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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Vorerst war es zu dunstig, um den Sprecher erkennen zu können, zumal die Reiter ihn verdeckten. Dann jedoch hörte man das grobe Gelächter des Statthalters, und Angus erkannte die Form eines Wagens. Es war eher ein Karren, zweirädrig mit einem hölzernen Aufbau, über den eine Plane gespannt war.
    »Du bist der lumpigste Barde, den ich jemals zu Gesicht bekam«, sagte Crow verächtlich. »Was treibst du dich hier im Nebel herum, wie? Bist wohl gar ein schottischer Spion?«

    »Ich schwöre bei der Jungfrau Maria, dass ich ein ehrlicher Mann bin, Sir«, rief Logan, der die Hände an die Brust gelegt hatte. »Ich bin Engländer und hasse dieses grauenhafte, düstere Schottland …«
    »Dann solltest du von hier verschwinden, Barde. Schieb deinen Karren zur Seite, damit wir passieren können.«
    Trotz des dichten Nebels war zu erkennen, dass Logan recht mitgenommen aussah. Sein Bart war zerzaust, die Augen entzündet, auch sein Gewand hatte Flecke und Risse abbekommen. Es war vermutlich nicht ganz einfach gewesen, den Karren ohne Zugtier fortzubewegen.
    »Ich gehorche, Ihr Herren. Sofort will ich tun, was Ihr verlangt«, stotterte er. »Allerdings … wenn es nicht zu viel Mühe macht … ich suche eine Bardin. Blond, zierlich, dunkle Augen …«
    Crow wurde ungeduldig. Der Barde zerrte zwar an seinem Karren herum, das Gefährt schien sich jedoch kaum zu bewegen, denn die Räder steckten tief im schlammigen Boden fest. Er gab zwei Gewappneten den Befehl, abzusteigen und die verdammte Karre vom Weg zu entfernen.
    »Blond, zierlich, dunkle Augen«, wiederholte Crow. »Schau an - du kennst die Kleine?«
    »Sie hat mich bestohlen, das Luder … Mein Pferd hat sie genommen, mein Kleid, meine Instrumente …«
    Mathew Crow schien nachzudenken, ob es sich lohnte, den Schwätzer, der ganz sicher ein schottischer Spion war, mit nach London zu nehmen, doch er sah davon ab. Der Ritt war auch so schon schwierig genug, wozu sollte er sich mit einem zweiten Gefangenen belasten?

    »Pech für dich, Barde. Die Kleine ist vor zwei Tagen im Burggraben ersoffen. Du wirst weder Pferd noch Kleid zurückbekommen.«
    Logan stolperte rückwärts, denn die Gewappneten hatten den Wagen endlich aus dem Schlamm befreit und ihn dem Barden um ein Haar über die Füße gerollt.
    »Ersoffen? Vor zwei Tagen?«, stammelte er. »Aber das kann doch gar nicht sein - sie hat mich noch heute früh bestohlen, die verfluchte Hexe!«
    Crow bedachte ihn mit einem langen Blick, wie um festzustellen, ob der Alte vielleicht nicht ganz richtig im Kopf war.
    »Wer immer dich beklaut hat, Barde«, sagte er und trieb sein Pferd an. »Die Kleine war es jedenfalls nicht.«
    Fassungslos sah Logan die Reiter an sich vorüberziehen, während sein Wagen neben dem Fahrweg langsam im Moor versank. Erst als er den Gefangenen erblickte, änderte sich sein Gesichtsausdruck, er kniff die Augen zusammen, erkannte Angus wieder, und der Ausdruck befriedigter Häme breitete sich auf seinen Zügen aus.
    »Da hat es ja den richtigen erwischt«, murmelte er.
    Schon nach wenigen Minuten waren Barde und Karren im Nebel verschwunden, die Männer ritten langsam aber stetig voran, kümmerten sich weder um den Ruf des Regenvogels noch um die niedrigen Baumstümpfe, die immer wieder vor ihnen auftauchten, und manchem wie kleine, hockende Männlein erschienen.
    Angus hatte Mühe, seine Aufregung zu verbergen. Sie lebte, er hatte recht vermutet. Brianna war nicht tot, ganz im Gegenteil, sie war entkommen, denn Logan
hatte sie noch heute früh gesehen. Er würde jetzt handeln müssen, denn wenn sie das Moor erst hinter sich gelassen hatten, würde seine Flucht nicht einfacher werden.
    Man hatte ihm die Hände auf den Rücken gefesselt, auch die Füße waren durch einen Riemen, der unter dem Pferdebauch hindurchführte, aneinandergebunden. Dennoch war er in der Lage, das Pferd durch den Druck seiner Schenkel zu lenken, er musste nur den richtigen Moment abpassen. Wenn er plötzlich davonritt und gut im Sattel saß, würde er seine beiden Bewacher überraschen, vielleicht sogar aus dem Sattel reißen, auf jeden Fall aber dazu bringen, die Riemen loszulassen.
    Er beobachtete die beiden aus den Augenwinkeln, wartete ab, ob ihre Aufmerksamkeit nachließ, und hoffte auf irgendeine Kleinigkeit, die sie von ihm ablenken würde. Ein merkwürdig geformter Baum, ein Windstoß, der den Nebel bewegte, irgendein Dummkopf, der sein Pferd in den Morast lenkte …
    »Da«, hörte er es flüstern.
    »Verflucht.

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