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Herzensjunge

Titel: Herzensjunge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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Alster, dann hätte er mir sicher eine SMS geschrieben«, sagt Hanna. Sie kann Gedanken lesen.
    »Ich dachte, du hättest Schluss mit ihm gemacht, als er es versenkt hat«, sage ich. »Weil er doch keine Verantwortung übernehmen wollte.«
    Hannas Schniefen ist zu einem heftigen Schluchzen geworden. Ich setze mich neben sie und lege einen Arm über ihre Schultern.
    »Das verstehst du alles nicht«, sagt sie.
    »Dass du ihn noch liebst?«, frage ich.
    Hanna nickt. »Obwohl er ein Scheißkerl ist«, schluchzt sie.
    »Hat er geschrieben, dass er eine andere hat?«, frage ich.
    Hanna schüttelt mich ab und guckt mich mit einem wilden Blick an.
    »Wie kommst du denn darauf?«, fragt sie.

    Ich zögere.Worüber labert Kalli in diesem Brief?
    »Was schreibt er denn dann?«, frage ich.
    »Dass ich zu jung bin«, sagt sie. »Dass ich ihn immer nur hab knutschen lassen und nicht mit ihm ins Bett wollte.«
    Ich bin platt. In dieses Thema sind wir ja geradezu hineingeplumpst.
    »Er ist doch erst fünfzehn«, sage ich.
    »Du kennst die Männer nicht«, sagt Hanna.
    Ich brüte vor mich hin. Andreas schläft mit Lena. Da bin ich sicher. Lena ist auch schon fast siebzehn. Einmal habe ich gehört, dass Mama zu Papa sagte, es sei ihr lieber, wenn sie es gemütlich in Andreas’ Zimmer machten statt auf einer nassen Wiese im Stadtpark.
    »Sie sind nicht alle so«, sage ich.
    »Du kennst doch nur deinen Vater und deine Brüder.«
    »Nein«, sage ich, »da irrst du dich.«
    Ich will nicht länger schweigen.
    »Ich liebe einen Jungen«, sage ich, »und er liebt mich auch.«
    Das, was ich Hanna erzähle, ist ein »best of«. Die Ängste und Zweifel lasse ich weg. Ich genieße es, wie sie an meinen Lippen hängt. Ich liebe die Romantik, die sich auf einmal auf Hannas rosa Sofa breitmacht, das eben noch ein Tümpel der Tränen war.
    »Hat er schon mal Klavier gespielt für dich?«, fragt Hanna.
    »Ich gehe wahrscheinlich nachher noch zu ihm«, sage ich und staune über meine Worte. »Er will für mich was aus Titanic spielen. My heart will go on . Das ist doch eines meiner Lieblingslieder.«

    »Ich mag Hymn to the sea noch lieber«, sagt Hanna.
    Ich wollte Hanna nicht anlügen. Jan und ich haben nichts ausgemacht für heute. Schon gar keine Titanic -Lieder. Meine eigene Erzählung hat mich einfach mitgerissen.
    »Und was machst du, wenn er mit dir schlafen will?«, fragt Hanna.
    Willkommen in der Wirklichkeit. Kallis Brief. Hannas Not, ihm nicht alles gegeben zu haben. Sex mit vierzehn. Ich zögere mit der Antwort, denn ich kenne sie nicht.
    »Ich finde es einfach noch zu früh«, sagt Hanna. »Ein halbes Jahr will ich wenigstens noch warten.«
    »Ist es denn nicht aus mit dir und Kalli?«, frage ich.
    »Vielleicht kann ich ihn vertrösten«, sagt Hanna.
    Ich habe nicht die Traute, ihr von der Tusse im Bootsmann zu erzählen. Hanna hat sich gerade wieder gefangen. Kalli ist vermutlich auch der Typ, der mal an seinem Ohr knabbern lässt, ohne dass es tiefer geht.
    »Hab gehört, die Hettich hat sich bei dir entschuldigt«, sage ich in der Hoffnung, dass sich das Sex-Thema vertagen lässt.
    Hanna grinst. »Ich hab eine Karte von ihr gekriegt«, sagt sie.
    Sie springt vom Sofa und geht zu ihrem Schreibtisch. Kramt ein Kuvert hervor und gibt es mir. Eine Kunstpostkarte: Veilchen von A. Dürer.
    »Du sollst wahrscheinlich wie ein Veilchen im Moose blühen«, sage ich, »sittsam, bescheiden und rein.«
    Ich drehe die Karte um. Sie ist eng beschrieben. Ich kann die kleine Schrift kaum entziffern. »Bedauere meine harten Worte«, lese ich.

    »Genügt dir das?«, frage ich.
    Hanna hebt die Schultern. »Ich hab andere Sorgen«, sagt sie und schnieft wieder ein bisschen. »Jedenfalls wird sich die Hettich jetzt wohl nicht mehr trauen, mich in Mathe hängen zu lassen.«
    Die Hoffnung würde ich mir wirklich nicht machen. Doch ich schweige. Stehe auf, weil es Zeit wird. Gegen sechs fängt es ja schon an, dunkel zu werden. Ich will wenigstens so tun, als ob ich noch zu Jan ginge. Oder auch nur an meine eigenen Märchen glauben. Das wäre doch der Hit, von Jan noch was vorgespielt zu bekommen. Muss ja gar nicht My heart will go on sein.Von mir aus was Klassisches. Ich will mich nur ans Klavier lehnen und sehen, wie Jans Hände über die Tasten gleiten und ihm die dunklen Locken auf die Schultern fallen, wenn er dann von den Noten hochguckt und mir sein Lächeln schenkt.

27
    Ich habe auch eine Karte bekommen.Von Oma. Heute ist ohne Zweifel der Tag der

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