Herzgrab: Thriller (German Edition)
Natürlich « , seufzte Lisa. » Bleibt mir etwas anderes übrig, Elli? Bitte, bitte, bitte checken … « , säuselte sie in einem gekünstelten Ton, als sie Elenas Nachricht auf dem Post-it wiedergab. » Wie es aussieht, hast du mal wieder zwei Fälle gleichzeitig an der Backe … «
Nie mehr als zwei Fälle zur selben Zeit, lautete eine von Elenas Devisen. Bisher hatte sie sich strikt daran gehalten.
Elena hörte, wie ihre Schwester in einem Papierstapel wühlte. » Ich habe die Unterlagen an den Erkennungsdienst weitergegeben. Unser Grafologe hat Brief und Ansichtskarten eingescannt und ein Programm drüberlaufen lassen. «
» Wow, so rasch? «
» Elli « , seufzte Lisa. » Er konnte zwar keines der italienischen Wörter übersetzen, aber die Schriften stimmen überein. «
» Danke, ich komme am Nachmittag vorbei und hol den Kram ab. « Elena biss sich auf die Unterlippe. Da war noch etwas. » Hast du einen Namen für mich? «
» So geht das nicht. Gerade du solltest das wissen. Du hast Jura studiert und … «
» Sei nicht so! Nur dieses eine Mal. Bitte, ich brauche den Namen « , unterbrach Elena sie.
» Wann hast du das Foto überhaupt gemacht, das du mir aufs Handy geschickt hast? «
» Gestern. «
» Die Qualität ist hundsmiserabel. Ein Kollege musste die Pixel mit einem Programm bearbeiten, damit man überhaupt ein Gesicht erkennen konnte. « Lisa machte eine Pause. » Das ist kein harmloser Knabe. Ist er in Österreich? «
» Ja, in Wien, aber er wird den Job nicht annehmen und wieder abhauen. «
» Elli, du hast mir versprochen, dass du dich auf keine gefährlichen Dinge einlässt. Denk an Mutter! «
» Eine echte Kaminska lässt sich nicht unterkriegen, oder? « , antwortete sie rasch. Lisa spielte immer wieder gern die Rolle der großen Schwester. » Wie heißt der Kerl? «
» Ratko Dindic, ein Serbe « , presste Lisa hervor.
Dindic. Sie speicherte den Namen in ihrem Gedächtnis ab. » Danke, Schwesterherz, ich liebe dich. «
Sie legte auf und startete den Wagen.
Als sie aus der Tiefgarage fuhr, bog sie rechts in Richtung Innenstadt ab. Die Hödel-Immobilien-Bank lag nur etwa fünfzehn Minuten entfernt.
Gerhard Hödel musterte Elena mit einem traurigen Lächeln. » Der Hosenanzug steht Ihnen gut. «
» Danke. « Leider gehört er mir nicht. Die meisten meiner Kleider sind noch im Haus meines Mannes.
Sie saßen in Hödels Büro im elften Stock eines Glaspalastes, in dem sich nur Banken, Versicherungen und Anwaltskanzleien befanden. Hinter der großen Glasfront waren Donaukanal, S tep hansdom und die Urania-Sternwarte zu sehen.
» Ich nehme an, heute darf ich Sie nicht mehr duzen und Ihnen auf die Beine starren? «
Schmunzelnd sah sie durch die Glastür zu seiner Sekretärin. » Lieber nicht. « Mit seiner Bemerkung hatte er wohl das Eis zwischen ihnen brechen wollen.
» Haben Sie Ihrer Tochter von mir erzählt? «
Er schüttelte den Kopf. Dann fingerte er eine Camel-Packung aus der Schublade. » Stört es Sie? «
» Nein. «
Er zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch zur Decke. In seiner eigenen Bank durfte er das wohl. » Ich sagte Lydia, ich hätte die Streichholzschachtel mit dem Emblem des zwielichtigen Hotels Caruso bei unserem letzten gemeinsamen Mittagessen zufällig in ihrer Manteltasche gefunden – was ja der Wahrheit entsprach. Ich hätte sie am nächsten Tag beobachtet und sei ihr nachgegangen. «
» Das ist zwar nicht die beste Ausrede, aber mit etwas Glück wird Ihre Tochter Ihnen das abkaufen. Zumal sie andere Sorgen hatte, als Sie plötzlich im Zimmer standen. Vermutlich bekam sie Panik, dass die Sache mit dem Auftragsmord ans Licht kommen könnte. Wie hat sie sich rausgeredet? «
» Lydia sagte, sie habe sich mit ihrem Liebhaber getroffen, und ich musste ihr die Farce abnehmen « , erklärte Hödel. » Was blieb mir anderes übrig? Ich konnte wohl schlecht zugeben, dass wir das Zimmer abgehört haben. «
Elena atmete tief durch. » Der Mann ist übrigens Serbe. Er heißt Dindic. Das Bundeskriminalamt hat eine Akte über ihn. «
Hödel nickte langsam, als bräuchte er eine Weile, um die Nachricht zu verdauen. » Wie sind Sie so rasch an die Information gekommen? «
» Berufliche Kontakte. « Eher familiäre Kontakte. Doch sie beließ es bei der Antwort.
Hödel und seine Tochter hatten im Hotelzimmer ziemlich lange miteinander gesprochen, während die Aufzeichnung mitgelaufen war. Nachdem jedoch die Worte » Sucht « und » Therapie « gefallen
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