Herzgrab: Thriller (German Edition)
und ab, während er eine Münze, die er im Seitenfach gefunden hatte, durch die Finger gleiten ließ. » Sind das unsere Diäten? «
Gerink antwortete nicht. » Nach Villach wechseln wir « , sagte er nach einer Weile.
» Das wird nicht möglich sein. « Scatozza schnippte die Münze in seine Brusttasche und zippte die Laptoptasche auf.
» Wir wechseln uns ab! « , wiederholte Gerink.
» No, amico! « Scatozza warf ihm mit seinen schwarzen Augen diesen typisch durchdringenden Blick zu, der jedes weibliche Wesen zwischen dreizehn und neunzig Jahren dahinschmelzen ließ.
» Gib dir keine Mühe, bei mir zieht die Masche nicht. «
Scatozza wurde ernst. » Ich habe um elf Uhr eine eBay-Versteigerung, die ich nicht sausen lassen kann. «
eBay! Wieder einmal! Jetzt war Gerink alles klar. » Deshalb wolltest du heute freihaben! Damit du eine günstige Porno- DVD -Sammlung ersteigern kannst. «
» Ganz genau, Blödmann! «
» Und deswegen schleppst du extra deinen Laptop mit? «
» Korrekt. « Scatozza klappte den Bildschirm auf und startete das Gerät. » Ich muss die aktuellen Gebote checken … «
» Das ist mir völlig egal. Ab Villach fährst du. « Gerink warf ihm einen ernsten Blick zu. Plötzlich hatte er ein merkwürdiges Gefühl. Er wusste, wie stur Scatozza sein konnte – und Rücksicht war ein Fremdwort für ihn. » Wie viele Versteigerungen sind es? «
Scatozza zog eine Liste mit Uhrzeiten aus der Brusttasche. » Insgesamt sieben in den nächsten drei Tagen. «
» Ach, du Scheiße! « Gerink lenkte den Wagen auf die Autobahn. Er fragte sich, wie sie jemals Teresa Del Vecchio finden sollten, wenn sein Partner ständig im Internet beschäftigt war.
11
Der Wecker läutete um sieben Uhr früh. Elena fuhr hoch und blinzelte ins grelle Sonnenlicht, das durchs Wohnzimmerfenster schien. Sie hatte wieder hundsmiserabel geschlafen, die Couch war einfach zu weich. Außerdem hatte sie vergessen, die Vorhänge zu schließen.
Aus dem Schlafzimmer war kein Ton zu hören. Die Tür war angelehnt. Sie schlüpfte in Rippshirt und Jogginghose und schlich auf Zehenspitzen ins Bad. Nach einer Katzenwäsche tapste sie in die Küche. Während sie Kaffee aufsetzte, schmiegte sich Sir Edmund Hillary an ihre Beine.
Elena ging in die Hocke und streichelte den betagten Herrn, der bereits siebzehn Jahre alt war und nur noch die oberen zwei Vorderzähne besaß. Niemand hätte gedacht, dass der rote Kater seinen Namensvetter, den Bergsteiger, überleben würde. Aber bekanntlich hatten Katzen sieben Leben.
» Gewöhn dich nicht daran, dass ich früher aufstehe als dein Frauchen. « Sie kraulte den Kater hinter dem Ohr, worauf er so laut schnurrte, dass er die gluckernde Kaffeemaschine übertönte.
» Ich weiß genau, was du von mir willst, du Gauner. «
Sie öffnete die Futterdose und leerte die Hälfte in eine Schüssel. Sogleich stürzte er sich darauf.
Während Elena schwarzen Kaffee trank, an einem Toastbrot kaute und Zeitung las, trottete Toni in die Küche. Eigentlich hieß sie Antonia, aber Elena nannte sie seit ihrer Schulzeit Toni. Ihr gehörte die Wohnung. Tonis Mutter arbeitete als Psychoth er apeutin. Als Elena nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs im Alter von neun Jahren mit ihren Eltern von Warschau nach Wien gezogen und auf die Volksschule gegangen war, hatten Toni und deren Mutter ihr Deutsch beigebracht. Die Freundschaft hatte bis heute gehalten.
Toni, die ein Diamantpiercing in der Nase hatte, war barfuß und trug nur einen Bademantel, der ihr bis zu den Oberschenkeln reichte. Wie immer standen ihr die karottenroten Haare zu Berge, und ihre Augen waren um diese Zeit noch so schmal wie die Münzschlitze von Zigarettenautomaten. Sie moderierte schon seit Jahren mit ihrer tiefen Stimme Radiosendungen und arbeitete als Film- und Buchkritikerin für Zeitschriften.
Toni setzte sich an den Tisch und schnupperte an der dampfenden schwarzen Brühe in der Tasse. » Oh, tut das gut, danke. « Sie blickte auf. » Wie machst du das bloß, dass du schon in der Früh so gut aussiehst? «
» Ach Quatsch, ich schlafe regelmäßiger als du. « Elena strich sich durch das strubbelige brünette Haar. » Ich muss dir danken. «
» Nicht schon wieder! «
» Ich meine es ernst « , sagte Elena. » Ich muss mir schleunigst ein Hotelzimmer nehmen. «
» Das haben wir doch schon hundertmal durchgekaut. Wozu unnötig Geld ausgeben? «
» Ich könnte für ein paar Wochen zu meiner Schwester ziehen. «
» Zu deiner
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