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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greta Schneider
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Kopf. „Nicht was Sie jetzt denken“, versetzte er mit einem spöttischen Blick. „Alles rein professionell, natürlich.“
    Ich biss mir auf die Unterlippe, um die Antwort herunterzuschlucken, er wisse doch gar nicht, was ich denke.
    „Bitte, Frau Jung. Wenn Sie so schauen, dann muss ich mir sehr überlegen, ob ich Leo König nicht doch noch mal in die Quere komme.“ Seine Stimme klang unbeteiligt, aber in seinen blauen Augen funkelte es.
    „Sie bringen mich in Verlegenheit.“
    „Nein. Das versuche ich ja gerade zu vermeiden.“ Er gab sich einen Ruck. „Wir sind uns einig. Ich mag Sie, und Sie mögen mich. Das ist schön zu wissen. Unter anderen Umständen hätte sich daraus vielleicht etwas ergeben. Aber es macht überhaupt nichts, dass es anders ist. Könnten Sie sich eventuell vorstellen ... ein kollegiales Verhältnis ...?“
    Und wie ich mir das vorstellen kann. Leo hin, Leo her. „Kommt drauf an, was Sie darunter verstehen.“
    „Das verrate ich Ihnen nach Ihrer mündlichen Examensprüfung.“ Er nahm meine Hand und drückte sie in einer freundschaftlichen Geste. Obwohl ich diese Änderung unserer Beziehungsebene irgendwie bedauerte, unterdrückte ich ein Aufatmen. Es ist schwer, einer dauernden Versuchung zu widerstehen, wenn man keine Alternativen zur Verfügung hat.
    Meine Examensprüfung. Bald würde ich die Ladung dazu bekommen. Was, wenn ich dann noch hier drin saß?
    „Dr. Krawczyk, bald werde ich meine Noten bekommen ... und dann?“
    „Es gibt Nachholtermine für die mündlichen Prüfungen. Krankheiten, Unfälle und so weiter passieren doch dauernd. Also keine Angst. Ihr Bruder leert übrigens jeden Tag Ihren Briefkasten. Wenn wichtige Post darin ist, bringt er sie mir. Ich besuche Sie, sobald wir Post vom Justizprüfungsamt haben.“
    Er lehnte sich wieder zurück. „Es gibt Nachbarn von Ihnen, die wurden noch nicht befragt. Kennen Sie den einen oder anderen, der vielleicht tagsüber zu Hause ist?“
    Mir fiel keiner ein. Ich kannte ja auch nur Dr. Dr. Jahnke etwas näher. Doch was er tagsüber machte ...
    „Genau dieser Dr. Dr. Jahnke, der fehlt hier. Sie sagen, er sei ein wenig schwierig im Umgang?“
    „Er verträgt keinen Lärm. Jedes Geräusch nach 20 Uhr lässt ihn zum Besenstiel greifen. Damit klopft er dann an die Heizung.“
    „Klingt nach einem Pedanten. Der wäre ein guter Zeuge. Komisch, dass er sich auf das Schreiben der Polizei nicht gemeldet hat. Das passt gar nicht zu solchen Typen.“ Dr. Krawczyk machte sich eine weitere Notiz. Er kramte in seiner Aktentasche.
    „Bevor ich es vergesse: Hier ist ein Brief von Ihrem Bruder. Er hat mich als Boten engagiert, damit die Kontrollen nicht so lange dauern“. Er überreichte mir einen großen und gut gefüllten Briefumschlag und zwinkerte verschwörerisch. „Wenn Sie antworten, dann bitte auch nur über mich, sonst kriegt die Staatsanwältin noch ´raus, dass ich Post hereinschmuggle.“
    „Ich verspreche es. Vielen Dank!“ Der Umschlag enthielt mehr als nur einen Brief von Max, das konnte ich fühlen. Ich konnte es kaum erwarten, ihn nachher in der Abgeschiedenheit meiner Zelle zu öffnen.
    „Herr Dr. Krawczyk, ich habe noch eine Bitte. Wir müssen meiner Mitgefangenen Olga irgendwie helfen. Sie hat mir da was erzählt …“
    Er seufzte. „Sie sollten sich doch nichts erzählen lassen. Hören Sie bloß auf mich!“
    „Sie braucht einen Verteidiger. Nach dem, was sie mir gesagt hat, hat sie ihren Mann erschlagen. Aber nicht direkt aus Notwehr. Für mich hörte es sich wie Mord an.“
    „Bitte, sagen Sie mir bloß nicht, wie sie es gemacht hat. Wenn Sie ihr helfen wollen, diktieren Sie ihr einen Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers. Sie kann jetzt schon einen haben, Sie kennen doch die Strafprozessordnung.“ Ein strafender Blick. „Oder müssen Sie das etwa nachlesen?“ Jetzt funkelten seine Augen spöttisch.
    „Nein, nein“, log ich. Au weia. Ich musste das unbedingt noch mal nachschlagen vor meiner mündlichen Prüfung.„Können Sie mir sagen, was sie da reinschreiben soll? Ich möchte ihr so gerne helfen. Dieses Monster von Ehemann hat Zigaretten auf ihr ausgedrückt.“
    Er stöhnte, gab sich aber einen Ruck. „Na gut. Schreiben Sie mit. Aber wehe, Sie können mir das nicht nach Ihrem Examen auswendig ´runterbeten. Und dass Sie´s wissen: Ich mache das nur, weil Sie es sind.“
    Er diktierte mir einen formvollendeten Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers gemäß § 140 Absatz 2 der

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