Herzensbrecher: Roman (German Edition)
wirkte zurückhaltend und scheu.
»Ich habe eine absolut verrückte Woche hinter mir«, fügte sie hinzu.
»Ich auch«, antwortete er. »Vor den Feiertagen drehen offenbar selbst die Viren durch. Das ganze Jahr über habe ich nicht so viele Fälle von Lungenentzündung wie momentan.« Er wirkte entspannt und gut gelaunt.
Der Kellner trat an den Tisch und fragte, ob sie einen Aperitif trinken wollten. Maxine lehnte ab, aber Dr. West bestellte sich ein Glas Wein.
»Mein Vater ist Orthopäde und Unfallchirurg. Er erzählt, dass sich die Leute fast ausnahmslos zwischen Weihnachten und Silvester die Hüfte brechen«, sagte Maxine.
Er blickte sie neugierig an.
»Arthur Connors«, fügte sie hinzu.
Der Name war Dr. West ein Begriff. »Wir sind uns einmal begegnet. Ein ausgezeichneter Arzt. Ich habe schon häufig Patienten an ihn überwiesen.«
In dem Augenblick wurde Maxine bewusst, dass er genau die Art Mann war, die ihr Vater schätzte. »In New York schickt jeder die komplizierten Fälle zu ihm. Seine Praxis hat einen sehr guten Ruf.«
»Und was hat Sie dazu bewogen, sich in die Psychiatrie zu stürzen, statt in seine Praxis einzusteigen?«, fragte Dr. West interessiert und nippte an seinem Wein.
»Die Psychologie hat mich schon früh fasziniert. Die Tätigkeit meines Vaters erinnerte mich immer eher an die eines Handwerkers. Meine Arbeit gefällt mir einfach besser. Ich habe gern mit Jugendlichen zu tun und bilde mir ein, dort mehr bewirken zu können. Bei Erwachsenen ist alles festgefahren. Ich kann mir nicht vorstellen, in einer Praxis an der Park Avenue gelangweilten, neurotischen Hausfrauen zuzuhören oder trinkenden Börsenmaklern, die ihre Frauen betrügen.« So offen konnte sie nur mit einem anderen Arzt sprechen. Trotzdem war die Äußerung ihr plötzlich peinlich, und sie entschuldigte sich. Charles West lächelte amüsiert. »Ich weiß, es klingt fürchterlich. Aber Kinder sind viel ehrlicher, und es ist die Sache wert, ihnen zu helfen«, fügte sie hinzu.
»Da stimme ich Ihnen zu. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob alkoholabhängige Börsenmakler zum Therapeuten gehen, weil sie ihre Frauen betrügen.«
»Vermutlich haben Sie recht. Aber deren Frauen tun es. Der Job würde mich deprimieren.«
»Selbstmorde von Jugendlichen nicht?«, fragte er skeptisch.
Maxine zögerte, bevor sie antwortete. »Es stimmt mich traurig, aber es deprimiert mich nicht. Die meiste Zeit fühle ich mich gebraucht. Ich glaube nicht, dass ich bei Erwachsenen viel bewirken könnte. Die wollen oft nur jemanden, der ihnen zuhört. Aber die Jugendlichen, die zu mir kommen, brauchen wirklich Hilfe.«
»Das ist ein gutes Argument.« Er fragte sie nach ihrer Arbeit über Traumabewältigung und hatte sich tatsächlich ihr neuestes Buch gekauft. Das beeindruckte Maxine. Er erzählte, dass er geschieden sei. Einundzwanzig Jahre war er mit seiner Frau verheiratet gewesen, bis sie ihn vor zwei Jahren wegen eines anderen Mannes verließ. Maxine war überrascht, dass er so offen und gelassen darüber sprach. Aber dann verriet er ihr, dass es nicht gänzlich überraschend gekommen sei. In seiner Ehe war es schon ein paar Jahre lang nicht mehr gut gelaufen.
»Wie schade!«, sagte Maxine mitfühlend. »Haben Sie Kinder?«
Er schüttelte den Kopf und erklärte, dass seine Frau keine gewollt hatte. »Das ist das Einzige, was ich wirklich bereue. Meine Frau hatte eine schwierige Kindheit und fühlte sich nicht bereit für Kinder. Jetzt ist es leider ein bisschen spät, um damit anzufangen. Haben Sie denn Kinder?«, fragte er, während das Essen serviert wurde.
»Drei«, antwortete sie lächelnd. Maxine konnte sich ein Leben ohne ihre Kinder nicht vorstellen.
»Die müssen Sie ganz schön auf Trab halten. Teilen Sie sich das Sorgerecht mit dem Vater?« Die meisten geschiedenen Paare, die er kannte, handhabten es so.
Maxine lachte über die Frage. »Nein. Blake reist sehr viel. Er sieht seine Kinder nur ein paar Mal im Jahr. Die drei leben bei mir. Für mich ist das die einfachere Lösung.«
»Wie alt sind sie denn?«, fragte er neugierig. Ihm war nicht entgangen, wie ihr Gesicht aufleuchtete, wenn sie von den Kindern erzählte.
»Dreizehn, zwölf und sechs. Meine Tochter ist die Älteste, die anderen beiden sind Jungs.«
»Es muss anstrengend sein, sich um alles allein zu kümmern«, sagte er bewundernd. »Seit wann sind Sie geschieden?«
»Seit fünf Jahren. Mein Ex-Mann und ich verstehen uns gut. Er ist ein wunderbarer
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