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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Erdmännchen!«
    Na toll. So eifrig und gut in der Schule war sie noch nie. Woher sie nur plötzlich die Motivation hat!
    So. Mit einem leicht mulmigen Gefühl im Bauch sitze ich da mit Karsten, und ich habe keine Ahnung, worüber ich noch mit ihm reden soll. Warum geht er denn jetzt nicht? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er mir noch was erzählen will. Etwas, das er mir wieder kalt lächelnd reinwürgen kann. Ich lehne mich verspannt in meinem Stuhl zurück.
    »Möchtest du noch Kaffee?«
    »Ja bitte.« Er reicht mir seine Tasse, und ich bin versucht, ihm den heißen Kaffee über sein Handgelenk zu gießen. Karsten trägt seine Rolex grundsätzlich ÜBER dem Hemdsärmel. So was gehört doch kochend heiß begossen!
    »Und?«, frage ich schließlich. »Wie laufen die Geschäfte?«
    Das Thema hätte ich lieber nicht anschneiden sollen, denn da kommt auch schon die erwartete Keule. Sie trifft mich direkt zwischen die Augen.
    »Großartig. Wir haben die Dirigentenvilla verkauft.«
    Ich unterdrücke einen wütenden Aufschrei.
    Einen Kloß von der Größe eines Tennisballes herunterschluckend, würge ich erstickt hervor: »Gratuliere. An die Gräfin aus der Lüneburger Heide?«
    Mir wird schwach, denn ich ahne schon, was jetzt kommt.
    »An einen Brezelkönig aus Stuttgart«, lässt Karsten meine schlimmsten Befürchtungen wahr werden. »Während der Pfingstfestspiele.«
    »Das darf doch nicht wahr sein?«, stammele ich.
    »Hattest du die Villa nicht selbst im Angebot?!«
    »Ach, das passte mir terminlich gerade überhaupt nicht«, erkläre ich ein wenig zu schrill und setze hastig ein professionelles Lächeln auf. »Da hatte ich gerade die Sache mit dem Schloss am Wörthersee …« Ich nicke in Richtung Kärnten … »Vierzehn Millionen, habe ich dann für den Käufer auf dreizehneinhalb runtergehandelt …«, höre ich mich lügen. »Dagegen war die Dirigentenvilla ein kleiner Fisch …«
    Karsten durchschaut mich natürlich sofort, und ich fühle mich auf einmal wieder so klein und beschissen wie damals, als er mich noch abkanzelte, wenn ich etwas vergeigt hatte, und mir als erzieherische Maßnahme bis auf Weiteres nur die Mietobjekte anvertraute.
    »Dieser Brezelkönig aus Stuttgart sagte, er war schon mal da, hat es aber nur von außen gesehen. Damals hat es allerdings geregnet, und er musste nach Hause. Irgendjemand hat ihn da hängen lassen.« Er taxiert mich und zieht die Augenbrauen hoch: »Das soll ja vorkommen in unserer Branche, darf aber einem Profi nicht passieren.«
    Ich möchte mir in die heimlich geballte Faust beißen vor Wut.
    Karsten wirft mir einen dieser verschlagenen Lächelblicke zu, für die ich ihm pausenlos in die Visage hauen will.
    Als Fanny wieder auftaucht, bin ich richtig dankbar für eine Verschnaufpause.
    »Soll ich euch mal mein Referat vortragen?«, sagt sie eifrig.
    »Jetzt nicht«, erwidert Karsten.
    »Aber gern!«, sage ich gleichzeitig.
    »Also: Erdmännchen stehen immer dicht beieinander und suchen den Himmel nach Raubvögeln ab.«
    Ich werfe Karsten einen feindseligen Blick zu, den Fanny zum Glück nicht bemerkt. Eifrig fährt sie fort: »Die Erdmännchen sind futterneidisch und stehlen sich gern gegenseitig die Beute.«
    »Danke, das reicht«, sage ich.
    Karsten grinst so widerlich schadenfroh, dass ich ihm jetzt wirklich eine reinhauen will.
    »Bei den Menschen sind Erdmännchen wenig beliebt. Sie zerstören Farmland und verbreiten die Tollwut.«
    »Okay. Sehr schön. Lass deine Eltern noch ein wenig plaudern, ja, Liebes?«
    Fanny verzieht sich wieder in ihren Bau, während ich einen Anfall von Tollwut zu unterdrücken versuche.
    »Erst wollte der Mann gar nichts mehr mit der Villa zu tun haben, weil seine Frau so wütend geworden war«, fährt Karsten ungerührt mit dem Reizthema Sonnenhang fort. »Aber dann konnte ich ihn doch noch dazu überreden.« Er lacht dröhnend. »Wir fuhren also in die Villa, Kirsten und ich, um nach dem Rechten zu sehen und alles für die Besichtigung vorzubereiten …«
    Nein, das klingt nicht gut. Das gefällt mir nicht. Ich kaue noch an seinem letzten Satz und bin nicht sicher, ob Tollwut sich durch Ohrensausen, heftige Schweißausbrüche und Magenumdrehen ankündigt.
    »Fass dich kurz«, stoße ich ärgerlich hervor.
    »Du wirst lachen«, sagt Karsten und lacht selbst. »Wir mussten erst einen Penner verscheuchen.«
    Den Gefallen tue ich ihm gerne. Ich lache übertrieben schrill. »Einen Penner!« Das Lachen bleibt mir im Halse stecken. »Aus

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