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Herzgespinst - Thriller

Herzgespinst - Thriller

Titel: Herzgespinst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Sie wollte gerne, dass Oliver auch mitkam, aber er durfte nicht. Seitdem hatte sie nicht mehr mit ihm gesprochen.
    Erst als Oliver in der Scheune ankam, sank sein Adrenalinspiegel. Die ganze Strecke über hatte er sich abwechselnd ausgemalt, wie er den nervigen Trucker mit ein paar Handkantenschlägen ausschaltete und Luis die Abreibung verpasste, die er verdiente.
    Es war ewig lange her, dass Oliver sich solche Gewaltfantasien erlaubt hatte.
    Er war in den letzten Jahren auch sehr gut ohne ausgekommen. Überhaupt war er nach der Therapie so gut wie nie mehr wütend gewesen. Mit dem Tod von Julias Vater hatte sich so manches in seinem Kopf geändert.
    Aber jetzt war die Wut wieder da und er begrüßte sie wie einen alten Bekannten.
    Schade, dass der gestrige Abend so beschissen geendet hatte. Luis hatte nicht nur Julia respektlos behandelt und sie gedemütigt, er war auch dafür verantwortlich, dass Olivers Träume, noch bevor sie so richtig Wirklichkeit waren, zu zerplatzen drohten und dafür sollte er büßen.
    Sein Handy klingelte. »Julia?«, rief er in den Lautsprecher, ohne auf das Display zu schauen.
    »Nein, Shiva.«
    Oliver spürte, wie sich sein Herzschlag augenblicklich verdoppelte.
    »Shiva!«, sagte er und seine Stimme zitterte plötzlich, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. »Das ist echt super, dass du anrufst.«
    Shiva lachte. »Warum glaube ich dir das jetzt? Obwohl du eigentlich mit Julia telefonieren wolltest und heute Morgen einfach verschwunden bist, ohne mich zu wecke n? Ich frage mich schon die ganze Zeit, womit ich dich verjagt habe.«
    Oliver bekam augenblicklich Ohrensausen.
    »Nein, ja, so ist es doch gar nicht, aber stimmt, es ist was mit Julia passiert, deshalb habe ich auch, dachte ich, dass sie … aber das hat echt nichts mit uns zu tun …« Er sprach nicht weiter. »Glaub mir, das ist alles total kompliziert.«
    Shiva lachte erneut. »Hört sich so an«, sagte sie. »Hast du Lust mich später trotzdem wiederzusehen? Ich muss heute nämlich nur die Kindervorstellung am Nachmittag spielen. Heute Abend ist Boxen.«
    »Auf jeden Fall«, antwortete Oliver eilig. »Ich räume noch schnell meine neue Wohnung auf. Ich bin gerade umgezogen.«
    »Was? Machst du Witze oder hast du einfach einen Knall?«
    »Beides. Ich komme gegen fünf zu dir. Dann erkläre ich dir alles.« Er legte auf.
    Er streckte sich auf dem Stroh aus und starrte in die dunklen Balken hinauf. Heute Nacht hatte er endlich mit Shiva geschlafen und sich dabei rettungslos in sie verliebt.
    Das Leben war wirklich unberechenbar schön und gleichzeitig total bescheuert.
    »Julia? … Julia! Wo bist du denn? … Julia!!!« –
    Sie hörte ihre Mutter nach ihr rufen, aber sie hatte keine Lust zu antworten.
    Sie hatte sich ein schlabbriges Sommerkleid angezogen, das ihre Kratzer und blauen Flecken einigermaßen bedeckte und hatte sich durch die hintere Tür ins Freie geschlichen, ohne dass ihre Mutter es bemerkt hatte.
    Hinter den abgeernteten Stachelbeersträuchern stand eine alte Holzbank. Die hatte ihr Vater selber gebaut. Als Julia noch klein war, hatte er oft mit ihr und Oliver dort gesessen und ihnen Märchen vorgelesen. Oliver wollte tausendmal Hänsel und Gretel hören, Julia mochte Schneewittchen am allerliebsten.
    Ihr gefiel vor allem, dass sich Schneewittchen nicht gleich unterkriegen ließ und es sogar schaffte, den strengen Jäger rumzukriegen. Dumm von Schneewittchen fand sie allerdings, dass sie sich gar nicht richtig wehrte. Sie war sicher, dass ihr die Sache mit dem Kamm und Gürtel nicht passiert wäre. Genauso wenig wie sie einen vergifteten Apfel gegessen hätte. Im Gegenteil. Sie hätte den Spieß einfach umgedreht. Schneewittchen hätte sich nehmen sollen, was ihr zustand, fand Julia. Nur weil sie so tatenlos blieb, wäre sie sogar beinahe gestorben. Dabei hatte die böse Stiefmutter den Tod viel mehr verdient.
    Julia setzte sich auf die Holzbank und schaltete ihr Handy ein.
    Bin wieder zu Hause. Kommst du vorbei?
    Sie drückte auf Senden und wartete. Oliver ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Nach einer Weile schickte sie eine zweite SMS hinterher.
    Es geht mir nicht so gut.
    Sie hörte, wie ihre Mutter das Auto aus der Garage holte und wegfuhr. Erleichtert atmete Julia auf. Momentan hielt sie ihre Mutter einfach nicht aus.
    Vielleicht hatte sie mit einem Anruf bei Oliver mehr Glück. Aber gleich nach dem ersten Klingeln sprang die Mailbox an.
    »Melde dich doch endlich, Olli!«, rief sie ärgerlich und

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