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Herzgrab: Thriller (German Edition)

Herzgrab: Thriller (German Edition)

Titel: Herzgrab: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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sich die Blicke aller Anwesenden auf die Frau, die im Bett saß, die Haarbürste sinken ließ und die Szene vor sich mit dunklen Augen gleichgültig und zugleich verwirrt betrachtete. Ihr apathischer Gesichtsausdruck wirkte auf Gerink, als wäre sie mit Medikamenten so voll wie eine Apotheke auf zwei Beinen.
    Monica reagierte als Erste. » Tante Teresa! « Sie lief auf das Bett zu und flog der Frau in die Arme. Diese reagierte jedoch nicht.
    Rasch kam Zenobia herbei, packte Monica am Arm und zog sie ungestüm zurück. » Lass meine Tochter in Ruhe! Sie lebt seit zwei Wochen auf diesem Landsitz. Das Gästehaus mit den Bediensteten ist nur für sie da, und bis du hier aufgetaucht bist, war alles in Ordnung. «
    Gerink betrachtete die schwarzhaarige Frau. Ihretwegen waren sie nach Italien gekommen. Kürzlich hatte er noch daran gezweifelt, Teresa jemals lebend wiederzufinden. Sie war schlanker als auf dem Foto, das er von ihr besaß, und hatte eine ungesunde Blässe. Beinahe wirkte ihre Gesichtshaut durchsichtig. Ihre Augen lagen tief, und ihr Blick strahlte keine Wärme aus. Auf ihren blutleeren Lippen sah Gerink verheilte Narben, die von groben Schnitten herrührten.
    Zenobia machte einen Schritt auf Gerink zu. » Ich weiß, was Sie jetzt denken. «
    » Entführung und Freiheitsberaubung? « , kam Gerink ihr zu Hilfe. » Oder Irreführung der Polizei in einer Ermittlung? «
    Zenobia richtete sich auf. » Meine Tochter wurde in der Nähe des Ponte Vecchio von einem Auto angefahren und ins Krankenhaus gebracht. Sie leidet unter Amnesie und kann bis heute nicht sagen, wer sie entführt hat und wo sie gefangen gehalten wurde. «
    » Nennen Sie das hier etwa keine Gefangenschaft? « , konterte Gerink.
    » Sie wird von den besten Psychiatern und Gehirnspezialisten betreut « , fuhr Zenobia fort. Sie setzte sich ans Bett und griff nach Teresas Hand, doch diese zog sie widerwillig weg.
    Gerink sah Kummer, Angst und Verwirrung in Teresas Blick. Diese Gefühle waren nicht gespielt. Sie erkannte niemanden und wusste nicht, warum sie hier war und wem sie vertrauen durfte. Sie konnte ja nicht mal sich selbst vertrauen. Vermutlich wirkte das alles auf sie, als wollte man sie erneut gefangen halten – als hätte sie Lyashenkos Keller gegen einen goldenen Käfig eingetauscht. Irgendwie musste ihr die Flucht aus dem Kellerloch des Chirurgen gelungen sein. Doch die genauen Umstände waren im Moment unwichtig. Gerink interessierte nur eine Sache.
    » Wissen Staatsanwalt Fochetti und der Maresciallo, dass Teresa hier ist? «
    Zenobia schwieg eine Weile. » Ich wollte, dass die Polizei weiter unter Hochdruck nach den Mördern ermittelt, während Teresa gleichzeitig in Sicherheit ist. Außerdem sind die Ärzte der Auffassung, dass sie in einer ruhigen familiären Umgebung mehr aus Teresa herausbekommen als die grobschlächtigen Carabinieri. Obendrein genießt sie hier eine bessere Bewachung als durch die Carabinieri für den Fall, dass ihre Entführer … « Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
    » Wie haben Sie Teresa vor den Augen der Polizei hierherschaffen können? « , fragte Scatozza.
    Zenobia presste die Lippen aufeinander. » Doktor Alchieri war unser Hausarzt und der Familie immer treu ergeben. «
    » Er hat Ihre Schwiegertochter Isabella nach deren Reitunfall untersucht, konnte aber nur noch den Tod feststellen « , warf Elena ein.
    » Vor einigen Monaten wurde seine verstümmelte Leiche unter dem Ponte Vecchio gefunden « , ergänzte Gerink. » Er konnte also von Teresas Auftauchen gar nichts wissen! «
    Zenobia funkelte ihn an. » So ist es! Er starb genauso wie meine beiden Söhne. Aus diesem Grund hat sein Sohn, der Arzt an der Universitätsklinik Careggi in Florenz ist, sofort Kontakt zu uns aufgenommen, als Teresa eingeliefert worden ist. Er hat ihr Auffinden und ihre Verlegung auf unseren Familiensitz geheim gehalten. Schließlich ist er genauso daran interessiert wie wir, den Mörder seines Vaters zu finden. «
    » Und was hat es gebracht? « , fuhr Monica ihre Großmutter an.
    Zenobia blieb gefasst. » Teresas Erinnerung könnte schlagartig zurückkommen, vielleicht auch nie. Wir trainieren ihr Gedächtnis, um ihre Erinnerungen wieder zusammenzusetzen, die wie kleine Inseln in ihrem Unterbewusstsein verstreut liegen. Wir besuchen mit ihr die Orte ihrer Vergangenheit und führen sie regelmäßig auf dem Familiensitz herum. «
    » In Wien ist sie besser aufgehoben! « , fuhr Monica dazwischen.
    Zenobia ignorierte sie. »

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