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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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waren.
    »Nimm dich zusammen«, flüsterte sie, denn Angus Faust war so fest um die kleine Flöte geschlossen, dass Brianna schon fürchtete, er könnte das Instrument zerquetschen.
    Er löste den Griff, und sie sah, wie seine Brust arbeitete, doch er verzog das Gesicht zu jenem dümmlichen Grinsen, das seine Verstellung vollkommen machte. Angus besaß ganz offensichtlich eine eiserne Selbstbeherrschung. Auch als jetzt einer der Gewappneten dem schottischen Knappen, der ihm einschenkte, einen festen Tritt verpasste, zuckte der Barde nicht
einmal mit der Wimper, nur das zornige Aufblitzen in seinen Augen konnte er nicht verbergen.
    Brianna begann ihren Vortrag unwillig, doch als sie sah, mit welcher Inbrunst die Burgherrin ihr zuhörte, wurde ihr Herz weich. Was kümmern mich die Gewappneten, dachte sie. Ich singe für den Burgherrn, für seine schottischen Ritter und für die Frauen. Meine Lieder sollen ihnen den Kummer nehmen, ihnen Mut und Zuversicht geben. Wenn mir das gelingt, habe ich mehr vollbracht, als je zuvor in meinem Leben.
    Sie spürte, wie die Stimmung an der Tafel sich wandelte, sogar die Besatzer hörten ihr aufmerksam zu, und wenn einer von ihnen es wagte, anzügliche Reden zu führen, fuhr Thomas Norwich jetzt harsch dazwischen. Er war ein eingefleischter Schottenhasser, dieser Bursche, doch er schien die Musik zu lieben und sein unschönes Gesicht leuchtete, als sie die traurige Geschichte von Tristan und Isolde vortrug.
    Angus bemühte sich nach Kräften, Briannas Gesang mit seinem Flötenspiel nicht allzu sehr zu stören, als sie später tanzte, klapperte er heftig mit den Hölzern, doch statt ihrem Tanz zuzusehen, glotzte er starr vor sich hin.
    Sie erntete ausgiebiges Lob, wurde mit Münzen, einem silbernen Becher und einer schönen Kupferkanne beschenkt - Gaben, die sie den Herren am liebsten an den Kopf geworfen hätte, denn das meiste davon war Kriegsbeute, die man den Schotten genommen hatte. Nur als die Burgherrin sie zu sich winkte, um ihr eines ihrer schönen, mit bunten Borten bestickten Gewänder zu geben, und ihr dazu leise sagte, wie sehr ihre Lieder sie im Herzen berührt hätten, nahm Brianna die Belohnung mit einer tiefen Verbeugung entgegen.
Sie hatte erreicht, was sie sich vorgenommen hatte, und sie war glücklich darüber.
    Die Gewappneten hatten gut gespeist und gebechert, einige schwatzten noch und nahmen einen Schlaftrunk, andere schnarchten bereits auf ihren Strohlagern, die man in der Halle für die Gäste zurechtgemacht hatte. Auch Thomas Norwich erhob sich von seinem Sitz, um sich zur Ruhe zu begeben.
    »He Barde«, sagte er grinsend zu Angus. »Dein Flötenspiel ist lausig, fast glaubte man, du wolltest damit die Ratten aus der Burg vertreiben.«
    Angus verbeugte sich tief, damit der Engländer ihm nicht zu genau ins Gesicht sah.
    »Ihr habt Recht, Herr«, gab er zu. »Nur wollen diese verdammten Ratten die Burg leider nicht verlassen.«
    Brianna hielt die Luft an, doch zum Glück grinste der Engländer, denn er hielt diese Antwort für das Geschwätz eines Narren. Doch als sie dicht hintereinander die Treppe zu ihrer Kammer hinaufstiegen, drehte sie sich um und zischte ihn an.
    »Es gibt Ratten, die Zähne wie Wölfe haben.«
    »Gewiss«, knurrte er. »Und wenn sie in Scharen kommen, muss man sich vor ihnen hüten. Und dennoch sind es dreckige Biester, die man eine nach der anderen ersäufen und erschlagen muss.«
    Es war so viel Hass in seiner Stimme, dass Brianna erzitterte und nichts mehr hinzufügte. Was wusste sie eigentlich von ihm? So gut wie nichts, denn was er ihr erzählt hatte, konnte nur eine einzige Lüge sein. Er war Schotte und hasste die Engländer - nur das war sicher.
    »Schlafen wir«, sagte er mit harter Stimme. »Wer weiß, was der morgige Tag uns bringen wird.«
    Der Vorschlag war vernünftig, auch Brianna war
jetzt todmüde, und sie sehnte sich danach, wenigstens im Schlaf all die schlimmen Dinge vergessen zu können, die sie am heutigen Abend gesehen hatte.
    »Es ist kalt und zugig draußen vor der Kammer«, sagte sie zögernd. »Wenn du lieber drinnen schlafen willst - es stört mich nicht. Wir haben ja auch sonst gemeinsam genächtigt …«
    Es war ziemlich dämmrig im Flur, nur eine Laterne, die man auf einen Schemel gestellt hatte, flackerte schwach vor sich hin. Sie konnte sein Gesicht nicht genau erkennen, doch ihr schien, als spannten sich seine Züge. War er zornig? Oder erschrocken?
    »So, es stört dich nicht«, meinte er kühl. »Aber

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