Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
Miene und fragten sich, was sich innerhalb dieser Tuchwände abgespielt haben mochte. Würde der Capitaine bereit sein, die Gefangene mit seinem Lieutenant zu teilen? Es machte nicht den Eindruck. Die Soldaten fingen an, Wetten abzuschließen.
Als Dammartin aus dem Zelt trat, entdeckte er Molyneux am nächsten Lagerfeuer. Die Blicke der beiden Männer begegneten sich, dann sah der Lieutenant in eine andere Richtung. Dammartin stellte sich ihm gegenüber. Lamont, der neben seinen Capitaine getreten war, suchte rasch das Weite, und der Lieutenant erhob sich. Er räusperte sich. „Sie bot an, mir diesen Splitter aus der Hand zu ziehen, mehr nicht, mon Capitaine .“
Dammartin erwiderte nichts darauf.
„Sie bestand darauf. Und ich wollte nicht unhöflich sein. Dann holte sie die Nadel, und bevor ich wusste, wie mir geschah …“ Er brach ab.
Immer noch sagte Dammartin nichts, doch er musterte seinen Lieutenant, als wolle er ihn in Stücke reißen.
„Ich ahnte nicht, dass Sie … dass zwischen Ihnen …“ Molyneux räusperte sich abermals.
Dammartin wartete ab, bis Molyneux anfing, sich regelrecht zu winden. „Gedenken Sie mir die Sicht noch lange zu versperren, Lieutenant?“, fragte er dann.
Molyneux zögerte nicht lange. Er salutierte hastig und eilte davon.
Eine Weile stand Dammartin nur da und blickte in die Flammen des Lagerfeuers, schließlich wandte er sich ab und hielt auf die Pferdekoppel zu. Bald danach hörte man ihn davongaloppieren.
Josette hatte nur wenig geschlafen, doch am nächsten Morgen war sie schon früh angezogen und bereit zum Aufbruch. Es würde sie von ihren verwirrenden Gedanken ablenken, das Zelt zu verlassen, und außerdem konnte sie sich nicht bis in alle Ewigkeit vor der Welt verstecken. Den Umhang um sich geschlungen, ging sie hinaus, bereit, sich den Folgen des gestrigen Abends zu stellen.
Lieutenant Molyneux saß vor dem Zelt und besserte das Zaumzeug seines Pferdes aus. Er nickte Josette zu, sprach sie aber nicht an.
Obwohl sie sich bewusst war, dass die Soldaten sie mit unverhohlener Neugier anstarrten, ging sie zu ihrem Pferd, so wie jeden Morgen. Um sie herum herrschte reges Treiben. Die Männer bauten die Zelte ab und bereiteten sich und die Pferde für den Aufbruch vor. Keiner sprach mit ihr.
Josette zog den Riemen ihres Tornisters zurecht, obwohl alles mit ihm in Ordnung war. Nach einer Weile kam Molyneux, um seinen Wallach zu satteln. Josette sah ihn an, doch er murmelte nur „Mademoiselle“ und wich ihrem Blick aus.
Allmählich begann Josette unruhig zu werden. Sie spürte, dass etwas Unangenehmes in der Luft lag.
„Mademoiselle Mallington.“
Sie hielt den Atem an und versuchte sich zu fassen, bevor sie sich umdrehte. Dammartin stand vor ihr und musterte sie mit ausdrucksloser Miene.
„Capitaine Dammartin.“
Sie erschien ihm unglaublich zerbrechlich an diesem Morgen. Dammartin war nicht entgangen, wie verloren sie gewirkt hatte, seit sie aus dem Zelt getreten war, und gegen seinen Willen hatte er den Wunsch verspürt, ihr beizustehen. Ohne recht zu wissen, was er tat, war er auf sie zugegangen. Und nun stand sie vor ihm und sah ihn mit ihren bemerkenswerten blauen Augen an. Eine blonde Strähne hatte sich aus dem hochgesteckten Haar gelöst und fiel ihr auf den Kragen des schlichten dunkelblauen Wollkleides, bei dem es sich um eines ihrer eigenen handeln musste. Unwillkürlich sah Dammartin das rotschwarze spanische Kleid vor seinem inneren Auge, dessen Rock er ihr letzte Nacht die Schenkel hinaufgeschoben hatte, und heiße Sehnsucht packte ihn.
Er versuchte sich einzureden, es sei nur zu ihrer beider Bestem, was er heute tun wollte. Was immer es war, das sie beide in Bann zog, es konnte nicht gebremst werden. Er musste widerwillig einsehen, dass es über seine Kräfte ging, dagegen anzukämpfen.
Josette hatte sich die Handschuhe übergestreift. Zwar sah sie ihn nicht mehr an, aber ihre Wangen waren gerötet.
Dammartin begriff, dass er es ihr unverzüglich sagen musste. Es ließ sich nicht länger hinausschieben, denn schon bald würden die Männer sie holen kommen. „Josette“, sagte er leise. „Was gestern Nacht geschah … diese Anziehungskraft, die zwischen uns herrscht …“ Er suchte vergeblich nach den richtigen Worten. „Es darf nicht so weitergehen. Das Andenken an unsere Väter und unsere Ehre lassen es nicht zu. Und deswegen habe ich eine Änderung veranlasst.“
Sie sah fragend zu ihm auf.
Fast hätte er alles wieder rückgängig
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