Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
eine Maschine, seine Augen waren kalt und tot. Er starrte sie nicht wie ein Lebewesen an, sondern wie ein lebloses Ding, mit dem er tun und lassen konnte, was er wollte.
Er stieg von ihr herunter, der Kegel der Taschenlampe entfernte sich. Dann Rascheln, metallisches Quietschen, leichtes Schwanken des Transporters. Sich entfernende und wiederkehrende Schritte. Das Licht kam und ging. Er schien irgendwelche Sachen aus dem Wagen zu räumen.
Selina zitterte vor Kälte und vor Angst. Jedes Mal, wenn er in den Wagen kletterte, rechnete sie damit, dass er sie nun holen würde. Sie hielt die Luft an und wagte erst wieder zu atmen, wenn er gegangen war.
Irgendwann entfalteten die Tabletten ihre Wirkung. Selinas Lider wurden immer schwerer. Langsam glitt sie in eine Dunkelheit hinüber, aus der sie womöglich nie wieder erwachen würde. Sie hielt dem schweren Gefühl in ihren Gliedern stand, stemmte sich gegen die süßen Verlockungen des Schlafs. Er hatte ihr irgendwelche Medikamente eingeflößt, die sie betäuben sollten. Die Dosis reichte aber nicht aus, um sie bewusstlos zu machen.
Selina wusste nicht, ob sie dafür dankbar sein sollte. Vielleicht hatte er diese Wirkung beabsichtigt, vielleicht war es aber auch nur Nachlässigkeit.
Selina hörte, wie ein Motor ansprang, allerdings nicht der des Transporters. Das Brummen kam von draußen, und im nächsten Moment veränderte sich die Dunkelheit. Außerhalb des Wagens war eine Lichtquelle aktiviert worden, doch sie war zu weit entfernt, um richtig bis zum Transporter vorzudringen.
Noch immer mit der Taschenlampe in der Hand kehrte er schließlich zurück. Sie kniff die Augen zusammen, als er die Innenbeleuchtung des Transporters einschaltete und die Taschenlampe beiseitelegte. Ihr war sofort klar, dass er diesmal gekommen war, um sie zu holen.
Selina zwang sich, ihre Lider zu öffnen. Im nächsten Moment wünschte sie sich bereits, es nicht getan zu haben. Er hielt ein Teppichmesser in der Hand, die scharfe Klinge reflektierte das Licht. Sie wollte schreien, sich winden, nur fort von ihm, doch ihre Muskulatur reagierte kaum noch auf ihre Befehle.
Während sie kraftlos in den Knebel schrie, beugte er sich zu ihr hinunter und löste ihre Fesseln. Dann begann er in aller Seelenruhe, ihr die Kleider vom Leib zu schneiden.
Jennifer tastete nach dem Lichtschalter und betätigte ihn. Der Flur hinter der Eingangstür führte schnurgerade ins Innere des Gebäudes und war zu beiden Seiten gesäumt von dunkelblauen Türen.
Glühbirnen baumelten in regelmäßigen Abständen von der Decke und tauchten den tristen Gang in hartes, weißes Licht. Die Wände waren kahl, und der Boden bestand aus nacktem Beton.
Jennifer atmete ein letztes Mal tief durch, bevor sie, die Waffe gesichert und den Lauf zu Boden gerichtet, das Gebäude betrat. Oliver folgte ihr.
Sie öffnete die erste Tür zu ihrer Linken. Nachdem sie mit ihrer Taschenlampe hineingeleuchtet und sich versichert hatte, dass sie in dem Zimmer keine unangenehme Überraschung erwartete, schaltete sie dort ebenfalls das Licht ein.
Der Raum befand sich, genau wie der Flur, in einem rohbauähnlichen Zustand. Kabel und ungenutzte, teils rostige Heizungs- und Wasseranschlüsse ragten aus den Wänden. Nur das Fenster schien neueren Datums zu sein und war mit einem Schloss gesichert, was in Anbetracht der Tatsache, dass es von außen zugenagelt war, schon eine gewisse Ironie hatte.
Ein einfacher Klapptisch war in der Mitte des Raumes aufgestellt, und auf einer alten Werkbank an der Wand lag ein buntes Sammelsurium von Stoffen und Decken, Teppich- und Linoleumresten, Holzbrettern und -platten. Daneben stand ein Gestell mit Leinwänden in unterschiedlichen Farben.
Offenbar ging Jürgen Drach hier seinem Gewerbe nach, platzierte Produkte, um sie abzulichten.
Jennifer löschte das Licht, schloss die Tür und ging weiter zur nächsten.
Die beiden anschließenden Räume schienen dem gleichen Zweck zu dienen, nur dass in ihnen andere Hilfsmittel gelagert waren wie Obst und Gemüse aus Plastik oder Geschirr.
Auf die Arbeitsräume folgten zwei Toiletten und dann ein Zimmer, das einst die Kaffeeküche der Angestellten gewesen sein musste. Dort gab es einen Kühlschrank mit Lebensmitteln und Getränken, einen Gaskocher, eine Mikrowelle sowie Dosen- und Fertiggerichte in Regalen an der Wand.
Direkt daneben hatte sich Jürgen Drach eine Art Wohn- und Schlafzimmer eingerichtet. Die Möbel waren ein buntes Sammelsurium unterschiedlicher
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