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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Schmerz wieder in die Wirklichkeit zurück. Doch er blieb hängen, stellte sich nicht wieder auf die Beine, er wollte diesen Schmerz spüren, denn die körperliche Qual half ihm, die Verzweiflung zu ertragen, die in seiner Brust tobte.
    Brianna war tot. Er hatte ihr nie gesagt, wie sehr er sie liebte. Vielleicht war es gut so. Und doch hatte er nie in seinem Leben etwas so tief bereut wie sein dummes, feiges Schweigen.

Kapitel 14
    Wer im Burgverlies eingeschlossen war, sah weder Sonne noch Mond und verlor jedes Gefühl für den Lauf der Zeit. Zweimal waren die Wächter zu ihn hinunter gestiegen, hatte ihm einen Krug mit Wasser an die Lippen gesetzt und versucht, ihn mit einigen Löffeln Haferbrei zu füttern. Das Wasser trank er gierig, den Brei spuckte er dem Wächter ins Gesicht.
    »Verfluchtes Schottenschwein! Morgen schaffen sie dich nach London, da werden sie dich vierteilen und deine Glieder einzeln auf den Schindanger werfen.«
    »Lass ihn doch. Ich hätte auch keinen Hunger an seiner Stelle.«
    »Wenn er uns verreckt, lässt Mathew Crow uns köpfen.«
    »Der verreckt nicht so schnell. Schau ihn dir doch an.«
    War es Tag oder Nacht? Die Wächter kamen lange Zeit nicht wieder, doch er hörte sie oben miteinander reden, sie hockten neben dem Einstiegsloch, um ihn zu bewachen. Mathew Crow musste ihm allerlei zutrauen. Wie sollte ein gefesselter Gefangener wohl ohne Leiter aus einem metertiefen Verlies steigen und dazu noch das schwere, eiserne Gitter heben?
    Seine Arme waren längst völlig taub, er spürte Übelkeit und einen ziehenden Schmerz am ganzen Körper, doch die lähmende Verzweiflung legte sich langsam, und sein Hirn begann wieder klar
zu arbeiten. Man hatte ihr Gewand gefunden, nicht sie selbst. Wieso war sie nicht mitsamt ihrem Kleid im Wasser versunken? Sie trug es eng an den Körper geschnürt - wieso hatte es sich gelöst? Es konnte sein, dass die Wächter über sie hergefallen waren, ihr Kleid zerrissen hatten, die Schnüre gelöst - dann war sie ihnen entschlüpft und aus dem Fenster gesprungen. Er wehrte sich gegen diesen Gedanken. Konnte es nicht auch sein, dass sie sich das Kleid im Burggraben abgestreift hatte, sich selbst aber retten konnte? Sie war schlau, seine Brianna. Sie konnte sich verstellen.
    Aber hätte sie den Sprung vom Mauerturm in den Graben überhaupt überleben können?
    Er beschloss, sich die Hoffnung zu bewahren. Auch Gordon war noch am Leben, er wollte es einfach glauben. Crow hatte ihn niemals auf Craigton Castle eingekerkert, oder Gordon war ihm entwischt. Ja, Gordon war längst oben in den Highlands und in Sicherheit.
    Er selbst hatte nur noch eine einzige Chance, dem sicheren Tod zu entgehen. Auf dem Weg nach London musste er einen Weg finden zu fliehen. Vielleicht würde Kelvin ihm dabei helfen? Wenn er einige ihrer Freunde zusammenholte? Die englischen Gewappneten in einen Hinterhalt lockte, sie verwirrte, so dass er die Gelegenheit fand, sich davonzumachen? Die Zeit war knapp, doch wie ihm schien, hatte man den Ritt hinausgeschoben. Vielleicht wegen des Wetters, die Engländer trauten dem Moor nicht bei Nebel, und sie hatten allen Grund dazu.
    Als die Wächter hinabstiegen, um ihn loszubinden, verlangte er Nahrung und aß eine Schale Brei leer. Mehr schaffte er nicht, denn die Schmerzen in den
Armen waren höllisch, da nun das Blut wieder in sie einschoss.
    Mathew Crow hatte wirklich Pech, denn der schottische Nebel zeigte sich von großer Beständigkeit. Anstatt sich aufzulösen, hingen die grauen Dunstwolken dichter als zuvor über Burg und Land, dazu war es kühl geworden, die Feuchtigkeit schien durch die Kleider bis auf die Haut zu dringen. Als man Angus auf einer Stute festband, stellte er fest, dass die Stimmung in der kleinen Truppe düster war. Die englischen Gewappneten hatten sich in ihre Mäntel gehüllt, einige trugen lederne Kappen, andere hatten die Kapuzen über die Köpfe gezogen - niemand freute sich auf diesen Ritt. Dem Gefangenen hatte man nicht einmal ein Hemd gegeben, er saß nur in der zerfetzten Hose zu Pferd - wen kümmerte es schon, wenn der Schotte sich jetzt noch einen Schnupfen holte?
    Angus war der Einzige, der sich über die Witterung freute, denn sie kam seinen Fluchtplänen entgegen. Auch Crow musste auf diesen Gedanken gekommen sein, denn man band zusätzlich zwei Lederriemen um den Körper des Gefangenen, deren Enden sich zwei der Gewappneten um die Handgelenke schlangen. Flankiert von diesen Bewachern bewegte sich Angus in der

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