Herzensstürme - Roman
sie hier Cajas Gerede anhören musste, würde oben zwischen den Männern über ihrer aller Schicksal entschieden. Und gewiss nicht so, wie es ihr gefiel.
»Ja, Gordon hat mir davon erzählt«, sagte sie gelangweilt. »Connor war in allen Dingen erfolgreicher als er. Auch was die Frauen betrifft, soll Connor viel Glück gehabt haben …«
»Das ist allerdings wahr«, meinte Caja lächelnd. »Und doch hat Connor nur selten davon Gebrauch gemacht und wenn er einmal bei einem Mädchen gelegen hatte, dann war er gut zu ihr und sorgte später für sie.«
Zweifelnd sah Brianna zu ihr auf, denn Gordons Schilderungen hatten sich ganz anders angehört. Wollte Caja Connors wilde Zeiten beschönigen, weil sie seine Mutter war?
Caja schien ihre Gedanken zu erraten, denn sie zögerte einen Augenblick, bevor sie weitersprach.
»Es ist die Wahrheit, Brianna. Ich hätte wohl Grund, dir anderes zu erzählen, um dich und Connor zu entzweien, doch ich tue es nicht. Ich hoffe immer noch, dass dieser unglückliche Streit sich auf gute Weise lösen wird. Versteh mich recht, Brianna. Ich habe nichts gegen dich, und ich gönne euch beiden diese Liebe. Aber wenn sie Vater und Sohn für immer entzweit, dann kann kein Glück, sondern nur Leid daraus entstehen.«
Brianna schwieg, denn im Grund ihres Herzens fürchtete sie, dass Caja Recht hatte.
»Weshalb darf ich nicht mit Eurem Mann sprechen? Ich will keinen Zwist in die Familie bringen, ich will nur versuchen, ihn umzustimmen.«
»Er würde nicht auf dich hören, Brianna.«
»Ich würde ihn schon dazu bringen, Lady«
Caja legte den Kopf ein wenig zurück und schien amüsiert.
»Und wie? Glaubst du, ein Zaubermittel zu besitzen, mit dessen Hilfe du ihn gewinnen könntest?«
»Und wenn es so wäre?«
Die Burgherrin lachte hell auf, und Brianna ärgerte sich über ihr Gelächter. Welch ein Dünkel! Weshalb stieß sie überall in dieser Burg gegen den Hochmut der adeligen Damen und Herren? Glaubten sie eigentlich, die Herrschaft über die Menschen ganz allein für sich gepachtet zu haben?
»Du bist eine Bardin, nicht wahr?«, fragte Caja heiter
und lehnte den Kopf zurück, hin- und hergerissen zwischen der Lust, über dieses seltsame Mädchen zu lachen oder sie in ihrer Ahnungslosigkeit zu bedauern.
Cajas Frage goss Öl ins Feuer von Briannas Zorn. Ja, sie war eine Bardin! Hatte sie jemals etwas anderes sein wollen? Ihre Kunst gab ihr Macht über die Gemüter der Menschen, sie hörten ihr zu, sie weinten und lachten, ganz wie ihre Weisen es wollten. Sie war nicht weniger wert als diese eingebildeten Adeligen, die ihre Macht nur mit Kampf und Mord gewannen.
»Wenn du so überzeugt davon bist, meinen Mann durch deine Lieder umzustimmen, dann zeige auch mir deine Kunst, Brianna«, forderte Caja vergnügt. »Ich liebe die Musik - doch nur selten gab es hier in den Highlands einen Barden, der mich mit seinen Weisen bezaubert hätte. Und schon gar keine Bardin.«
»Dann hört mir zu, Lady!«
Sie erhob sich, stieß den Schemel mit dem Fuß beiseite und trat langsam in die Mitte der Halle. Sie verbeugte sich nicht vor Caja, wie es eine Bardin vor der Burgherrin tat, bevor sie mit ihrem Vortrag begann. Sie blickte sie auch nicht an, sondern sah zu den Fenstern hinüber, in deren Gläsern jetzt ein kleiner, heller Sonnenstrahl spielte. Alle die Lieder, die sie während der letzten Tage ersonnen hatte, die Worte, die neuen Melodien drängten sich in ihrem Kopf und sie hatte Mühe, die rechte Weise auszuwählen. Leise begann sie, spürte, wie ihre Stimme dennoch den Raum füllte, sich darin ausbreitete, die Luft mit flirrendem Silber durchwob und die Gemälde an den Wänden zum Leuchten brachte. Sie schuf Träume, erzählte Geschichten, die in Tönen lebendig wurden,
weder Fiedel noch Leier halfen ihr, nur allein mit ihrer Stimme zauberte sie fremde Welten vor die Augen ihrer Zuhörerin.
Dieser schön geschmückte Raum gehörte ihr, solange sie sang, auch die Frau in dem kostbar gestickten Gewand mit der hohen Haube gehörte ihr, denn sie war der Macht ihrer Melodien ausgeliefert, wie schon so viele Zuhörer zuvor.
Sie sah nicht zu Caja hinüber, doch sie spürte ihre stumme Ergriffenheit, und unversehens kamen ihr nun andere Klänge in den Sinn, jene fremden und doch so vertrauten Weisen, die sie in ihrem Traum endlich wiedergefunden hatte. Wie eigenartig, dass ihre Kehle diese Töne so willig formte, so als hätte sie sie schon oft vorgetragen. Wie tief sie nun selbst von der herben
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