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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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war um einen Bericht nicht herumgekommen. Er hatte sich Mühe gegeben, die Landschaft um Herzensach als wenig geeignet hinzustellen, konnte er doch nicht ahnen, daß der Professor gerade diesen Wald kannte.
    »Und woher, ich meine, wieso kennen Sie Herzensach?« fragte er eingeschüchtert.
    »Sie kennen mein Hobby, die Hunderassen. In Herzensach lebten bis ins vorige Jahrzehnt hinein einige der letzten Shark-Terrier, eine leider inzwischen wohl ausgestorbene Rasse, dabei besaß sie außerordentliche Merkmale. Stellen Sie sich einen Irish-Terrier vor, aber mit etwa doppelt so breitem Rücken und einem vollkommen nackten Bauch.« Er unterstützte seine Aussage mit einer Geste, als wöge er ein solches Tier mit beiden Händen. Jakob hatte keine Vorstellung. »Die Züchter fördern die Gestalt oft noch durch eine Rasur seitlich des Bauches. Ursprünglich fanden sie als Schiffshunde Verwendung, ihr breiter Gang machte sie seefest. Der nackte Bauch, aber das ist ein Scherz, soll entstanden sein, weil die Hunde ständig Ausschau hielten und dabei mit dem Bauch über der Reling hingen. Man nannte sie auch ›Boat devils‹. Man fürchtete diese wilden Teufel, weil sie ihre Schiffe bis zum Tod verteidigten. Ein Hund wie ein Seemann, ein Draufgänger, aber auch ...«
    Die Aufmerksamkeit des Studenten ließ nach. Wenn der Professor sich einmal auf sein Lieblingsthema Hunde einließ, sprang er von einer Rasse zur anderen und hörte so schnell nicht wieder auf. Jakob dachte an Trivial, doch der war kein Terrier, eher ein irischer Wolfshund, allerdings mit kürzerem Fell. Mit Sicherheit gehörte er keiner Rasse an, sondern war eine bunte, intelligente Mischung, und wenn man dem Ausdruck seiner klaren Augen trauen durfte, reagierte er wie ein Mensch. Im nachhinein hatte Jakob das Gefühl, der Hund habe ihn während der Tage in Herzensach bewacht. Der Pfarrer schien ihm weniger der Herr des Hundes gewesen zu sein als vielmehr dessen Ernährer. Wenn dem Hund jemand etwas hatte befehlen können, war es Katharina gewesen. Er sah ihre schmale Hand zwischen den Ohren des Hundes und wünschte sich, sie hätte ihn einmal auf diese Weise berührt ...
    »... so wie wir es ja vom Border-Terrier kennen, einer Rasse mit – im Gegensatz zum Shark-Terrier – wesentlich längeren Beinen, die angeblich früher mit Räubern übers Land zog. Man sagt, Robin Hood habe einen gehabt. Und das erinnert mich an den Boston-Terrier, man kann sagen, der Nationalhund Amerikas. Bis zum Zweiten Weltkrieg war es die verbreitetste Hunderasse in den Vereinigten Staaten. Vielleicht weil die Tiere überhaupt nicht haarten. Typisch, ein Hund, der nicht haart!« Der Professor lachte. »Vielleicht auch noch einer, der nicht pißt und nicht scheißt!« Er lachte erneut, dann sah er den Studenten irritiert an. »Haben Sie etwas gesagt?«
    »Nein, aber wo haben Sie diese Hunde in Herzensach gesehen?«
    »Ich stieß auf die Rasse durch eine Annonce. Ein Pärchen wurde zum Verkauf angeboten. Daraufhin suchte ich eine Beschreibung der Shark-Terrier und ein Foto für mein Archiv. Doch in keinem Rasselexikon waren sie abgebildet, weil sie dort bereits als ausgestorben galten. Das reizte mich so sehr, daß ich hinfuhr ... Haben Sie etwa welche gesehen?«
    »Nein, ich glaube nicht. Ich habe nur den Förster als Hundezüchter kennengelernt. Aber ich glaube, er beschäftigt sich nur mit Schäferhunden. Deutschen.« Jakob dachte an die Tochter des Försters. Ihre Berührung zum Abschied kam ihm plötzlich wie die bei einem Hund vor. Ja, alle hatten ihn wie einen Hund behandelt. Er lachte, und der Professor sah ihn irritiert an.
    »Der Förster? Kenne ich den? Nein, es war bei einem Bauern. Ich könnte Ihnen die Adresse heraussuchen, denn sicher habe ich sie irgendwo notiert. Vielleicht hat er noch Shark-Terrier. Das würde mich interessieren. Wann fahren Sie wieder hin?«
    Jakob überlegte, ob er dem Professor gestehen sollte, daß er nie wieder nach Herzensach zurückfahren wollte. (Nie wieder Hund sein!) Doch er hielt es für klüger, ihn erst damit zu konfrontieren, wenn er ein neues Waldgebiet für seine Untersuchungen gefunden hatte.
    »Ich gebe kurz Laut, bevor ich fahre.«
    »Wie bitte?«
    »Ich meine, ich melde mich bei Ihnen.«
    »Gut, es gibt übrigens gerade eine Jagdhundausstellung in Hamburg. Sehen Sie sich die mal an. Die ist hochinteressant.«
    Es gelang ihm, sich zu verabschieden, bevor der Biologe seinen Vortrag über Hunderassen und Bellfrequenzen fortsetzte und

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