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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Schokoladenpapier, Reisepaß und anderen Dokumenten einen Briefumschlag hervor, der in Honolulu abgestempelt war. Mickeys letzter Brief war in großer Eile hingeworfen, da sie gerade ihr zweites Jahr am Great Victoria begonnen und für private Dinge kaum einen Moment Zeit hatte. In dem Umschlag steckten außerdem ein Foto von Ruth, das sie, mit der elf Monate alten Rachel auf dem Arm und sichtlich schon wieder schwanger zeigte, und eine Polaroidaufnahme von Mickey am Strand von Waikiki. Sondra blickte lächelnd auf die beiden Gesichter und dachte: Ich bin hier, ihr beiden. Ich hab’s geschafft.
    Derry kletterte in die Maschine. Ehe er den Motor anließ, wandte er sich Sondra zu und sagte: »Wollen Sie beten?«
    »Wie bitte?«
    »Ob Sie beten wollen, ehe wir starten.«
    Sie zwinkerte verdutzt. »Ich hab’ vielleicht Angst vorm Fliegen, aber deswegen brauchen Sie sich nicht darüber lustig zu machen.«
    Eine Sekunde lang veränderte sich sein Gesicht, wurde offener, als er leicht die dunklen Brauen hochzog, und der Schatten eines Lächelns um seinen Mund spielte.
    »Verzeihen Sie. Ich wollte mich nicht über Sie lustig machen. Die Leute von der Mission sprechen immer ein Gebet vor dem Aufbruch, selbst wenn sie zu Fuß gehen.«
    »Oh«, sagte Sondra verlegen. »Entschuldigen Sie. Das wußte ich nicht.« Verwirrt wandte sie sich ab. »Nein – danke.«
    Sie flogen über eine Landschaft sanft gewellter grüner Hügel, die von kahlen Flecken roter Erde durchsetzt war. Sondra konnte sich nicht sattsehen. Weit vorgebeugt saß sie in ihrem Sitz und starrte so angespannt hinunter, als wolle sie sich diesen Blick für immer einprägen. Nach einer Weile wich das Grün bräunlichen Grasflächen, auf denen krüppelhaft kleine Bäume wuchsen.
    »Schauen Sie da!« rief Derry laut, um das Donnern der Maschine zu übertönen. »Sie haben Glück. Meistens ist der in den Wolken, und man bekommt ihn gar nicht zu sehen.«
    {125}
    Sondra blickte mit großen Augen auf den schneebedeckten Berg, der sich aus der Ebene erhob.
    »Ist das der Kilimandscharo?« fragte sie beinahe ehrfürchtig.
    »Ja. In Suaheli heißt
kilima
kleiner Hügel. Es ist also der kleine Hügel mit dem Namen Ndscharo.«
    In lavendelblauen Hügelketten und leuchtenden roten und lohfarbenen Matten, auf denen unter Gruppen flachkroniger Bäume Herden wilder Tiere grasten, entfaltete sich die afrikanische Landschaft unter Sondras Blick. Ihr war, als werde ihr ein Blick in die Vergangenheit gegönnt, auf die Erde, wie sie zu Urzeiten gewesen war. Sie war so überwältigt, daß ihr die Worte fehlten. Ein Gefühl überkam sie, als wäre sie leichter als Luft, ein beinahe lähmender innerer Jubel. Sie kannte es, sie hatte es vor beinahe fünf Jahren schon einmal erlebt, als Rick Parsons einem kleinen Jungen ein neues Leben geschenkt hatte. Es war ein beinahe mystisches Gefühl gewesen, ein plötzliches inneres Wissen um den Platz, den das Leben ihr zugedacht hatte. Jetzt verspürte Sondra es wieder, genau wie damals, und es ließ sie erschauern.
    Als Derry die Maschine nach Osten zog, sah Sondra unten rote Wüste, eine nackte, strenge Urlandschaft, die sie an Landschaften des amerikanischen Südwestens erinnerte. Brüllend erklärte ihr Derry, daß dies der Tsavo Nationalpark sei, eines der größten Tierreservate der Welt. Die nackte rote Erde schien sich bis an den fernen Horizont zu dehnen.
    Plötzlich entdeckte Sondra unten etwas und rief laut: »Was ist das da unten?«
    Derry griff nach einem Feldstecher. »Ein Elefant«, antwortete er nach einem kurzen Blick und reichte ihr das Glas. »Und er lebt noch.«
    Sondra warf nur einen Blick in die Tiefe und zog das Glas wieder von den Augen.
    »Er stirbt«, rief Derry. »Darum liegt er auf der Seite. Er ist von Wilderern angeschossen worden. Diese Schweine warten, bis die Tiere zu einem Wasserloch kommen, dann schießen sie sie einfach ab. Sie spicken die Elefanten mit Giftpfeilen und verfolgen sie, wenn sie sich halbtot davonschleppen. Meistens dauert es Tage bis so ein Tier verendet. Wenn es dann endlich tot ist, fallen die Kerle über den Kadaver her, hacken ihm die Stoßzähne ab und überlassen den Rest den Geiern.«
    »Kann man dagegen denn nichts unternehmen?«
    »Was denn? Der Park ist achttausend Quadratmeilen groß, alles Wildnis. Und überwacht wird er vielleicht von einer Handvoll Leuten. Was sollen die gegen die Wilderer ausrichten? Nein, solange die reichen Industrienationen bereit sind, für Elfenbein und

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