Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
leiten in diesem Fall die Ermittlungen.«
»Was ist überhaupt passiert? Wieso glauben Sie, dass die Tote meine Frau ist?« Der Mann war verzweifelt. In einem Moment hatte er noch in einem wichtigen Meeting gesessen, im nächsten wurde er von zwei Polizisten abgeholt. »Ich verstehe das alles nicht.«
»Wir können uns vorstellen, dass das alles sehr verwirrend und beängstigend für Sie ist. Leider haben wir aber Grund zu der Annahme, dass die Tote Ihre Frau ist.« Grohmann würde ihm keinerlei Details nennen. Im Moment war es besser, wenn er so wenige Informationen wie möglich erhielt. »Fühlen Sie sich in der Lage für eine Identifizierung?«
Schröder warf einen Blick auf das Display seines Smartphones. Er hoffte, dass ein Wunder geschah und er noch in letzter Sekunde ein Lebenszeichen erhielt. »Habe ich eine andere Wahl?«
Die hatte er tatsächlich nicht. Er stand ohnehin schon direkt vor der Scheibe mit dem roten Vorhang, der ihm höchstwahrscheinlich den Weg in seine ganz persönliche Hölle öffnen würde.
Jennifer streckte die Hand nach dem Schalter aus, mit dem der Vorhang betätigt wurde.
»Sind Sie bereit?«, fragte Oliver.
Sascha Schröder umklammerte seinen Mantel und sein Telefon noch fester. Das Plastikgehäuse ächzte unter dem Druck.
Jennifer wertete sein Schweigen als Zustimmung und drückte auf den Schalter. Lautlos glitt der Vorhang zur Seite.
Neben der Stahlliege stand jetzt Meurers Assistent mit verschränkten Händen und gesenktem Blick. Aus irgendeinem Grund legte der Professor Wert darauf, bei den Angehörigen den Eindruck zu erwecken, dass die Verstorbenen nie allein gelassen wurden. Tatsächlich kamen die meisten direkt aus einem stählernen Kühlfach.
Sascha Schröder starrte das Gesicht der Toten mehrere Sekunden lang regungslos an, bevor sich eine erste Reaktion einstellte. Seine Mundpartie begann zu zittern, und er biss übertrieben stark die Zähne aufeinander. Er rang sichtlich um Fassung.
Obwohl seine Reaktion bereits Hinweis genug war, musste Jennifer für das Protokoll fragen: »Ist das Ihre Frau? Larissa Schröder?«
Er nickte und atmete zweimal heftig ein, bevor er ein »Ja« hervorpresste. Seine Hand schoss vorwärts, auf das Gesicht der Toten zu, und stieß gegen die Scheibe. Obwohl der Zusammenprall schmerzhaft gewesen sein musste, verzog er nicht einmal das Gesicht. »Darf … darf ich zu ihr?«
Jennifer betätigte erneut den Schalter, und der Vorhang schloss sich wieder.
»Leider nein. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen«, erklärte Grohmann mit Bedauern in der Stimme.
Sascha Schröder wandte den Blick erst ab, als der Vorhang gänzlich geschlossen war. Seine Stimme zitterte leicht, und seine Augen waren feucht, doch er hielt sich tapfer. »Sie werden sie doch nicht aufschneiden, oder?« Er sah von Grohmann zu Jennifer. »Oder?«
»Lassen Sie uns in einen anderen Raum gehen, Herr Schröder. Dort können wir in Ruhe über alles reden.«
Er wollte erst protestieren, fügte sich dann aber dem Vorschlag und ließ sich widerstandslos in den freundlich eingerichteten und in beruhigenden Farben gehaltenen Besprechungsraum führen, der aber auch über die – hier verborgene – Technik eines Verhörraums verfügte.
Jennifer trat an das Sideboard, auf dem eine Kaffeemaschine und ein Wasserspender standen, und startete über den in die Wand eingelassenen Touchscreen die audiovisuelle Aufzeichnung. Während der Staatsanwalt auf dem Flur noch mit seinem Büro telefonierte, um einige richterliche Beschlüsse auf den Weg zu bringen, bot sie Sascha Schröder etwas zu trinken an. Er lehnte verständlicherweise ab, weshalb auch sie auf Kaffee verzichtete.
»Ihr Verlust tut uns sehr leid«, eröffnete Jennifer das Gespräch, als Oliver eintrat und sich zu ihnen an den Tisch setzte. »Wir verstehen, dass Sie aufgeregt und in Trauer sind, trotzdem müssen wir Ihnen einige Fragen stellen. Zuallererst muss ich Sie aber darauf hinweisen, dass dieses Gespräch per Video mitgeschnitten wird. Wenn Sie sich nicht gut genug fühlen …«
»Ich schaffe das schon«, unterbrach er sie. »Was ist passiert?«
Jennifer hoffte, dass er seinen Zustand richtig einschätzte. »Ihre Frau wurde heute Morgen tot im Schaufenster der örtlichen Hochzeitsagentur aufgefunden. Die Situation, in der wir sie aufgefunden haben, lässt den Schluss zu, dass sie keines natürlichen Todes gestorben ist.«
Schröder starrte sie mehrere Sekunden lang an. »Sie ist die Frau, die
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