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Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Titel: Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Ton herauszubringen. Der leichte Uringeruch im Zimmer wurde mit einem Mal stechend. Marin hatte vor Angst das Wasser nicht mehr halten können. Roxy nahm seine Hand und deutete an, dass er sie auf den Schnitt drücken solle, wie sie es ihm erklärt hatte. Tatsächlich ließ die Blutung ein wenig nach, als er die Finger dagegenpresste. Roxy schloss kurz die Augen, als sie den Geruch des Bluts wahrnahm. Marin starrte sie entgeistert an, als sie begann, sich genüsslich die blutverschmierten Finger abzulecken. Sie musste sich beherrschen, um sich nicht zu ihm hinunterzubeugen und ihn auszusaugen. Sie hatte in der Vergangenheit gelernt, ihren Hunger zu zügeln. Ein paar Tropfen genügten ihr einstweilen. Sie dienten auch dem Zweck, dass sie Frank Marin überall so sicher wie mit einem GPS-Signal würde aufspüren können. Es war, als hätte sie seinen Datensatz bei sich gespeichert.
    An all dem war Dagan Krayl schuld. Ja, er hatte sie gerettet, er hatte sie aber gleichzeitig mit diesem abartigen Verlangen nach Leben gezeichnet – ohne Vorwarnung und ohne ein Wort zu sagen.
    Jetzt war sie allein damit, und Dagan Krayl war vermutlich tot. Maßlose Wut stieg in ihr auf. Hätte sie gewusst, wie sie es anstellen sollte, hätte sie Krayl am liebsten wieder ausgegraben, um ihn noch einmal mit eigener Hand zu töten. Oder sich wenigstens vergewissert, dass er wirklich tot war. Oder noch einmal sein Gesicht gesehen. Es war alles so schizophren.
    Marins Blick aus hervorquellenden Augen ging rastlos zwischen ihr und dem Telefon hin und her.
    „Tja, wie soll man sich entscheiden?“, stichelte Roxy. „Ich würde übrigens meine Kraft nicht damit vergeuden, um Hilfe zu rufen. Ich habe nachgesehen. Die Einzige, die im Motel ist, ist das Mädchen am Empfang, und die schläft vermutlich den Schlaf der Gerechten.“ Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: „Eine Fragehätte ich aber noch, Marin, und lüg mich nicht an. Ich merke sofort, wenn du nicht die Wahrheit sagst.“ Das war zwar auch nicht ganz die Wahrheit, aber woher sollte er das so genau wissen. „Hast du die Kleine angefasst?“
    Er drückte mit aller Kraft auf die Wunde. „Ich habe sie nicht berührt. Ganz bestimmt nicht“, brachte er mit Mühe hervor. „Ich durfte es gar nicht. Sie war ja nicht für mich bestimmt, sondern für die Setnakhts.“
    Sie tätschelte ihm beinahe freundlich die Wange. „Das glaube ich dir sogar.“ Es hatte weniger etwas damit zu tun, dass sie seinen Worten traute, als damit, dass sie dank ihrer Recherchen wusste, dass er wegen Belästigung kleiner Jungen vorbestraft war, es hatte sich nicht um Mädchen gehandelt.
    Alles, was Marin jetzt noch von sich geben konnte, war ein unartikuliertes Gebrabbel, mit dem er mehr im Selbstgespräch um Gnade winselte. Alle Spielarten der Todesangst spiegelten sich auf seinem Gesicht wider. Für den, der Frank Marins Charakter kannte, wäre es sicher eine Freude gewesen, es mit anzusehen.
    Roxy dachte, dass er immerhin noch die Möglichkeit hatte, den Telefonhörer mit den Zähnen abzunehmen und mit der Nasenspitze den Notruf „911“ zu wählen, aber sie war nicht in der Stimmung, ihm Tipps zum Überleben zu geben. Stattdessen schlug sie ihm mit dem Handrücken ins Gesicht und meinte abschließend: „Leider kann ich nicht so lange bleiben, um zu sehen, wie dieses Spiel ausgeht. Zu schade. Viel Glück, Marin.“
    Sie ging zum Wandschrank. Auf dem Weg zog sie ihre Jeansjacke aus und sah nach, ob sich Blutflecken darauf befanden, konnte aber keine entdecken.
    Sie zwang sich, nach diesem abstoßenden Intermezzo zu lächeln, und öffnete die Schranktür nur halb, damit das Mädchen das Blutbad auf dem Bett nicht sah. Dana hockte noch immer in der Ecke, hielt ihr Plüschkätzchen eng umschlungen und sang ihm mit leiser Stimme etwas vor. Als sie Roxy sah, verstummte sie.
    „Komm. Es ist Zeit, dass wir verschwinden“, sagte Roxy. Sie nahm die muffige Decke weg, legte dem Kind ihre Jacke um die Schultern und hob es auf die Arme. Das Mädchen ließ es geschehen, aber Roxy merkte, wie angespannt und ängstlich es noch immer war. Die letzten Stunden hatten ihre Spuren hinterlassen. Sie drückte das Kind fest an sich, darauf bedacht, dass sie keinen Blick auf Marin werfen konnte, und hoffte, dass die Musik aus den Kopfhörern Marins Gestöhne übertönte. Als sie die Zimmertür hinter sich schloss, hörte Roxy Marin noch einmal aufheulen.
    Dana auf dem Arm, die sich wie ein Äffchen an sie klammerte und ihrerseits

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