Herzgesteuert: Roman (German Edition)
erst mal einen Platz am Besprechungstisch anbietet und uns etwas zu trinken bringen lässt.
Sie heißt Charlotte Sandmann, hat eine blonde, flotte Frisur, ein offenes, herzliches Gesicht und eine angenehme Stimme. Sie ist schlank und sportlich, trägt eine hellblaue Hemdbluse und einen beigen Hosenanzug.
Nachdem sie sich unsere Geschichte angehört hat, stellt sie ihre Kaffeetasse ab und schaut Fanny freundlich an. »Wenn ich dich also richtig verstehe, möchtest du den Mann nicht zusätzlich belasten, sondern in Schutz nehmen?«
»Ja«, sagt Fanny bestimmt »Er ist absolut nett. Er kann Mathe. Und er ist Pilot.«
Frau Sandmann wirft mir einen zweifelnden Blick zu: »Das passt allerdings zu unserem Täterprofil.« Sie steht auf, geht in einen Nebenraum und kehrt mit Fannys Schmusekissen zurück: »Kommt dir das bekannt vor?«
Erschrocken zucke ich zusammen. Na toll. Gar nicht gut.
»Ja!«, schreit Fanny und reißt das Kissen an sich. »Das ist mein Lieblings-Schmusekissen!« Als sie den wissenden Blick von Frau Charlotte Sandmann bemerkt, fügt sie noch schnell hinzu: »Das habe ich ihm aber geschenkt! Zum Dank! Weil er so nett war!«
Frau Sandmann wirft mir einen weiteren bedeutungsschwangeren Blick zu, geht wieder in den Nebenraum und kommt mit meinem Geldkoffer zurück. »Und der hier?«
Mir fährt der nächste Schreck in die Glieder.
Ich lächle mit zusammengebissenen Zähnen. »Ähm … den habe ich ihm geschenkt.«
Frau Sandmann lässt die Schlösser aufschnappen. »Wissen Sie was da drin ist? 180 000 Euro!«
»Mama!«, lässt sich Fanny erschrocken vernehmen. »Die hast du ihm heimlich untergejubelt? Das macht ihn doch noch verdächtiger!«
»Er ist kein Kinderschänder!«, schreie ich nun verzweifelt. »Er ist auch kein Dieb ! Das ist alles ein … groteskes, aberwitziges Missverständnis!«
»Darf ich fragen, in welcher … äh … Beziehung Sie zu dem Mann stehen?«
»In keiner !«, beeile ich mich zu beteuern. »Ich kenne ihn ja kaum!«
»Mama! Natürlich kennen wir ihn! Er ist unser Freund !«
Also, die letzte Bemerkung hätte ich mir wirklich sparen können. Ich komme mir vor wie Judas mit seinen blöden dreißig Silberlingen.
»Wie kommen Sie dann dazu, ihm so viel Geld zu schenken? Und warum sitzt er mit …« Sie lässt die sorgfältig gebündelten Scheine durch ihre Finger gleiten. »… 180 000 Euro in der Tasche im Park auf der Bank und schläft im Freien?«
Ich lasse den Kopf hängen. »Er hat von dem Geld gar nichts gewusst!«, flüstere ich.
»Mama! Bist du bescheuert?!«
Frau Sandmann macht ein Gesicht, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank.
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie ihm das Geld ohne sein Wissen …« – sie malt Anführungszeichen in die Luft – »… ›geschenkt‹ haben? – Oder war es nicht eher Teil einer … wie auch immer gearteten … Abmachung? Weshalb haben Sie das Geld also heimlich in seinen Einkaufswagen gesteckt?«
Fanny verfolgt diesen Dialog wie ein Tennismatch. Ihr Kopf geht hin und her, und ihr Mund steht vor Erstaunen offen.
Georg. Ein bittersüßes Gefühl breitet sich in meinem Bauch aus. »Ich wollte, dass er aus unserem Leben verschwindet!«
»Also hat er Ihnen, beziehungsweise Ihrer Tochter, doch etwas getan …?«
O Gott. Das wird ja immer schlimmer. Das entwickelt sich nicht gut … Das entwickelt sich gar nicht gut!
»Ähm … nein , also nicht direkt. Er hat uns nichts getan , was wir nicht gewollt hätten …« Abrupt breche ich ab. Ich bin entsetzt, über die Worte, die mir gerade über die Lippen gekommen sind.
»Was haben Sie denn zum Beispiel nicht gewollt?«
Heftig atmend schaue ich Fanny an, die mir verzweifelt Zeichen macht, ich soll die Klappe halten und nicht alles noch schlimmer machen.
»Obwohl er eigentlich ziemlich oft eingebrochen ist.« Die Worte rutschen heraus, ohne dass ich etwas dagegen tun kann.
»Mama!«
»Ja, ist doch wahr! Zuerst fand ich ihn nackt in unserem Badezimmer …«
»Spinnst du?!«
Ich atme schwer.
»Ja, und zwar mit deinem Schmusekissen vor dem … Eingemachten.«
Frau Sandmann macht sich, inzwischen hochinteressiert, Notizen.
»Dann fand ich ihn immer mal wieder in einer leer stehenden Immobilie …«
»Nackt oder angezogen?«
»Ähm … angezogen. Also meistens. Eigentlich immer. Außer, wenn er gerade duschen war.«
Scheiße, Juliane, Scheiße! Was redest du denn da!!
»… ja?«, fordert mich die Kriminalbeamtin freundlich zum Weiterreden auf.
»… und am Ende in
Weitere Kostenlose Bücher