Herzensstürme - Roman
sich nun weiter über den Markt, man hörte das Fluchen der Knechte, die einige neugierige Bauern zur Seite drängten, damit die Herren den Stand mit den Dolchen besehen konnten. Die beiden Gefangenen hatten keinen einzigen Laut von sich gegeben, auch als man sie jetzt unsanft voranstieß, blieben sie stumm.
Angus erhob sich langsam, sein Gesicht war fahl, doch er hielt immer noch die Trommel in den Händen und er gab sie auch nicht her, während sie sich an den Ständen vorbei den Weg zu ihrem Pferd suchten.
»Das hast du gut gemacht«, sagte Brianna leise zu ihm.
Ein langer Blick wurde ihr zur Antwort, und sie wusste nicht so recht, ob Zorn, Scham oder Erleichterung darin lag. Vielleicht etwas von allem.
Wieso hatte er solche Furcht vor den gewappneten Rittern des Königs? Mehr und mehr war sie davon überzeugt, dass er ihr vieles verschwieg, das sie hätte wissen sollen.
Sie waren nur noch wenige Stände vom Ende des Markts entfernt, da hörten sie wieder laute Rufe hinter sich. Dieses Mal jedoch waren es nicht nur tiefe Männerstimmen, sondern auch die von kreischenden Frauen.
»Macht, dass ihr davonkommt, verfluchtes Engländerpack!«
»Wagt ja nicht, auf die Burg zu gehen, ihr dreckigen Speichellecker.«
»Wir schlagen euch alle Knochen ein, wenn ihr uns das Brot wegnehmt!«
Es waren Barden, die ebenfalls auf dem Markt aufgetreten waren und denen sie die Zuhörerschaft weggenommen hatten. Zwei junge Burschen in bunten Fetzen, drangen auf Brianna ein, ein dicker Alter drohte zitternd mit den langen Holzpfeifen seines Dudelsacks, während die Frauen sich vorerst noch im Hintergrund hielten.
»Was wollt ihr von mir?«, fauchte Brianna wütend. »Ich kann nichts dafür, dass ich die Fiedel besser spiele als ihr.«
Ihr zorniger Widerspruch kam schlecht bei den Kollegen an, die jungen Burschen packten sie und versuchten ihr die Fiedel zu entreißen, während die Frauen nun Mut fassten und auf Angus eindrangen.
»Schaut euch diesen blödsinnigen Grinser an. Hau ab nach England, Trommler. Von deiner Sorte haben wir hier schon genug.«
Angus wehrte sich nur schwach, denn ein solch feindlicher Ansturm des weiblichen Geschlechts war ihm noch nie begegnet. Brianna hingegen trat die jungen Barden heftig mit den Füßen und spuckte sie an. Die Flüche, die sie ausstieß, passten wenig zu ihrer zarten Erscheinung. Erst als einer der Burschen ihren langen Zopf fasste und sie beutelte, während der andere an ihren Armen zerrte, schrie sie, doch sie hielt die Fiedel immer noch mit verzweifelter Kraft an sich gepresst.
»Angus! So hilf mir doch. Sie zerreißen mir das Kleid..«
Er hatte eine Menge Püffe und Kratzer von den aufgebrachten Bardinnen eingesteckt, eine war ihm sogar an den Bart gefahren, eine andere hatte ihm die Trommel entrissen. Jetzt endlich wurde ihm die Sache gar zu lächerlich, er schüttelte die Frauen von
sich ab, bemächtigte sich der Trommel und stülpte sie über den Kopf des jungen Barden, der Briannas Handgelenke umfasst hielt. Es gab ein dumpfes Geräusch, das Ziegenfell zerplatzte und der Barde blieb stocksteif auf der Stelle stehen, halb betäubt, halb verblüfft, auf jeden Fall aber in völliger Dunkelheit.
Der andere ließ freiwillig Briannas Zopf fahren, denn Angus’ rot angelaufenes Gesicht und die kampfbereite Haltung hatten ihn erschreckt. Der Bursche, der gerade vorhin noch so harmlos und dümmlich gegrinst hatte, erschien dem Barden jetzt als wilden Berserker.
»Gehen wir, Freunde«, rief er und lief gleich als erster davon. »Wir haben’s ihnen gezeigt! Die haben genug.«
»Feige Bande«, rief Brianna hinter ihnen her. »Jämmerliche Ohrenschinder, Sackpfeifen, plumpe Tanzkühe!«
»Es reicht!«, sagte Angus und fasste sie am Arm.
Doch sie war viel zu aufgebracht, um zu schweigen. Schimpfend lief sie hinter ihm her, jammerte, dass ihr Kopf schmerze, sie jedes einzelne Haar spüre und ihr rechter Ärmel zerrissen sei. Ob er im Ernst glaube, sie würde sich solch einer Gruppe von Nichtskönnern anschließen?
»Musstest du ausgerechnet die Trommel nehmen«, jammerte sie. »Es ist jammerschade darum. Ein Schlag mit der Faust hätte auch genügt.«
Er hatte keine Lust zu antworten, denn der ganze Streit war so lächerlich, dass ihm nichts dazu einfiel.
»Du wirst heute Abend die Flöte spielen müssen«, schwatzte sie weiter.
Jetzt endlich blieb er stehen und starrte sie mit zornigen grauen Augen an.
»Heute Abend? Bist du verrückt geworden?«
»Wir haben eine
Weitere Kostenlose Bücher