Herzensbrecher auf vier Pfoten
hatte sich oft gefragt, wie es sich wohl anfühlen würde, diese Worte zu sagen, die bei jedem anderen eine tränenreiche Verzückung ausgelöst hätten: »Schatz, wir bekommen ein Baby.«
Doch Oliver, dieser verlogene Mistkerl, hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er bereits eine Familie besaß. »Ich bin keiner dieser Politiker, die insgeheim die Absicht verfolgen, überall Kinder in die Welt zu setzen«, hatte er erklärt, als das Gespräch in die Nähe dieses Themas gekommen war. »Also bring uns niemals in eine Situation, in der wir beide ein Gespräch führen müssten, das keinem von uns gefallen würde.«
Vor dieser Wahl hatte sie gestanden: entweder ihre Affäre oder Kinder. Wenn Rachel ganz ehrlich war, musste sie zugeben, dass ihr Kinderwunsch nie groß genug gewesen war, um das angenehme Leben, das sie führte, zu opfern. Ob dies jedoch vielleicht nur eine Art des Selbstschutzes gewesen war, wusste sie nicht. Jedenfalls hatte sie sich stets verboten, weiter zu denken als an das damit verbundene Chaos und das mögliche Ende ihrer Beziehung zu Oliver.
Rachel rannte durchs Feld, bis ihre Lungen von der Anstrengung, über den unebenen Boden zu laufen, brannten. Das konnte nicht sein. Das konnte einfach nicht wahr sein.
Aber sogar, wenn es wahr sein sollte, müsste sie sich dann nicht irgendwie anders fühlen? Sie hatte nicht gelogen, als sie Natalie erklärt hatte, keine Ahnung zu haben, ob sie mit ihrer Periode überfällig war – sie hatte sich nie die Mühe gemacht, dies genau nachzuverfolgen, da der Stress bei der Arbeit und der Stress mit Oliver ohnehin stets für eine Verzögerung gesorgt hatten. In letzter Zeit war ihr Organismus völlig durcheinandergeraten. Aber ihr fielen einige Dinge ein: die juckenden, empfindlichen Brüste, die sie – Rachel musste beinahe über ihre eigene Dummheit lachen – zunächst einem billigen Waschpulver zugeschrieben hatte. Und dann war da noch diese Übelkeit am Morgen, die sie darauf zurückgeführt hatte, dass sie sich mit Megans Virus angesteckt hatte – gut, dies war dann wohl offensichtlich nicht der Auslöser gewesen.
Sie stolperte über einen Maulwurfshügel und blieb taumelnd stehen. Gem, der ihr bisher diskret gefolgt war, lief zu ihr, um zu sehen, ob es ihr gut ging. Während sich Rachel vorbeugte, um wieder zu Atem zu kommen, umrundete er sie ängstlich. Ihr Herz raste, und Rachel spürte jeden Teil ihres Körpers mit Ausnahme des Bauches. Nichts fühlte sich jedoch anders an als zuvor.
Vor dem eigenen Körper konnte man allerdings nichts verstecken. Sogar jetzt, in diesem Augenblick, teilte sich diese einzelne Zelle und wuchs zu Herz, Fingern und Haar heran, entwickelte sich, während Rachel einfach nur dastand und nicht in der Lage war, diese Tatsache zu begreifen.
Weglaufen brachte nichts, dachte Rachel. Dies war eine Entscheidung, vor der sie sich nicht drücken konnte. So oder so musste sie sich damit auseinandersetzen, da die Sache, um die es ging, in ihrem Inneren geschah.
Sie richtete sich auf, ließ den Blick über die Felder bis zu dem dichten Kiefernwald hinter Four Oaks schweifen und versuchte, alles ein wenig greifbarer zu machen. Mühsam kramte sie ihre längst schon vergessenen Biologiekenntnisse wieder hervor und stellte betreten fest, wie wenig sie im Grunde wusste. Wann war es passiert? Und wie?
Na ja, schon klar, wie es passiert war, aber …
Wie Efeu, der langsam emporkroch, kam ihr ein Gedanke. Was, wenn es Olivers Baby war?
Ihr letztes Mal, obwohl sie damals natürlich nicht gewusst hatte, dass es das letzte Mal war, hatte in der Woche stattgefunden, bevor ihr die Abrechnung aus Paris in die Hände gefallen war. Das hieße also … Rachel rechnete zurück. Irgendwie schienen die Uhren hier anders zu ticken. Sechs Wochen sollte dies schon her sein? Aber Oliver war doch immer so vorsichtig gewesen. Obwohl er stets das Gegenteil behauptete, konnte man ihn nicht gerade als spontan bezeichnen. Selbst wenn sie es im Büro auf seinem Schreibtisch getan hatten, waren – verdächtigerweise – immer schnell Kondome zur Hand gewesen.
Aber was, wenn es tatsächlich sein Kind war? Übertrumpfte sie damit Tara, die Tennislehrerin? Oder Kath und die drei vorhandenen Kinder? In Gedanken versuchte Rachel, die Szene durchzuspielen, doch alles war zu verworren. Es war einfach unvorstellbar, dass sich Oliver vor Freude würde erweichen lassen. Jahrelang hatte sie sich eine solche Reaktion ausgemalt, doch er hatte ganz klar
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