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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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auf Kante bügelt, während ihr Verstand ebenso wie ihr Ehemann ihr sagen, dass das pädagogisch unklug ist! Sie bügelt einfach weiter, weil das Herz es ihr befiehlt!
    Ein seltsames Lächeln umspielt meine Mundwinkel, als das Bügeleisen leise zischend über den groben Flanellstoff gleitet: Ich bin ein guter Mensch, jawohl. Was man auf den ersten Blick gar nicht denken mag, wo ich doch immer superschick und elegant gekleidet mit dem Handy am Ohr in meinem Kostümchen durch Millionenobjekte stöckele. Man könnte mich glatt für karrieregeil halten. Und unter uns Pastorentöchtern: Das bin ich auch.
    Aber jetzt: Jetzt erwachen auch meine hausfraulichen Seiten, ich bügele. Und singe dabei. Ungeschminkt und im Jogginganzug, am frühen Morgen und ohne was im Magen. Für einen armen Obdachlosen. Aus reiner Nächstenliebe und sonst gar nichts. Ich könnte mich selbst in der Kirche lobpreisen.
    Wie gut, dass mich niemand von meinen Freundinnen aus dem Club der Unternehmerinnen sieht, als ich das Wäschepäckchen liebevoll in Seidenpapier wickle. Hm. Ich überlege. Jetzt, wo ich gerade in dieser einmaligen Mutter-Teresa-Stimmung bin: Was könnte dem Mann noch gefallen? Ein schmackhaftes Vollwertbrot natürlich. Ich krempele die Ärmel hoch und hole den Gurkenaufstrich aus dem Kühlschrank. So, und jetzt werden schön ein paar Stullen geschmiert und Äpfelchen geschält und – was halten wir denn von einer schönen Thermoskanne Tee? Gott, was bin ich für ein Gutmensch. Minze, Hagebutte oder Malve? Ach was soll’s. Hauptsache mit Liebe.
    »Penner umschwirr’n mich wie Motten das Licht«, singe ich lächelnd vor mich hin.
    Bin ich etwa stolz auf das, was ich da tue?
    Christiane würde mich zur Schnecke machen. Aber sie merkt es ja nicht.
    Während das Teewasser vor sich hin blubbert, verziere ich mein Jausenpäckchen noch mit Gürkchen, Tomätchen und etwas Mayonnaise. Ein hart gekochtes Ei macht sich ebenfalls gut. Und – ich wühle wie besessen in meinen Küchenschränken – ein paar Pralinen. Und … was habe ich denn da? Nüsse. Mit Nussknacker. Ja. Da hat er was zu tun.
    Ein paar verstaubte Kekse finde ich auch noch hinter dem Biomüsli, und – hach, da sind wir jetzt mal nicht so kleinlich – eine Flasche Eierlikör, die Christiane hier vermutlich an einem einsamen Babysitterabend vergessen hat. Das Ganze verziere ich mit einer rosaroten Schleife, die von Fannys letztem Geburtstag noch in der Küchenschublade herumfliegt.
    Dann kommt mir noch eine total abgefahrene Idee: Ich lege das »Ohne-dich-ist-alles-doof«-Kissen oben auf das Päckchen. Das muss ein für alle Mal aus dem Haus. Tagsüber kann er darauf sitzen und abends drauf schlafen. Hoffentlich freut er sich darüber, denke ich, albern vor mich hin kichernd. Oder wird er die Botschaft womöglich falsch verstehen?
    Ach nein. Ein bisschen Verstand scheint er doch zu besitzen. Er wird nicht glauben, dass ich ihn ernsthaft vermisse. Von wegen: ohne dich ist alles doof.
    So. Wenn das kein Überraschungspäckchen ist!
    Der wird von seiner Parkbank fallen vor lauter Freude.
    Mein Blick fällt auf die Küchenuhr: schon zehn vor neun! Jetzt muss ich aber los!
    Der Mann schätzt sicher Pünktlichkeit, und ich will auf jeden Fall einen guten Eindruck machen.
    Juliane, du hast echt einen Knall, höre ich schon Christiane sagen.
    Der glaubt, das geht jetzt immer so weiter! Du benimmst dich, als fühltest du dich für ihn zuständig! Den Mann kriegst du nie wieder von der Pelle! Womöglich verliebt er sich noch in dich. Das hat dir gerade noch gefehlt!
    Aber nein, sage ich zu mir selbst. Das ist jetzt eine einmalige Abfindung. Und das werde ich ihm auch unmissverständlich klarmachen.
     
    Ein bisschen aufgeregt bin ich schon, als ich mit meinem Rotkäppchen-Korb lostrabe.
    Hoffentlich sieht mich Christiane nicht, denke ich kleinlaut. Sonst bin ich der Lüge überführt.
    Was für ein herrlicher Morgen! Die Sonne steht schon hoch am Himmel, die Amseln zwitschern in den Bäumen, und es duftet nach Frühling. Gutmensch sein ist toll! So glücklich und beschwingt habe ich mich lange nicht mehr gefühlt. Fanny hat eine Zwei in Mathe, und ich habe ein gutes Herz.
    Der Penner ist der Renner!
    Dass der mir so die Laune hebt!
    Ich komme! Das hättest du nicht gedacht, was?
    Dass ich Wort halte?
    Gib es zu, dir hat seit zwanzig Jahren niemand mehr ein Hemd gebügelt. Geschweige denn ein liebevolles Picknickpäckchen gepackt.
    Aber heute ist dein Tag. Den kannst du dir in die

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