Herzensach - Roman
war.
Und dies war der richtige Weg!
Trivial wedelte plötzlich mit dem Schwanz und stupste mit seiner kalten Schnauze gegen ihr nacktes Knie. Er stand auf, drehte sich einmal um sich selbst und lief voraus, schnappte einen Zweig vom Wegrand, kam damit zurück und legte ihn vor ihr ab.
Sie lachte. »Du willst bloß spielen!«
Trivial begleitete sie mit dem Zweig im Maul bis zu der mit weißem Kies bestreuten Auffahrt. Sie kraulte ihm den Kopf und sah in seine bernsteinfarbenen Augen. Sie beugte sich herab und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich weiß schon, was du sagen willst. Manchmal soll man nur an sich selbst denken. An das eigene Vergnügen.« Sie klopfte seinen Hals und richtete sich wieder auf. Trivial ließ den Stock fallen, trottete bis zum Rand des Rasens und ließ sich dort seufzend nieder.
Jürgen Vietel kam eilig aus dem Haus, sprang die Treppen herunter. Er nickte ihr zu.
»Wo ist Jan?« fragte sie.
»Er sattelt gerade ab.«
»Sagen Sie ihm, daß ich auf ihn warte?«
Der Verwalter wies einladend ins Haus und wollte davoneilen, hielt aber in der Bewegung inne, runzelte die Stirn und sah sie fragend an: »Katharina?«
»Ja.«
Sie lächelte über seine Verwunderung und betrat die Eingangshalle. Die Tür zur Bibliothek stand offen, und sie hörte Geschirr klappern. Manuela Kotschik deckte an dem kleinen Tisch ein Frühstück für zwei, sie bemerkte Katharina nicht.
»Guten Tag.«
Die Haushälterin fuhr erschrocken herum. »Oh, Sie sind es.« Sie starrte Katharina mit offenem Mund an, dann faßte sie sich. »Ich ... ich habe Sie gar nicht kommen hören – und gar nicht erkannt. Entschuldigung.« Sie lachte verlegen.
»Ich bin mit Jan verabredet.«
»Ja, ich weiß, ich habe für Sie mitgedeckt. Er wird wohl gleich kommen.« Sie ordnete die Tassen und Teller, obwohl alles bereits korrekt aufgedeckt war, und sah immer wieder mit einem Seitenblick zu Katharina, die sich ans Fenster gestellt hatte. Draußen richtete sich Trivial auf und spitzte die Ohren.
Als die Haushälterin zum dritten Mal um den Tisch ging und die Messer und Löffel ausrichtete, war es für Katharina offensichtlich, daß sie etwas auf dem Herzen hatte. Plötzlich machte sie einen zögernden Schritt auf das Mädchen zu. »Es ... Sie können sich ruhig schon setzen.«
»Danke.« Katharina blieb stehen.
»Ich ...«, die Haushälterin verstummte, ihr Kopf zuckte zur Tür. In der Halle waren die Schritte Jans zu hören. Manuela Kotschik zog sich eilig zurück, drückte sich am Gutsherrn vorbei und schloß hinter ihm die Bibliothekstür.
»Katharina?« Die Überraschung stand ihm im Gesicht. Er blieb einen Augenblick hilflos stehen, dann beugte er sich vor. »Katharina?« Zögernd ging er auf sie zu, dann hellte sich sein Gesicht auf. »Wie ist das möglich?«
»Was?« Katharina löste sich vom Fenster. Es gefiel ihr, wieviel Überraschung sie bei allen auslöste. Trivial war der einzige, der gleichmütig reagiert hatte.
»Du hast dich verändert.« Er betrachtete sie bewundernd. »Dein Haar ...«
»Ich habe es zurückgebunden.« Zum ersten Mal seit Jahren hatte sie ihr Gesicht nicht hinter den Fransen ihres Haares und dem Stirnband versteckt. Zum ersten Mal hatte sie die weiten Hosen, die hochgeschlossenen Hemden abgelegt und ein Baumwollkleid aus dem Schrank herausgeholt. Es bestand aus einem knapp geschnittenen Oberteil mit einem runden Ausschnitt und einem weiten Rock. Sie besaß es schon lange. Es war ihr um die Taille fast ein wenig zu eng geworden. Sie spürte selbst, wie sich mit dem Kleid ihre Haltung veränderte.
»Ich hatte ganz vergessen, wie schön du bist.« Jan goß ihr Kaffee ein. »Setz dich doch.«
Da er den Blick nicht von ihr abwenden konnte, griff er blind nach der Tasse, stieß sie um, und Kaffee ergoß sich über den Tisch. Sie lachte ihn aus.
»Himmel, du bringst mich ganz durcheinander.«
Sie half ihm, die Flüssigkeit mit einer Serviette aufzuwischen. Schließlich ließ er sich in einen Sessel fallen und betrachtete sie kopfschüttelnd. »Wie kann das sein? Eine solche Verwandlung?«
»Ändert es etwas?«
»Nein – nein, nein, nein.« Er richtete sich im Sessel auf.
»Ich bin gekommen, um zu unterschreiben.«
»Gut.«
»Ich habe nur noch eine einzige Bedingung.«
»Alles, was du willst.«
»Der Vertrag soll erst in zehn Tagen in Kraft treten.«
Er nickte. »Sicher.«
Er beugte sich vor, nahm den Brötchenkorb und bot ihn ihr an. »Laß uns etwas essen, dann fahren wir zur Unterschrift nach
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