Herzgrab: Thriller (German Edition)
Schwester? « , prustete Toni los. » Blödsinn! Die ist doch schon sauer, wenn du sie nur anrufst. Kannst du dir die Gesichter von ihr und ihrem Mann, Hofrat Eisert, vorstellen, wenn du plötzlich mit zehn Koffern vor der Haustür auftauchst? «
Für einen Moment musste Elena schmunzeln. Lisas Mann war ein Ekelpaket! Dieses Gesicht hätte sie gern gesehen.
» Du bleibst so lange hier, bis du eine Mietwohnung gefunden hast « , entschied Toni.
» Das kann Wochen dauern. « Eher Monate, fügte sie in Gedanken hinzu.
» Und wenn schon. Mich stört es nicht, und den Herrn im Haus noch weniger … Stimmt’s, mein Alter? «
Wie auf Kommando sprang Sir Edmund Hillary auf Tonis Schoß und stupste mit dem Kopf gegen ihren Arm.
» Kannst du mir heute etwas Elegantes borgen? « , fragte Elena.
» Für ein Geschäftsessen oder eine Cocktailparty? «
» Eher geschäftlich … Aber nicht zu sexy « , fügte Elena hinzu, da sie Tonis extravaganten Geschmack kannte.
» Was hast du vor? Suchst du einen neuen Verehrer? «
Elena warf ihr einen vernichtenden Blick zu.
» Tut mir leid. «
» Schon gut « , sagte Elena. » Zuerst gehe ich zur Bank, danach ins Auktionshaus. «
» Oh, là là. Gib nicht zu viel Geld aus. Im Schrank hängt ein neuer Hosenanzug, ziemlich schick. Bedien dich. «
Zum Glück hatten sie dieselbe Größe.
» Danke, du bist ein Schatz. « Elena stand auf und gab Toni einen Kuss auf die Wange. » Ich muss los – volles Programm! «
Toni schmunzelte. » Wie immer … «
Die schneeweiße Bluse, die enge schwarze Hose und der dunkle Blazer sahen wirklich schick aus und passten zu Elenas eleganten Stöckelschuhen.
Während sie zwanzig Minuten später mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage fuhr, wählte sie mit dem Handy eine Nummer. Sie hatte hoch und heilig versprochen, diese Nummer, die sie aus Sicherheitsgründen unter dem Spitznamen » Grauer Wolf « abgespeichert hatte, nur im äußersten Notfall zu kontaktieren. Heute war so ein Notfall. Diese Frau war ihr persönlicher Telefonjoker. Was immer Elena herausfinden musste, ihre Schwester wusste es.
Elena hatte an Tonis PC zwar einiges über das Auktionshaus erfahren, aber es war nur das übliche Gerede, das im Internet stand. Für weitere Recherchen blieb keine Zeit, da Toni den Computer selbst brauchte und Elena im Moment nicht an ihren PC herankam, der noch in ihrem und Peters Haus stand. Sie hatte sich für ihr Verhalten bei Scatozzas Geburtstagsfeier so geschämt, erst recht nach Peters Wutausbruch, dass sie ihren Schlüssel auf Peters Nachttisch zurückgelassen hatte – mit einem Zettel: Es tut mir alles so leid!
Während das Handy die Verbindung aufbaute, blickte Elena auf die Uhr. Viertel vor neun. Bestimmt saß Lisa schon seit einigen Stunden im Büro.
» Eisert! « , meldete sich ihre Schwester in genervtem Ton.
» Guten Morgen, hier spricht Günther Jauch « , nuschelte Elena mit quäkender Stimme. » Vor mir sitzt eine junge, attraktive Dame, die Sie etwas fragen möchte. Sie haben dreißig Sekunden Zeit. «
» Elli, bitte jetzt nicht! Ich muss in fünf Minuten zur Dienstbesprechung und … «
» Du kennst doch das Auktionshaus Rinaldi’s? «
» Natürlich, wer kennt das nicht? « , antwortete Lisa.
Ihre Schwester kannte einfach alles und jeden. Nicht umsonst hatte sie es mit ihren vierundvierzig Jahren zur Dezernatsleiterin beim Bundeskriminalamt gebracht, während Elena zwar Jura studiert hatte, aber nach ihrem Gerichtsjahr Privatdetektivin geworden war.
Mittlerweile hatte Elena ihren Wagen erreicht. » Was kannst du mir darüber erzählen? «
Lisa stöhnte auf, als wüsste sie genau, dass Elena nicht aufgeben würde, ehe sie eine Antwort erhalten hatte. » Soviel ich weiß, sitzt Rinaldi’s in Mailand und verfügt mit seinen internationalen Repräsentanzen über einen weltweiten Kundenkreis. Die haben sich hauptsächlich auf Antiquitäten spezialisiert und bei den Gemälden auf Moderne Klassik und zeitgenössische Kunst. «
Dass bei Rinaldi’s kein Allerweltskram versteigert wurde, hatte Elena auch schon herausgefunden. » Drehen die irgendwelche krummen Dinger? «
» Das Haus ist seriös und genießt einen guten Ruf. Willst du dir eine neue Wohnungseinrichtung ersteigern? « , fragte Lisa spitz.
Was für ein gekonnter Seitenhieb! » Ich lache mich zu Tode, Schwesterherz « , antwortete Elena ebenso kühl. » Hast du dir schon die Mappe angesehen, die ich gestern Abend beim Portier für dich hinterlassen habe? «
»
Weitere Kostenlose Bücher