Herzensstürme - Roman
Connor MacDean, imstande seine Freunde zu verraten,
um Brianna vor diesem Schicksal zu bewahren? Er schwankte. Wenn er es tat, dann würde er sich selbst dafür hassen, dann hatte er den schmählichen Tod in London wohl verdient. Und Brianna? Würde sie mit Liebe an ihn zurückdenken? Oder würde auch sie ihn als einen Verräter verachten?
»Nun?«, fragte Mathew Crow, denn er sah, dass sein Gefangener die Augen geschlossen hielt und schwieg.
»Ich will sehen, wie die Bardin heil und unbehelligt zum Burgtor hinausreitet, Crow. Oben auf deinem Bergfried will ich stehen und zusehen, wie sie den Weg zur Küste nimmt, ohne dass deine Männer ihr folgen. Nur dann werde ich reden. Wenn du sie aber folterst, werde ich schweigen, denn was wäre ihr Leben noch wert, wenn du ihr die Augen ausbrennst und ihren Körper entstellst. Dann ist es besser für sie, wenn sie stirbt.«
Jetzt begann Crow laut und hässlich zu lachen.
»Denkst du, ich kaufe die Katze im Sack, MacDean? Ich lasse das Mädchen gehen, und du erzählst mir hinterher Märchen? O nein - zuerst will ich nachprüfen, ob du mir auch die Wahrheit verraten hast, und nur dann darf sie die Burg verlassen.«
»Nein, Crow«, sagte Angus entschieden, obgleich er innerlich vor Angst um Brianna fast verging. »Ich verrate nicht meine Freunde, damit du mich hinterher betrügst und Brianna doch nicht freigibst. Es geht nur so, wie ich es gesagt habe - oder gar nicht.«
Crow starrte ihn an, und es war deutlich zu sehen, wie sein feistes Gesicht sich langsam rötete. Sein Mund verzog sich, die Augen verschwanden fast hinter den Fettpolstern seiner Wangen, er krallte die Finger in den hellblauen Samt seines Gewandes.
»Du wirst dich besinnen, wenn die Kleine erst vor Schmerzen winselt«, zischte er.
»Nein!«
»Meine Knechte wissen recht gut, wie man ein nacktes Weib besteigt …«
Angus Zähne knirschten, es war nicht mehr das Licht der Fackel, das vor seinen Augen tanzte, es war die Flamme einer ungeheuren, verzweifelten Wut.
»Ich rede nur, wenn sie frei und ungehindert aus der Burg reitet.«
Der Statthalter stieß einen keuchenden Laut aus und entriss dem Wächter die Fackel. Einen Augenblick lang glaubte Angus, Crow wolle ihm die brennende Fackel ins Gesicht stoßen, doch er tat es nicht.
»Sie wird diese Burg niemals wieder verlassen«, sagte er mit boshaftem Keuchen. »Sie liegt im Burggraben - die Wildscheine und Füchse werden sie fressen, wenn sie erst wieder aus dem Wasser hochkommt.«
Ein Gefühl eisiger Kälte wollte Angus erfassen, doch er wehrte sich innerlich dagegen. Das konnte nicht sein. Es war eine Lüge, um ihn zu quälen. Brianna lebte. Sie musste leben …
»Werft es herunter!«, rief der Statthalter. »Nun los. Seid ihr schon eingeschlafen, oder leckt ihr euch die Kratzer, die dieser dreckige Schotte euch verpasst hat?«
»Hier ist es, Herr.«
Ein schwerer, feuchter Stoff klatschte auf den Boden des Verlieses, und Crow wich eilig zurück, denn das ehemals bunte Gewand verströmte einen geradezu ekelhaften Gestank. Kein Wunder - man hatte es mit langen Stangen aus dem Burggraben gefischt. Von dem Mädchen war nichts mehr zu finden gewesen, das sumpfige Wasser hatte sie wohl in die Tiefe gezogen.
»Glaubst du es jetzt?«, fragte er hämisch. »Das dumme Weib hat sich vom Mauerturm in den Burggraben gestürzt. Du siehst, wie du deine Freunde in den Tod treibst, Schotte. Aber sei ruhig - auch wenn du nicht redest, bist du für mich ein guter Fang, für den ich in London reich belohnt werde.«
Angus sah nicht mehr, wie Crow die Leiter hinaufstieg, er bemerkte nicht einmal, dass sie die Fackel mitnahmen und er in völliger Dunkelheit zurückblieb. Vor seinen Augen stand der Mauerturm, breit und trutzig, mit Zinnen bewehrt. Aus dem obersten, schmalen Fenster löste sich die Gestalt eines Mädchens, er sah ihr wehendes, goldfarbiges Haar, das flatternde Gewand, sie glich einem bunt gefiederten Vogel, der sich in den Himmel erheben wollte. Klatschend schlug ihr Körper auf das dunkle Wasser auf, tauchte ein, kam für einen Augenblick wieder empor und das weite Kleid breitete sich auf der Wasseroberfläche aus. Er sah ihr angstverzerrtes, bleiches Gesicht, die hilflosen Bewegungen ihrer Arme, dann sank ihr Körper langsam in die sumpfige Tiefe. Nur das weite Gewand schwamm noch auf der schwarzen Brühe wie ein bunt bestickter Teppich.
Die Kälte hatte ihn eingeholt, seine Beine knickten unter ihm ein, und erst nach einer Weile warf ihn der
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