Herzensstürme - Roman
über die Lage auf dem Spielbrett klar und setzt einen berittenen Krieger nach vorn.
»Du wirst deine Königin verlieren, mein Lieber!«, rief Gavin vergnügt.
Ärgerlich rieb sich Connor das Kinn - er hatte einen lächerlich dummen Zug getan - verflucht, weshalb gelang es ihm so schlecht, seine Gedanken im Zaum zu halten?
»Ich bin zerstreut«, knurrte er.
»Das merke ich. Es wird die bevorstehende Hochzeitsnacht mit meiner Schwester sein, die dir alle Sinne verwirrt!«
Gavin streckte die Beine aus und lachte herzhaft über seinen eigenen Scherz, Connor schwang sich zu einem schwachen Grinsen auf und schüttelte über sich selbst den Kopf.
»Wenn du magst, kannst du den Zug zurücknehmen, Schwager«, schlug Gavin gutmütig vor.
»Gesetzt ist gesetzt!«
Gavin war ihm gleich bei seiner Ankunft auf der Burg mit großer Herzlichkeit entgegengekommen. Er war ein netter Bursche, zwei Jahre älter als er selbst, nicht groß, aber stämmig, rasch in Worten und Gefühlen, er lachte gern, konnte aber gewiss auch in heftigen Zorn geraten. Sein Haupthaar war leicht gewellt und blond, die helle Haut voller Sommersprossen und seine Hände breit wie die eines Bauern. Connor konnte kaum begreifen, dass er ihn von Jugend an nur als Feind gesehen hatte - es war gut und richtig, diese alte Fehde endlich beizulegen. Ob es auch notwendig war, die Freundschaft durch eine Heirat zu besiegeln, daran zweifelte er zwar, aber es war jetzt so entschieden, und es gab kein Zurück.
Während sich Gavin über das Spielbrett beugte und seinen nächsten Zug überlegte, wanderten Connors Gedanken wieder unwillkürlich zu jenen Ereignissen, die er eigentlich so rasch wie möglich vergessen wollte.
Drei Tage lang hatte er gewartet und gehofft. Zu Anfang war er sich sicher gewesen, sie würde kommen, er hatte sich bereits die Worte zurechtgelegt, mit denen er sie empfangen wollte, kein Zorn sollte sie treffen, kein Vorwurf, auf keinen Fall wollte er mit ihr streiten. Er hatte kaum geschlafen, seine Kleider waren durchweicht, denn der verfallene Turm bot keinen Schutz gegen den Regen. Bei jedem unbekannten Geräusch war er aufgesprungen und zum Ufer gelaufen, sein Herz hämmerte in seiner Brust, seine Pulse rasten. Aber jedes Mal erblickte er nichts als das weite graue Wasser und die einsamen Ufer. Der Regen hatte die Oberfläche des Sees stumpf gemacht, kleine Wellen brachen sich geräuschlos im Sand, vom Inneren
der Insel strömten schmutzige Rinnsale in den See hinein.
Am Abend des dritten Tages hatte er überlegt, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte, und er wollte zur Hütte zurückreiten, um nach ihr zu suchen. Doch er verwarf diesen Gedanken, denn wenn er sich irrte, würde dies aussehen, als wolle er ihr nachlaufen. Während einer weiteren schlaflosen Nacht war der Zorn in ihm aufgestiegen, und er hatte Brianna mit allerlei bösen Worten bedacht. Wieso erdreistete sich diese Frau, in eigener Machtvollkommenheit Entscheidungen zu fällen? Wer war er eigentlich, dass er sich von einer Bardin fortschicken ließ? Ein Esel war er - besser wäre gewesen, sie an Händen und Füßen zu binden und aufs Pferd zu legen, dann wäre sie wohl bald zur Besinnung gekommen. Eine Tracht Prügel hätte ihr gut gestanden, dieser hochfahrenden Person, damit sie merkte, wer ihr Herr und Gebieter war.
Gewiss, das hätte er tun können. Es wäre ganz leicht gewesen, denn er war stärker als sie. Und gerade deshalb hatte er es nicht tun wollen. Weil sie zart und schwach war, und weil er sie liebte.
»Zart und schwach - aber halsstarriger als ein ganzes Heer von Kämpfern!«
Gavin hatte schon das Figürchen des Bischofs in der Hand, jetzt hielt er in seiner Bewegung inne und sah überrascht zu Connor hinüber, denn der hatte mit lauter Stimme gesprochen.
»Von wem redest du?«
Connor fasste sich rasch und lachte gezwungen.
»Von meiner Königin, Schwager. Sieh dich vor, denn wenn du sie schlägst, wirst du bösen Ärger bekommen.«
»Leeres Geschwätz«, grinste Gavin. »Deine Königin gehört mir - sieh lieber zu, wie du deinen König in Sicherheit bringst.«
Connor besah sich seine Position auf dem Schachbrett und stellte fest, dass er sich in eine ziemlich aussichtslose Situation gebracht hatte. Er konnte nur darauf hoffen, dass Gavin einen Fehler begehen würde, sonst war es aus mit ihm. Sein Ehrgeiz war entfacht - wenn er schon verlieren musste, dann würde er es seinem Gegner wenigstens so schwer wie möglich machen. Behutsam setzte er seinen
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