Herzgrab: Thriller (German Edition)
leuchtete zwischen den Pfosten einer Kletterburg hindurch. Soeben verließ ein Lieferwagen den Parkplatz eines Supermarktes. Gerink sah sich um. Keine Spur von Scatozza. Er würde ihm noch fünf Minuten geben und ihn dann auf dem Handy anrufen. Entweder lag der sizilianische Casanova noch wie üblich in einem fremden Bett, oder der Schönling stand bereits seit einer Stunde in seinem Badezimmer, um sich das Haar zu gelen.
Fünf Minuten!
Gerink machte das Radio an und hörte Nachrichten, Wetterprognose und Verkehrsfunk. Noch war kein Stau auf der Autobahn. Er schaltete das Navi ein und studierte die Route nach Italien. Auf der Südautobahn runter bis nach Villach, bei Arnoldstein über die Grenze, weiter nach Udine, Venedig und Bologna bis Florenz. Wenn sie richtig aufs Gas traten, würden sie in sieben Stunden dort sein. Mit der aktivierten Klimaanlage soff der Pajero acht Liter auf hundert Kilometer. Der Tank war voll und würde bis Florenz reichen. Gerink schaltete das Navi aus, das er erst wieder in Florenz brauchen würde.
Da klopfte es ans Seitenfenster. Scatozzas Visage glotzte ins Wageninnere. » Mach die Heckklappe auf! «
Der Sizilianer stand auf dem Bürgersteig mit einer Umhängetasche, einem Seesack und zwei hüfthohen Trolleys.
» Bist du verrückt? « , entfuhr es Gerink. » Wir fahren doch nicht für drei Wochen in den Urlaub! «
» Dachtest du, ich nehme nur eine Packung Tempo und ein Beautycase mit? Mach hinten auf! «
Scatozza verstaute seinen Kram im Heckraum und verteilte den Rest auf dem Rücksitz. » Das Zeug von der WEGA liegt immer noch hinten « , stellte er fest.
» Ist ja auch deine Aufgabe gewesen, es zurückzugeben. «
» Hatte keine Zeit. « Scatozza sprang mit einer Laptoptasche auf den Beifahrersitz. Er war noch nicht einmal angeschnallt, als Gerink bereits aus der Parklücke scherte und aufs Gas trat.
» Willst du mich umbringen? « , maulte Scatozza.
Kein schlechter Gedanke.
» Ich weiß, was du denkst! « , zischte Scatozza. » Es steht dir förmlich ins Gesicht geschrieben. «
» Du hast ja keine Ahnung … « Gerink warf ihm einen kurzen Blick zu.
» Vielleicht sollten wir die Sache mit Elena klären « , begann Scatozza. » Immerhin sind wir die nächsten drei … «
» Ich will nicht darüber reden. «
» Aber ich glaube, es wäre … «
» Du hast Eisert gehört! « , unterbrach Gerink ihn. » Machen wir unseren Job. «
» Du musst es wissen, amico « , seufzte Scatozza. » Aber wegen mir brauchst du nicht so zu rasen. «
» Ich habe nicht vor, während der größten Hitze noch auf der Autobahn herumzugondeln. «
» Soll mir recht sein. « Scatozza verstellte den Sitz und machte es sich bequem. Die Spiegelsonnenbrille steckte in seinen pechschwarzen Haaren, und die schmal rasierten Koteletten reichten bis zu seinem Kinnansatz. Sein natürlich dunkler Teint kam seinem Aussehen noch zugute. Ständig wirkte er wie aus dem Ei gepellt. Gerink fragte sich, wie er das bei ihrem stressigen Job schaffte.
Scatozza trug ein weit aufgeknöpftes Hugo-Boss-Hemd, eine schwarze Hose, glänzende Lackschuhe und einen breiten Gürtel mit einer wuchtigen glänzenden Schnalle. Was für ein Snob! Im Gegensatz dazu hatte Gerink Sandalen, eine knielange Khakihose und ein kurzärmeliges Hemd an, das in seinem Wäschetrockner enger geworden war. Im Moment wirkte er darin noch muskulöser als sonst.
» Ist das aus den Achtzigern? « , fragte Scatozza mit einem schiefen Blick auf das Hemd.
» Nein, aus den Siebzigern. «
Scatozza grinste. Plötzlich wurde er ernst. » He, seit wann hast du ein Tattoo? Das ist ja das Harley-Davidson-Emblem. «
Gerink blickte auf die Straße. » Seit fünfzehn Jahren. «
Scatozza streckte die Hand aus.
» Finger weg! «
Unter dem Hemdsärmel war gerade noch der Cycles -Schriftzug zu erkennen. Die Tätowierung stammte aus jener Zeit, als er mit seinen Kumpels Ausflüge auf dem Motorrad unternommen und Elena noch nicht gekannt hatte.
» Sag bloß, du warst in einem Club? «
» Ist schon lange her. «
» Was man alles erfährt … « Scatozza durchwühlte das Handschuhfach, ließ es jedoch nach wenigen Sekunden wieder zuschnappen. » Hast du ein Lunchpaket für uns besorgt? «
» Natürlich. Coke und Sandwiches liegen hinten in der Kühltasche. «
Scatozza drehte sich tatsächlich um. Was für ein Idiot! Natürlich hatte Gerink keine Kühltasche mitgenommen.
Scatozza grunzte etwas Unverständliches. Die Muskeln seines Unterarms hüpften auf
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