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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Mir entfährt ein fassungsloses Stöhnen. Bitte, lieber Gott. Mach, dass meine Fanny nicht dabei ist.
    Das würde ich mir nie verzeihen. Nie.
    Meine Augen ziehen sich im gleißenden Sonnenlicht zu Schlitzen zusammen, und ich suche verzweifelt den Haufen junger Faultiere ab, der da unter der Brücke abhängt. Mädchen wie Jungen sind stark geschminkt. Ihre Augen sind dick mit schwarzem Kajal umrandet, ihre Handgelenke weisen frische Narben auf oder sind unter dicken Stoffbändern versteckt. Die Jungs und Mädels haben pechschwarze Haare, nur die Spitzen ihres Ponys sind pink oder lila gefärbt. Sie haben schrille Ketten um, sind alle mehrfach in Lippen und Augenbrauen gepierct, tragen diese angesagten Kameltreiber-Halstücher in Schwarz-Weiß (dass diese Palästinenserfetzen noch mal Mode werden konnten!) und dazu im Schachbrettmuster diese mir allzu bekannten Stoffschuhe, die Nichtturnschuhe, die über hundert Euro kosten. Die jeder haben muss. Damit beginnt das ganze Elend! Fanny ist schon eine von ihnen!
    Nun hält mich nichts mehr, und ich stürme hinunter auf die Wiese. Wie ein Storch stakse ich durch die abhängenden Gestalten. Die Gespräche der jungen Leute erschüttern mich.
    »Eh, du musst nur sechs Esslöffel Salz fressen, dann kannst du kotzen«, sagt gerade eine hässliche Dünne zu einer Dicken.
    »Wenn du dich ritzt, bist du cool«, höre ich einen mit Stimmbruch kieksen.
    »Meine Alten gehen mir so was von am Arsch vorbei«, sagt ein Dritter.
    »Fanny?«, rufe ich panisch. »Fanny Hempel?«
    »Was will die Alte?«, fragt einer, der etwa sechzehn ist und offensichtlich ihr Pressesprecher oder Anführer. Er taumelt mit einer Bierdose in der Hand wie ein angeschossenes Wildschwein auf mich zu, mit dumpfem Blick mustert er mein teures Businesskostüm.
    »Ich suche meine Tochter!«, sage ich tapfer.
    Er wendet sich an die anderen: »Eh, die Alte sucht ihre Tochter! Weiß einer, wer die Tochter von der Tusse ist?«
    Wie gern würde ich dem betrunkenen Frischling jetzt meine Handtasche über die Birne hauen, aber ich fürchte mich vor einer Massenkeilerei.
    »Fanny! Fanny Hempel!«, quietsche ich in größter Panik. »Hat einer meine Tochter gesehen?!«
    Eilig haste ich weiter. Dabei stoße ich mir die große Zehe an einem Stein.
    »Hat einer ihre Tochter gesehen?«, äffen mich ein paar Jugendliche nach, und ich fühle mich so beschissen wie noch nie in meinem Leben.
    Blind stolpere ich durch süßliche Rauchschwaden und komme mir vor wie in einem schlechten Traum.
    »Eh, die ist bei mir in der Klasse«, lässt sich nun ein Mädchen vernehmen, das gerade noch unter einem pickeligen Jüngling lag.
    Sie richtet sich halb auf, und obwohl sie genauso aussieht wie die anderen, weiß ich, dass es diese Vicki sein muss.
    »Kennst du meine Tochter?«
    »Ja, aber die ist nicht hier.« Das Mädchen ist so zugekifft, dass es nur noch lallt. Sie ist noch nicht mal vierzehn und lag unter diesem Kerl! Und die sitzt in der Schule neben meiner Tochter Fanny?
    Grauenvoll!
    »Du bist doch diese Immobilientussi«, schleudert das Mädchen mir ins Gesicht. »Geh Kohle machen! Wir wollen hier nur abhängen! Lass uns in Ruhe!«
    Ihre Frechheiten treffen mich wie ein Schlag ins Gesicht.
    Aber ich bin ja so erleichtert, dass Fanny offensichtlich nicht dabei ist!
    »Wo ist sie denn?«, frage ich mit zitternder Stimme.
    »Eh, weiß ich doch nicht, Mann! Pass doch selber auf deine Tochter auf!«
    Na gut, ein Mann bin ich nicht, aber ansonsten hat das Mädel recht.
    »Verpiss dich doch, du blöde Tusse!«, höre ich nun eine Stimme von hinten. Bevor mich der halbwüchsige Lümmel anrempeln kann, flüchte ich über die steil ansteigende Uferböschung, so schnell mich meine hochhackigen Schuhe tragen.
     
    Als ich völlig derangiert und den Tränen nahe nach Hause komme, sitzt Fanny ganz harmlos und artig am Küchentisch. Vor ihr steht ein Glas Milch.
    »Hallo, Mami! Wie siehst du denn aus?!«
    Ich bin so erleichtert, dass ich meinem Kind schluchzend um den Hals falle.
    »Wo warst du denn?«, frage ich und schnuppere wie ein Muttertier an ihrem Haar.
    »Im Park«, sagt Fanny leichthin. »Ich hab Mathe gemacht. Und dann habe ich mir bei Klecks ein neues Matheheft gekauft!« – Sie mustert mich einen Moment und fragt erstaunt: »Warum heulst du denn?«
    »Weil ich dich gesucht habe!« Eilig krame ich nach einem Taschentuch.
    »Aber du suchst mich doch sonst nie!«
    Ich presse die Lippen aufeinander. »Weil ich bis jetzt noch keinen Grund

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