Herzgrab: Thriller (German Edition)
Ihre Mutter? Sie hatte diese Frau noch nie im Leben gesehen.
» Teresa, Sie brauchen jetzt Ruhe « , sagte Alchieri.
Die Frau tätschelte ihre Hand. » Doktor Alchieri ist der Sohn unseres ehemaligen Hausarztes. Seine Familie war uns immer treu ergeben. Wir bringen dich zu deiner eigenen Sicherheit zu uns nach Hause nach San Michele, und er wird sich um dich kümmern. «
Panik schnürte ihre Kehle zu. Was, wenn das alles nicht stimmte? Sie kannte wohl Florenz, hatte aber noch nie von einem Ort namens San Michele gehört.
» Teresa? « , wiederholte sie. » Und wie noch? «
Die Dame nickte. » Del Vecchio. «
Teresa Del Vecchio, wiederholte sie in Gedanken. Doch ihr Hirn blieb ein tiefes schwarzes Loch, das die Informationen schluckte, aber nicht das kleinste Echo warf.
60
Gerink stürzte zur Terrassentür und blickte in den Garten. Vor dem Wohntrakt der Angestellten zerrten die beiden Pitbull Terrier an den Ketten und bellten sich die Seele aus dem Leib. Neben dem Eingang lag ein Mann im dunklen Anzug reglos mit dem Gesicht in einer Regenlache auf dem Boden. Entweder bewusstlos oder tot.
Im nächsten Moment verstummte der Alarm. Zenobias dunkler Teint verlor alle Farbe.
» Das Sicherheitssystem ist automatisch mit der Polizei in Florenz verbunden « , sagte sie mit gefasster Stimme. » Die Beamten werden in wenigen Minuten hier sein. Warten Sie solange hier und verlassen Sie das Haus nicht. «
Ganz bestimmt, dachte Gerink. Er öffnete die Terrassentür und schlüpfte ins Freie.
Scatozza folgte ihm. Sie liefen am Pool vorbei zu dem gegenüberliegenden Gebäude für die Angestellten. Die Tür stand offen, im Schloss steckte der Schlüssel. Während Scatozza das Gebäude betrat, beugte sich Gerink zu dem Mann hinunter und tastete an der Halsschlagader nach dessen Puls. Er war noch am Leben. Im Gesicht hatte er keine Verletzung, auch nicht im Genick oder am Hinterkopf. Vermutlich hatte ihn ein Schlag ans Kinn umgehauen.
Die Hunde zerrten kläffend an der Kette und schnappten nach Gerink, konnten ihn jedoch nicht erreichen. Er schleifte den Bewusstlosen aus dem Regen, legte ihm den Arm unter den Kopf und brachte ihn in eine stabile Seitenlage.
Zenobia stand auf der Terrasse und blickte panisch zu ihm herüber. Gerink deutete ihr mit erhobenem Daumen, dass der Mann noch am Leben war. Aus dem Augenwinkel sah er, dass ein Mann auf das Gebäude zulief. Vermutlich eine Wache, die der Alarm aufgeschreckt hatte. Bevor sie ihn erreichte, verschwand Gerink durch die Tür ins Innere.
Er wischte sich den Regen aus dem Gesicht. Aus dem oberen Stockwerk drangen Schritte. Rasch nahm er die enge Steintreppe nach oben. Durch ein großes Dachflächenfenster fiel ausreichend Licht ins Treppenhaus. Regen trommelte gegen die Scheibe. In einer Schüssel verströmten Räucherstäbchen den Geruch von Zimt und Koriander. Hier herrschte eine Atmosphäre wie in einem türkischen Dampfbad.
Vom Ende der Treppe führten Durchgänge in drei weitere Räume. In einem davon stand Scatozza. Gerink stürzte ins Zimmer. Die Fensterläden standen offen. Weinreben rankten sich an der Fensterbank entlang. Ein Windstoß ließ die weißen Vorhänge ins Zimmer wehen. In der Mitte saß eine Frau aufrecht auf einem Doppelbett und bürstete ihr langes schwarzes Haar. Auf dem Stuhl daneben saß …
» Du? « , entfuhr es Gerink.
Elena drehte ihm den Kopf zu. » Es war kein Zufall, dass von allen Gebäuden auf diesem Grundstück ausgerechnet dieses so streng bewacht wird. «
» Sie hat den Wachmann k. o. geschlagen « , erklärte Scatozza.
Typisch Elena! Das war ihre Chamäleonstrategie, wie sie es nannte. Alles ausnutzen, was die Situation hergab. Letztendlich war die Lösung eines Verbrechens für sie bloß ein Spiel, bei dem jeder Trick erlaubt war.
» Du hast den Alarm im Haupthaus ausgelöst « , sagte Gerink.
Elena nickte zur Tür. » Ich habe den Lichtbalken am Treppenaufgang zu spät gesehen … «
Sie verstummte, als ein Mann mit kantigem Gesicht, Lackschuhen und dunklem Anzug den Raum betrat. Plötzlich hing ein aufdringlicher Dunst von Aftershave in der Luft. In seinem Hemdausschnitt steckte eine Sonnenbrille, und er hielt eine SIG Sauer in der Hand. Anscheinend sollte er nur den Raum sichern. Unmittelbar hinter ihm trat Zenobia ein, gefolgt von Monica.
» Alles in Ordnung « , rief Gerink.
» Das nennen Sie in Ordnung ? « , antwortete Zenobia zynisch. Sie nickte ihrem Begleiter zu, der die Waffe senkte.
Schließlich richteten
Weitere Kostenlose Bücher