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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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achtete sorgfältig darauf, ihm nicht zu nahe zu kommen. Stattdessen befahl er den Wächtern, sich rechts und links des Gefangenen aufzustellen und die Fackel so zu halten, dass er dessen Gesicht sehen konnte.
    Crow musterte den gefesselten Mann mit angewiderter Miene, dann zog er die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht.
    »Schlimm, wie man dich zugerichtet hat, MacDean. Aber es ist deine eigene Schuld.«
    Fast klang ein leises Bedauern in seinem Tonfall mit. Crow mochte kein Blut sehen, was ihn in einer Schlacht am meisten bekümmerte, war der hässliche Anblick von offenen Wunden und gebrochenen Gliedern.
    Angus gab Crow keine Antwort, es war ihm klar, dass diese Worte nur die Einleitung zu einem Verhör waren, und er wusste auch ganz genau, was Mathew Crow ihm entlocken wollte.
    »Ich hasse die Folter, MacDean«, fuhr Crow fort und entfernte angeekelt eine Spinnwebe von seinem Kleid. »Deshalb denke ich, dass wir uns auch ohne diese hässlichen Eisenstangen, Beile und glühenden Spieße einig werden können. Wie stehst du dazu?«
    Angus blinzelte, der Wächter hielt die Fackel so nah an sein Gesicht, dass sie ihm fast den Bart versengte.
    »Ich bin neugierig auf deine Vorschläge, Crow.«
    Der Statthalter zog die dünnen Augenbrauen in die Höhe, offensichtlich fand er, dass der Gefangene sich viel zu selbstbewusst benahm, denn er gab dem Wächter einen Wink. Ein harter Tritt riss Angus das rechte Bein weg, einen Moment lang hing er an beiden Handgelenken, spürte den elenden Schmerz in
den Armen, dann hatte er wieder Stand gefasst und lehnte schwer atmend gegen die Mauer.
    »Ich brauche nichts als ein paar Namen«, sagte Crow in freundlichem Ton. »Namen von schottischen Verrätern und die Orte, an denen sie Unterschlupf finden.«
    »Und wenn du bis zum Jüngsten Tag wartest, Statthalter - ich werde keinen meiner Freunde verraten!«
    »Schlimm für dich, MacDean, doch ich will dir nicht verhehlen, dass dein Schicksal sowieso besiegelt ist. Doch es gibt andere, denen du noch helfen könntest.«
    Er würde jetzt also versuchen, ihn zu erpressen. Angus wartete schweigend, spürte die Hitze der Fackel in seinem Gesicht und versuchte zugleich, einen klaren Kopf zu behalten.
    »Dein Bruder Gordon …«
    »Was ist mit ihm?«, entfuhr es Angus.
    Der Statthalter sah ihn lauernd an, dann klopfte er sich ein Stäubchen vom Ärmel und tat, als habe er unendlich viel Zeit.
    »Es wäre doch ein großes Unglück, wenn euer Vater gleich beide Söhne verlöre, nicht wahr?«
    »Wo ist mein Bruder?«
    »Nun, er ist - in der Nähe.«
    »Gefangen auf dieser Burg? Dann will ich ihn sehen.«
    »Du hast keine Forderungen zu stellen, MacDean.«
    Angus lachte Crow höhnisch ins Gesicht, dann bewegte er den Oberkörper, als wolle er sich von den Fesseln losreißen, und der Statthalter stolperte tatsächlich einen Schritt rückwärts. Der halbnackte Gefangene war trotz seiner Wunden und der Fesseln beeindruckend,
denn über seine Schultern zogen sich stattliche Muskelpakete, und seine Fußtritte waren kräftig …
    »Lassen wir deinen Bruder, MacDean«, sagte Crow mürrisch. »Wenden wir uns lieber der kleinen Bardin zu. Auch ihr Leben liegt in deiner Hand. Und nicht nur ihr Leben, auch ihre … Tugend. Falls sie eine solche besitzt.«
    Jetzt musste sich Angus mühsam bezwingen, denn eine unbändige Wut stieg in ihm auf. Verfluchte Fesseln, verdammte Schwäche. Wie gern hätte er diesen fetten, hinterhältigen Kerl mit einer einzigen Ohrfeige gegen die Turmwand geschleudert.
    »Sie ist ein hübsches Mädel und noch so jung. Würde es dir nicht Kummer bereiten, sie leiden zu sehen?«
    Angus spürte, wie seine Beine wieder heftig zitterten. Er musste jetzt ruhig bleiben, seine Chancen wahren, die Panik besiegen, die ihm das Denkvermögen raubte. Die Gedanken jagten sich in seinem Kopf. Wieso wollte er ihn nicht seinem Bruder gegenüberstellen? War Gordon gar nicht in Crows Händen? Oder war er längst tot?
    »Ich hasse die Folter«, wiederholte Crow mit bekümmerter Miene. »Vor allem sollte man keine jungen Frauen foltern, denn es ist schade um ihre Reize …«
    Er war ein Teufel, dieser fette Bursche mit seiner Leidenschaft für kostbare Gewänder und auserlesene Speisen. Angus wurde für einen Augenblick dunkel vor Augen, er stellte sich vor, wie man Brianna die Gewänder vom Körper riss, wie die Folterknechte ihren nackten Leib begierig anstarrten, die Eisen ins Feuer hielten, bis sie glühend waren … War er,

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