Herzensstürme - Roman
noch verbliebenen Wächter, kreuzte dann die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück.
»So wirst du dich auch nicht mehr herauswinden, Freund«, lachte Gavin und strich sich eine Haarsträhne aus dem erhitzten Gesicht.
Connor musste lange auf seinen nächsten Zug warten, denn Gavin wollte jetzt, so kurz vor seinem Sieg, keinen Leichtsinn begehen. Er hatte die Augenbrauen herabgezogen und starrte angestrengt auf die durchsichtigen Figürchen, als seien sie lebendige Kämpfer, die er zusammenhalten und befehligen musste.
Unten im Burghof herrschte lautes Treiben, auch drang bereits der Duft von gebratenem Fleisch bis in die Gemächer der Burgherrschaft hinauf - die Brautwerbung sollte mit einem festlichen Mahl gefeiert werden. Connor hatte Isla noch nicht zu sehen bekommen, doch er erinnerte sich, dass sie früher, als sie noch Kinder waren, ein schmales, sehr blasses Mädchen gewesen war, das immer ein wenig kummervoll dreinblickte. Connor hatte keine große Sehnsucht nach einer Hochzeitsnacht mit Isla, doch er war entschlossen, seine Pflicht als Ehemann zu erfüllen und Kinder mit ihr zu zeugen. Er würde seine Frau stets
achten und freundlich zu ihr sein, auch wenn er sie vermutlich niemals lieben würde.
Gavin setzte seine Königin und blickte Connor mit triumphierender Miene an, bevor er sich zurücklehnte. Connor warf nur einen raschen Blick auf das Spielbrett, stieß einen seiner Kämpfer auf das nächste Feld und stellte fest, dass Gavin jetzt etwas verwirrt war, denn er war auf diesen schnellen Gegenzug nicht gefasst gewesen.
Ein Page kam gelaufen, zupfte den Burgherrn am Ärmel und flüsterte ihm etwas ins Ohr, und Gavins Miene hellte sich auf. Er strahlte sogar vor Freude und schickte den Pagen mit dem Auftrag hinunter, man möge alles vorbereiten und die Nachricht auch zu seiner Schwester bringen.
»Es ist schade, dass dein Bruder nicht hier ist, um mit uns zu feiern«, meinte er gut gelaunt zu Connor gewendet. »Aber wir werden ihn wohl sehen, wenn du Isla nach der Hochzeit heimführst, denn ich werde euch begleiten.«
»Gewiss.«
Gordon war auf Glenworth Castle nicht mehr gesehen worden, seitdem er so zornig davongeritten war, und Connor sorgte sich um ihn. Auch sonst stand es nicht zum Besten auf der Burg, denn obgleich Connors Sinneswandel dem Vater eine Last von der Seele genommen hatte, so war doch zwischen ihnen wenig Herzlichkeit. Er, Connor, erfüllte seine Sohnespflicht, beugte sich dem Willen des Älteren und heiratete eine Frau, die er nicht liebte. Schlimmer noch war gewesen, was der Vater ihm erneut über seinen Bruder erzählte, eine unsinnige und abgrundtief boshafte Beschuldigung, die nur aus einem kranken Hirn entstanden sein konnte. Connor musste voller Bitterkeit
und Trauer erkennen, dass sein Vater sich verändert hatte. Die Verwundung, die ihn zum Krüppel gemacht hatte, musste zu einer Krankheit seines Gemüts geführt haben, denn nur ein Kranker konnte solchen Verdacht gegen seinen eigenen Sohn hegen. Connor hatte dem Vater nicht mehr geantwortet, als der ihn gestern nochmals eindringlich warnte, denn er hatte die brüchige Versöhnung nicht gefährden wollen.
Gavin hatte eine seiner Schachfiguren gesetzt und trommelte mit den Fingern auf dem Tischlein herum, um Connor anzutreiben. Im Grunde war er viel zu ungeduldig, um lange über einem Schachzug zu brüten, es gefiel ihm weitaus besser, wenn man Zug und Zug spielte, besonders dann, wenn er sicher war, das Spiel zu gewinnen. Connor hob missmutig die Hand, um seinem Gegner ein weiteres Mal einen Stein in den Weg zu schieben, dann hielt er inne, denn im Hof hatte ein Pferd gewiehert.
Es war nichts Besonderes, denn es standen etliche Pferde im Hof, doch dieses Wiehern erinnerte ihn fatal an Briannas alten Klepper, und der Zorn auf die kleine Bardin schoss wieder in ihm hoch. Verdammt - es war nicht leicht, sie zu vergessen. Ob Zorn oder Trauer, ob drängende Sehnsucht oder der heiße Wunsch, sie übers Knie zu legen und auf ihre hübsche, runde Kehrseite einzuprügeln - sie ließ ihn nicht los.
Wütend fasste er eines der Figürchen, erkannte blitzschnell, dass Gavin tatsächlich einen kapitalen Fehler begangen hatte und bot ihm Schach.
»Verflucht!«, entfuhr es Islas Bruder.
»Matt!«, stellte Connor fest.
Gavins Gesicht färbte sich rot, bläuliche Zornesadern
wuchsen an seinen Schläfen. Er hatte geglaubt, mit dem nächsten Zug Sieger zu sein - die Enttäuschung war schwer zu verkraften.
»Du bist doch ein ganz
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