Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzgespinst - Thriller

Herzgespinst - Thriller

Titel: Herzgespinst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
gehabt hatten. Und es war auch wahr, dass Julia viel zu viel getrunken hatte. Allerdings hatte Luis gewissenhaft dafür gesorgt, dass sie ständig genügend Nachschub bekam. Hätte Oliver anstelle von Annika hinter der Bar gestanden, wäre es erst gar nicht so weit gekommen. Aber das war natürlich Schnee von gestern. Möglich, dass Luis es geschafft hatte, ihren angetrunkenen Zustand auszunutzen und sie zu küssen.
    Aber niemals im Leben hätte Julia freiwillig mit Luis geschlafen. Dafür legte Oliver die Hand ins Feuer.
    Julia gehörte nicht zu den Mädchen, die wahllos mit jemandem ins Bett gingen. Auch wenn er sie in der Scheune nicht danach gefragt hatte. Er war sicher, dass er der Erste gewesen war, mit dem sie überhaupt geschlafen hatte.
    Eigentlich war sie nämlich immer noch das kleine schüchterne Mädchen, das sich nicht einmal traute, auf einen Traktor zu klettern. Da trieb sie es nicht einfach mal tagsüber mit Oliver hinter Bühne und nachts mit Luis am Fluss.
    Klar, dass Tom seinen Gitarristen verteidigte. Die beiden waren schließlich eine halbe Ewigkeit beste Freunde. Aber Luis war ein unberechenbarer Kiffer, der völlig verrückt nach Julia war. Das hatte ihm Julia selber gesagt. Nicht Oliver musste der Realität ins Auge sehen, sondern Tom.
    Gerade als der Streit zwischen Tom und Oliver zu eskalieren drohte, hatte Kurt Jansen angerufen. Er wollte mit Oliver über den gestrigen Abend reden, am besten in seinem Büro. Oliver hatte zwar keine große Hoffnung, dass er ihm weiterhelfen konnte, aber natürlich machte er sich sofort auf den Weg.
    Das Büro von Kurt Jansen sah gar nicht aus wie der Arbeitsplatz eines typischen Polizisten. Es war spartanisch, aber gemütlich. Vor allem wunderte sich Oliver über die Musikanlage und die vielen CD s, die den Raum dominierten. In Filmen sahen Ermittlerbüros deutlich anders aus.
    »Guck dir ruhig alles an«, forderte ihn Jansen auf, nachdem er ihn begrüßt hatte.
    »Ich habe ein Gerät geschenkt gekriegt, mit dem ich meine alten Schallplatten digitalisieren kann«, sagte er und zeigte auf das überfüllte Regal. »Damit habe ich die letzten Weihnachten rumgekriegt. Solche Feste sind nicht mein Ding.«
    Die meisten Titel stammten von Bands, die bereits auf der Bühne standen, als Oliver noch gar nicht geboren war. Anscheinend war Jansen auch ein Fan von Radiohead . Von denen hatte er nämlich ein halbes Dutzend CD s. Oliver konnte sich nur an ihren bekanntesten Song »Creep« erinnern. Er hatte das Lied erst kürzlich gecovert.
    »Euer Auftritt gestern war genial«, lobte Kurt Jansen und machte es sich auf einem abgewetzten blauen Sofa bequem. Es sah aus, als wäre es richtig teuer gewesen.
    Als ob er Olivers Gedanken lesen könnte, sagte er: »Das Sofa habe ich mir vor Jahren von meinem Urlaubsgeld gekauft, so viel Geld hat die Polizei nicht übrig für ihre Beamten.« Er klopfte auf die harten Polster. »Aber ich finde, ein Raum, in dem man so viel Lebenszeit verbringt, muss persönlich sein«, sagte er. »Sogar im Knast ist das üblich.«
    Oliver fand den Vergleich zwischen dem Büro eines Hauptkommissars und einer Gefängniszelle etwas weit hergeholt, aber er sagte nichts. Allmählich erinnerte er sich daran, dass Kurt Jansen bereits damals während der Unfallermittlung höchst seltsame Zusammenhänge hergestellt hatte. Das war einer der Gründe, warum Julias Mutter so sauer auf ihn geworden war. Sie fand, dass er Fragen stellte, die ihm nicht zustanden.
    Oliver setzte sich ihm lieber gegenüber in einen Sessel und sagte: »Du warst also gestern tatsächlich auf unserem Konzert? Finde ich ja cool.«
    Kurt Jansen nickte. »Das ist ja wohl Ehrensache. Außerdem hatte ich dich schon singen gehört, war also kein Risiko.« Er lachte offen. »Wo geht es jetzt mit dem nächsten Auftritt weiter?«
    Olivers Gesicht verfinsterte sich. »Erst einmal gar nicht bis die Sache geklärt ist. Ich komme gerade von Tom.«
    Kurt Jansen stieß einen Pfiff aus. »Das ist konsequent. Alle Achtung. Wenn es sich tatsächlich bestätigen sollte.« Er sprach das Wort Vergewaltigung nicht aus.
    Oliver sah ihn überrascht an. »Ist ja wohl klar.«
    Kurt Jansen sah Oliver gespannt an. »Ach. Hast du noch etwas Neues für mich?«
    Oliver schüttelte den Kopf. »Nein, das nicht. Aber Julia hat dir doch erzählt, wie es gewesen ist.«
    Kurt Jansen stand auf und wechselte an seinen Schreibtisch. Er nahm eine Akte in die Hand und blätterte eine Weile wortlos darin. Erst dann sagte er:

Weitere Kostenlose Bücher