielen keine Rolle. Thorolf hat es mir gesagt, und zwar erst, als wir angekettet unten vor dem Haus lagen. Ich nehme die Männer nicht in Schutz. Ich verstehe lediglich ihre Motive. «
»Eine Kleinigkeit ist dabei unbeachtet geblieben«, bemerkte er kühl. »Wir Sachsen werden das, was uns gehört, weder den Dänen noch sonst jemandem überlassen. «
»Ja , das hat die Hälfte dieser Wikinger bereits herausgefunden«, stimmte sie ihm ebenso kühl zu.
»Dein Bruder ist bei seinem eigenen Vorhaben gestorben, Kristen.«
»Macht es das für mich etwa leichter?« rief sie aus.
»Nein, vermutlich nicht.«
Sie verstummten beide. Kristen fiel es schwer, in Royce' Gegenwart mit ihrem neuerwachten Kummer fertig zu werden. Sie hätte sich gern von ihm trösten lassen, und das überraschte sie. Aber sie wuss te, dass er sie nicht über den Tod eines Menschen, den er verabscheute, hinwegtrösten würde.
Sie rutschte an die Bettkante und setzte sich hin. Seine Hand schnellte vor und packte ihr Handgelenk.
»Was hast du vor?« fragte er. Er hatte seine Stimme nicht erhoben, und doch hörte sie mehr als reine Neugier.
Sie sah auf die Finger herunter, die sie festhielten, ehe sie ihn ansah. »Ich wollte wieder in mein Zimmer gehen.«
»Warum?«
»Mir reicht es, Fragen zu beantworten.« Sie seufzte. »Ich bin müde.«
»Dann leg dich schlafen.«
»Du willst, dass ich bei dir bleibe?«
Er sprach die Worte nicht aus, doch ihre Frage war ausreichend beantwortet, als er sie wieder auf das Bett zog. Damit hatte sie nicht gerechnet.
Sie drehte ihren Kopf zu ihm um, als er seinen Arm um ihre Taille legte und sie näher zu sich zog. »Eine ganze Wand hängt voller Waffen. Hast du denn keine Angst, ich könnte dich im Schlaf töten?«
»Könntest du das tun?«
»Nein, aber ich könnte fliehen«, sagte sie. »Du hast deine Tür nicht abgeschlossen.«
Er lachte in sich hinein. »Wenn du das vorhättest, würdest du mich nicht noch darauf aufmerksam machen. Du kannst beruhigt einschlafen, Kristen. Ich bin nicht von Sinnen. Ich habe einen Wachposten unten in der Halle aufgestellt.«
Sie schnappte nach Luft. »Du wuss test von Anfang an, dass du mit mir schlafen wirst!«
»Nein, aber ich habe Vorkehrungen für die verschiedensten Möglichkeiten getroffen. Und jetzt sei still, wenn du wirklich schlafen willst.«
Sie press te ihre Lippen zusammen und fühlte sich elend. Aber das hielt nicht lange an. Er wollte die Nacht mit ihr verbringen. Er hatte sich ihrer gründlich bedient, und doch wollte er sie noch in seiner Nähe haben. Bei diesem Gedanken fühlte sie sich so wohl, dass sie mit einem Lächeln auf den Lippen einschlief, während Royce sie in den Armen hielt.
19
Kristen sah den schlafenden Royce an. Normalerweise hätte sie längst zur Arbeit erscheinen müssen, und sie war nicht so naiv, sich einzubilden, sie bräuchte nicht mehr zu arbeiten, weil sie die Nacht mit ihrem Herrn verbracht hatte.
Sie seufzte und stand unwillig auf, um ihre Kleider aus dem Bad zu holen, solange nur die Dienstboten unten in der Halle waren. Sie seufzte wieder, als sie ihre Wange an dem grünen Samtkleid rieb. Royce würde es ihr nicht gestatten, ihre eigenen Kleider zu tragen. Sie hatten miteinander geschlafen, und es war zu erwarten, dass sie es öfter tun würden, doch ihm bedeutete es etwas anderes als ihr. In seinen Augen war sie nach wie vor nur eine Sklavin.
»Kristen?«
Sie blieb in der Tür stehen. Er saß auf der Bettkante. Sein Haar war zerzaust, und er war so nackt wie am Vorabend und wirkte verschlafen. Jetzt gähnte er auch noch.
Kristen konnte das zärtliche Lächeln nicht zurückhalten, das auf ihre Lippen trat. »Ja ?«
»Wärst du einfach fortgegangen, ohne mich zu wecken?«
»Ich hätte nicht gedacht, dass du so früh aufstehen willst«, erwiderte sie.
»Komm her. «
Einen Moment lang zögerte sie. Wenn er wieder mit ihr schlafen wollte, sprach in ihren Augen nichts dagegen. Sie konnte sich nichts Schöneres vorstellen, um einen Tag zu beginnen.
Als sie vor ihm stand, griff er nach ihren Händen und hielt sie fest. Als er zu ihr aufblickte, sah sie kein Verlangen in seinen Augen.
»Wohin gehst du?«
»Nach unten. Arbeiten. «
»Dann hast du etwas vergessen.
Weitere Kostenlose Bücher