Herzgrab: Thriller (German Edition)
nach draußen. Elenas Blick fiel auf das Namensschild an Lydias Bluse. Im gleichen Moment verschlug es ihr die Sprache.
Mag. Lydia Hödel
Direktorin Rinaldi’s Wien
Lydia Hödel musterte sie erwartungsvoll. » Sie sind von der Presse? « , flüsterte sie. » Normalerweise laufe ich niemandem während einer Auktion hinterher, aber ich war neugierig, weshalb Sie mich so dringend sprechen wollten. «
» Ich … « Elenas Gedanken überschlugen sich. Hödel hatte keine Ahnung, wer Elena tatsächlich war. Was für ein Zufall, dass sie ausgerechnet diese Frau hier traf! Da kamen ihr Gerhard Hödels Worte in den Sinn. Meine Tochter ist Geschäftsführerin und handelt mit Gemälden und Antiquitäten. Natürlich! Elena hatte sie eine Woche lang nur zu Hause und auf ihren Wegen zum Büro einer Galerie in der Innenstadt beschattet – aber nie zu Rinaldi’s.
» Meine Zeit ist knapp! « , drängte Hödel.
» Entschuldigen Sie bitte. « Wie zur Erklärung schnippte Elena auf ihren Presseausweis am Blazer. » Ich bin an den Hintergründen zu Del Vecchios Gemälde interessiert … Wie es hierherkam. Und an einer Liste der registrierten Bieter. «
Hödel hob eine Augenbraue. » Was Sie nicht sagen. Und wozu? «
» Ich schreibe an einer dreiteiligen Reportage über Salvatore Del Vecchio. « Etwas Besseres fiel ihr im Moment nicht ein.
Hödel lächelte. » Wären Sie schon etwas länger bei der Presse, wüssten Sie, dass diese Informationen dem Datenschutz unterliegen. Ich kann Ihnen dazu leider nichts sagen. Wenden Sie sich an den Direktor der Del-Vecchio-Galerie in Florenz. Guten Tag. « Sie nickte Elena kurz zu und wollte bereits wieder gehen.
Da flüsterte Elena: » Unterliegt das Gespräch, das Sie gestern im Hotel Caruso geführt haben, ebenfalls dem Datenschutz? « Im selben Moment hasste sie sich dafür, dass sie zu solchen Mitteln greifen musste.
Hödels Blick wurde kalt. » Was wissen Sie darüber? «
» Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Wenden Sie sich an den Hoteldirektor. « Dafür hasste sie sich noch mehr, aber die Botschaft war angekommen.
Hödel verzog den Mund zu einem dünnen Strich und nickte. » Ich glaube, wir haben etwas Wichtiges zu besprechen. Folgen Sie mir. «
Lydia Hödels Büro lag im selben Stockwerk, allerdings in einem abgelegenen Trakt auf der anderen Seite des Gebäudes. Auf dem Schreibtisch surrte ein Laptop, daneben lagen Dutzende Papiere, die wie mit der Hand korrigierte Vertragsentwürfe aussahen. Darunter bemerkte Elena Visitenkarten und Einladungen eines Pokerklubs. Als Direktorin der Wiener Niederlassung von Rinaldi’s hatte die junge Frau eine steile Karriere gemacht. Kein Wunder, dachte Elena, wenn sie bei allen Angelegenheiten so skrupellos vorging wie bei der geplanten Ermordung ihres Vaters.
Die beiden Frauen nahmen neben einem Philodendron in einer Sitzecke Platz, die vermutlich für Verhandlungen diente. Hödel schob die Unterlagen auf dem Tisch zu einem Stapel zusammen, sodass nur noch ein Aschenbecher zwischen ihnen stand.
Oben auf dem Stapel lag die Broschüre einer Pferderennbahn südlich von Wien, in deren Räumen man zusätzlich an Hunderten Spielautomaten zocken konnte. Unwillkürlich dachte Elena an Gerhard Hödels Worte: Sucht und Therapie. Er hatte behauptet, seine Tochter sei krank. Litt sie unter Spielsucht? Womöglich hatte sie horrende Schulden und sah im Erbe ihres Vaters die einzige Lösung für ihr Problem.
Hödel zündete sich eine Zigarette an. Ihre Hand zitterte. » Trinken Sie Kaffee? «
Elena wehrte ab. » Danke, ich möchte den Ausgang der Versteigerung nicht verpassen. «
» Keine Sorge. « Hödel blies eine Rauchwolke zur Decke. » Die Auktion dauert noch länger. Unsere Makler sind entsprechend instruiert. «
» Aber der Marktwert des Gemäldes ist bald erreicht « , widersprach Elena.
Hödel lächelte milde. » Sie haben ja keine Ahnung, wie das hier läuft. Wir geben den Käufern entsprechend Zeit. Glauben Sie, wir reißen uns hier den Hintern auf, um dann nicht das Maximum aus der Versteigerung herauszuholen? In den letzten drei Wochen haben wir auf Hochtouren gearbeitet, um den letzten Auktionstermin vor der Sommerpause halten zu können. Nachdem die Experten mit ihren Schätzungen, Gutachten und Zertifikaten fertig waren, starteten die Besichtigungstermine. «
» Ziemlich knapp. «
» Knapp? « , echote Hödel. » Wir haben Blut geschwitzt! Kaum lagen die ersten Gutachten vor, machten wir die Versteigerung des Del Vecchios mit
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