Herzensbrecher auf vier Pfoten
doch nicht! Warum? Ist das ein Anzeichen dafür? Milch, die nach Kleingeld schmeckt?«
»Ja«, erwiderte Natalie und beobachtete, wie Rachel kurz die Gesichtszüge entglitten. »Ist deine Periode zu spät? Spannen deine Brüste? Hast du Pickel bekommen?«
Rachels Hand wanderte automatisch zu ihrem Kinn, das, wie Natalie entmutigt feststellte, mit dem hellsten Concealer bedeckt war, den sie je gesehen hatte.
Wenn sie daran dachte, wie viele Pickel sie schon gefeiert hatte, in der festen Überzeugung, sie seien erste Anzeichen einer hormonellen Veränderung …
»Nein«, sagte Rachel, mehr zu sich selbst als zu Natalie. »Oh … nein.«
Schweigend griff Natalie in ihre Handtasche und holte einen Schwangerschaftstest heraus, den sie im Reißverschlussfach ihrer Tasche für schwache Momente versteckt hatte. »Das können wir schnell herausfinden.«
Der in Folie eingeschweißte Test riss Rachel aus ihrer Fassungslosigkeit. »Du hast Schwangerschaftstests bei dir?«
»Wenn du so lange versuchst, schwanger zu werden wie wir, dann musst du sie schon gut verstecken, damit sie nicht offen im Bad herumliegen«, erwiderte Natalie. »Wie lange bist du überfällig?«
Rachel starrte sie mit großen Augen ängstlich an. Natalie hatte das Gefühl, noch nie so lange Wimpern gesehen zu haben – diese runden, dunklen Augen hätten auch einem Go-go-Girl aus den Sechzigern gehören können.
Nach einer kurzen Pause lachte Rachel halbherzig auf. »Keine Ahnung. Ist das nicht furchtbar? Ist mir gar nicht aufgefallen. Aber, Nat – ich bin ganz bestimmt nicht schwanger. Ich bin beinahe vierzig und dachte immer, es sei nahezu unmöglich, in diesem Alter noch schwanger zu werden, wenn man nicht gerade eine In-vitro-Fertilisation hatte oder über eine Eizellenspende von Studentinnen nachdenkt.«
»Offenbar lagst du da falsch.« Natalie kaute auf ihrer Lippe herum, damit diese nicht zitterte. »Denk nur an Cherie Blair, Jerry Hall und all diese relativ alten Mütter.«
»Sogar darüber hast du dich informiert?« Rachel hielt inne. »O Nat, du bist doch erst dreißig! Du und Johnny, ihr könnt jederzeit ein Baby bekommen!«
»Nein, können wir nicht.« Gegen ihren Willen war es aus ihr herausgeplatzt. Sie hatte niemanden, dem sie davon erzählen könnte, ohne dass derjenige ihr das Leben noch zusätzlich schwer gemacht hätte. »Wir haben die Untersuchungsbefunde am Wochenende bekommen. Johnny ist nicht …« Sie konnte einfach nicht. Dies war eindeutig zu persönlich. Und sobald sie den Befund laut aussprach, würde er deutlich realer werden. Sie würden Hilfe in Anspruch nehmen müssen, um schwanger zu werden.
Natalie sah auf den Schwangerschaftstest in ihren Händen hinunter. Es kam ihr wie ein Stich mitten ins Herz vor, wenn sie an die vielen Male dachte, bei denen sie die Luft angehalten und darauf gewartet hatte, dass der magische Strich sichtbar wurde. All die vielen Monate lang! All die vielen Tests und Temperaturkurven, all die Nerven, die dies gekostet hatte, weil kein einziges Mal die blauen Linien erschienen waren – weil einfach keine Spermien da waren, um eine Schwangerschaft auszulösen. Wenn sie an das viele Geld dachte, das sie vergebens für Tests ausgegeben hatte, weil es niemals etwas gegeben hatte, was sie hätte testen können.
»Hier«, sagte sie und drückte Rachel den Test in die Hand, »den kannst du haben. Ich brauche ihn nicht mehr.«
»Natalie.« Rachel starrte sie entsetzt an und wusste nicht, was sie sagen sollte.
»Bitte.« Natalie lächelte schwach. »Früher oder später wirst du es ohnehin wissen. Ich werde auch ganz bestimmt nicht durchdrehen, falls du tatsächlich schwanger sein solltest. So weit bin ich nicht – ich kann mich immer noch für andere freuen.«
Rachel wollte gerade etwas darauf antworten, überlegte es sich dann jedoch anders und verließ das Zimmer.
Natalie zwang sich dazu, an andere Dinge zu denken, um die Kälte auszublenden, die sich in ihrer Brust auszubreiten schien. Im Radio wurde gerade »Clocks« von Coldplay gespielt, auf der Fensterbank stand ein Krug mit zitronengelben Narzissen, die ihre Köpfchen der Morgensonne entgegenreckten. Bertie starrte sie an; die zwei dunklen Ringe unter seinen Augen, die wie Eyeliner aussahen, standen im Kontrast zu den leuchtend orangefarbenen Augenbrauen über seinen schwermütigen Augen.
Sie beugte sich vor und streckte die Hand aus, um seinen weichen Kopf zu spüren.
Bertie kam zu ihr herübergetrottet, in der Annahme,
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