Herzensbrecher auf vier Pfoten
bist du schon wach?«
Gem erhob sich lautlos, schlich zur Tür hinüber und neigte den Kopf zur Seite, als wolle er damit Rachel ermahnen, doch endlich aus den Federn zu kommen.
»Ähm, ja.« Ihre Stimme schnappte über, was sie mit einem Hüsteln überspielte. »Ja, ich … ich schaue nur noch schnell meine Mails nach.«
Rachel hoffte inständig, dass Megan jetzt nicht erklären würde, dass Dot doch gar keinen Internetanschluss besaß.
»Prima! Ich habe dir eine Tasse Tee hochgebracht. Ich brauche nämlich ein wenig Unterstützung beim Gassigehen. Eines der Mädchen ist krank geworden, und ich kann nicht alle Hunde auf einmal nehmen. Würde es dir etwas ausmachen mitzukommen?«
Rachel ließ sich wieder in die Kissen zurückfallen. »Ich fühle mich heute Morgen nicht besonders …«
»Oh!«
»Außerdem muss ich …« Rachels Augen schweiften fieberhaft durch den Raum. »Ich habe noch einen ganzen Haufen sehr dringender E-Mails zu bearbeiten. Ähm, ich muss noch meine Steuererklärung machen.«
»Ah, na gut.« Es folgte eine kleine Pause. »Aber dann wäre doch ein wenig frische Luft genau das Richtige, um einen klaren Kopf zu bekommen! Außerdem weiß ich ganz genau, dass die Jungs dich dafür lieben werden. Und Gem täte ein zusätzlicher Spaziergang auch ganz gut. Er muss mal auf andere Gedanken kommen … du weißt schon.«
Rachel hatte Megans unermüdliches Lächeln bildlich vor Augen. Auch war ihr nicht entgangen, wie Gem bei dem Wort »Spaziergang« die Ohren gespitzt hatte.
Ich sollte ohnehin noch bei der Bank vorbei, dachte sie. Außerdem muss ich neuen Wein kaufen. Also könnte ich auch genauso gut mitgehen.
»Okay.« Sie gab sich geschlagen und schob die Bettdecke zur Seite. »Gib mir zehn Minuten.«
Megan befand sich in der Küche und überprüfte die Dienstpläne, als Rachel in den legersten Kleidern, die sie in ihrer Reisetasche gefunden hatte, herunterkam.
Auf dem Küchentisch lag das größte Sandwich mit Bacon, das sie je in ihrem Leben gesehen hatte. Daneben stand Freda Shackley, die in ihrer Fleecejacke und einer dazu passenden Hose ganz flott aussah. Als Rachel die Küche betrat, empfing sie sie mit einem breiten Lächeln.
»Hallo, meine Liebe!«, grüßte sie Rachel. »Sind Sie bereit, heute die zweite Schicht zu übernehmen?«
»Die zweite Schicht?«, fragte Rachel fassungslos. Sie warf einen Blick auf die Uhr; es war gerade einmal kurz nach zehn.
»O ja. Ted war schon mit mir zusammen im Park. Jetzt ist er aber wieder in der Imbissstube. Er mag es ganz gern, so früh schon eine Runde durch den Park zu drehen. Dann wird sein System auf Durchzug gestellt, sagt er immer. Damit ich ihm bei der Arbeit nicht im Weg stehe, schickt er mich immer für eine zweite Runde zurück.«
»Was ist eigentlich aus euren Plänen geworden, in den Ruhestand zu gehen?«, fragte Megan und markierte etwas auf ihrem Klemmbrett.
»Er könne sich noch genug ausruhen, wenn er einmal tot sei, sagt Ted.« Freda seufzte. »Seiner Meinung nach ist der Sonntag der beste Tag, um für ein ordentliches Frühstück die Imbissstube zu öffnen. Der Besuch eines Gottesdienstes, eine gescheite Heimwerkersendung im Fernsehen und ein komplettes, warmes englisches Frühstück. Was könnte man an einem Sonntag Besseres tun?«
»Ted und Freda sind Inhaber einer italienischen Imbissstube an der Hauptstraße«, erklärte Megan. »Vielleicht hast du die schwarz-weiß gestreiften Sonnenschirme schon einmal gesehen? Seit wann betreibt ihr die Imbissstube, Freda?«
»Seit 1912. Die Shackleys haben mit der Imbissstube zwei Weltkriege überstanden.« Die Mundwinkel von Fredas vollen Lippen sackten traurig nach unten. »Obwohl ich mich frage, wie lange wir den Imbiss noch betreiben können, da unsere Lynne jetzt in Neuseeland lebt, nebenan eine Burgerkette eröffnet und Ted und ich auch nicht jünger werden.«
»Ihr werdet uns noch alle überleben«, erwiderte Megan. »Ihr braucht nur einen neuen Hund, der euch jung hält!«
Rachel spürte, dass dies ein Thema war, das wohl schon lange im Raum stand.
»Kein Hund kann unseren Pippin ersetzen.« Freda schüttelte entschlossen den Kopf. »Das wäre einfach nicht fair, auch, da wir jetzt so alt sind …«
»Ach, hör schon auf damit! Rachel, das Sandwich ist übrigens für dich.« Megan lachte.
Rachel betrachtete das Sandwich und merkte, wie ihr das Wasser im Mund zusammenlief. »Für mich?«
»Natürlich! Alle Ehrenämtler bekommen am Wochenende Sandwiches mit Bacon von
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